Immobilienverwalter als Manager der Energiewende bei Gebäuden müssen die Fehler der Politik ausbaden. Jetzt müssen Praktiker ins Boot geholt werden. Ein Kommentar von Thomas Meier, Präsident des BVI Bundesfachverband der Immobilienverwalter.
Eine „grüne Revolution“ in Deutschland – das ist das Versprechen des Gebäudeenergiegesetzes (GEG), das jüngst novelliert wurde. Für die gesamte Gesellschaft bedeutet es eine gewaltige Kraftanstrengung, bis 2045 den Gebäudebestand auf Klimaneutralität zu trimmen. Für Verwalter als die Manager der Energiewende beginnt diese Mammutaufgabe aber nicht in der Zukunft, sondern schon jetzt – und stellt sie vor enorme Herausforderungen. Einige sind so groß, dass die Umsetzung des GEG zu scheitern droht und damit die Klimaziele gefährdet, zu denen sich die Bundesregierung international verpflichtet hat.
Nun rächt sich, dass die Politik ein Gesetz beschließt und offenbar erst danach dessen Auswirkungen in der Praxis analysiert. Umso wichtiger ist es, den Finger in die Wunde zu legen. Das gilt nicht nur für das Förderchaos und vermeintliche Sonderfälle wie den der Gasetagenheizung, sondern auch für die fehlenden Fachkräfte – eine Herausforderung, die nun immer drängender wird.
Dauerbaustelle Fachkräftemangel
So führt der allseits zu spürende Fachkräftemangel zu Verzögerungen bei den dringend nötigen Sanierungsmaßnahmen, denn auch bei noch so gutem Willen werden Verwalter ohne das Wissen der Experten scheitern. Vor allem bedarf es verstärkt sogenannter Energie-Effizienz-Experten, das sind Berater, die den Gebäudebestand energetisch prüfen. Und dann braucht es Fachleute, die Gebäude dämmen, Solaranlagen anbringen, Wärmepumpen installieren oder Ladestationen für E-Fahrzeuge errichten. Laut Zentralverband des Deutschen Handwerks sind derzeit etwa 250.000 Stellen unbesetzt, und bis 2030 könnten weitere 100.000 Fachkräfte benötigt werden. Sehenden Auges steuern wir auf eine Ausnahmesituation zu.
Die Gründe sind vielschichtig. Einerseits fehlt es an qualifizierten Bewerbern, andererseits sind mangelnde Planungssicherheit und überbordende Bürokratie hinderlich. Und ehrlich gesprochen: Oft ist es auch einfach nicht attraktiv genug, einen Handwerksberuf zu ergreifen. An dieser Stelle muss die Politik ansetzen und zügig bürokratische Abläufe straffen, die Aus- und Weiterbildung fördern und finanzielle Anreize für Handwerksbetriebe schaffen. Nur so lässt sich der Fachkräftemangel erfolgreich beheben – und die Energiewende ins Werk setzen.
Förderung setzt nicht genug auf CO2-Neutralität
Für Verwalter stellt sich aber nicht nur die Frage, qualifizierte Handwerker zu finden, sondern auch die nach adäquaten Fördermöglichkeiten, mit denen sich die Energiewende schnell umsetzen lässt. Laut einer Umfrage des Verbands Bayerischer Wohnungsunternehmen fühlt sich die Wohnungswirtschaft darin nicht genügend unterstützt. Besonders Förderprogramme für den Klimaschutz im Gebäudebereich erhalten schlechte Noten. So sind fast vier Fünftel der Befragten der Ansicht, dass die Förderung nicht zielgerichtet genug sei. Zu sehr stünden Dämmung und Gebäudetechnik im Fokus; das eigentliche Ziel der CO2-Neutralität gerate aus den Augen.
Vor allem aber steht nicht genug Geld für essenzielle Maßnahmen wie den Heizungstausch und die damit verbundene Wahl erneuerbarer Energieträger zur Verfügung – schließlich kann den Eigentümer einer Wohnung mit durchschnittlicher Größe der Heizungstausch bis zu 60.000 Euro kosten. Die bisher in Aussicht gestellte finanzielle Unterstützung des Bundes reicht also bei weitem nicht, zumal unklar ist, ob beim nächsten Haushaltsloch das „Haus Habeck“ nicht doch wieder Fördermittel reduziert.
Auf welchen Energieträger gesetzt werden soll, ist ebenso unklar. Aber genau das müssen Verwalter wissen, um eine nachhaltige Wärmeversorgung eines Wohngebäudes aufbauen zu können. Kein Wunder, dass viele Bürger skeptisch sind, ob Strom- und Wärmenetze künftig über eine ausreichende Kapazität verfügen werden. Die kommunale Wärmeplanung wird dabei gern als Hoffnungsträger verkauft; doch nur wenige Wohnungsunternehmen nehmen ihre Städte und Gemeinden als Partner bei der Planung wahr – und umgekehrt.
Zündstoff in der WEG: Gasetagenheizung
Dass der Teufel beim GEG im Detail steckt, zeigt sich vor allem bei der Modernisierung von Gasetagenheizungen, die in Mehrfamilienhäusern deutlich öfter verbaut sind, als mancher in der Politik annimmt: Die Idee, Gasheizungen einfach auf Wasserstoff umzurüsten, mag innovativ wirken, doch offenbart sich in der Praxis eine unüberschaubare Menge technischer und finanzieller Herausforderungen. Wird es überhaupt ein Wasserstoffnetz in jedem Ort geben, und wenn ja, wann? Solche wichtigen Umsetzungsdetails, die die Politik schuldig bleibt, lassen zweifeln, ob es die angepriesenen „unbegrenzten“ Weiterbetriebsmöglichkeiten tatsächlich geben wird. Diese Unsicherheit bestärkt wiederum die ohnehin bestehenden Bedenken, die mit einer solchen Umstellung einhergehen.
Besonders provokant ist die Verpflichtung, eine zentrale Heizungsanlage einzubauen, sofern die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) nicht fristgerecht eine Entscheidung für eine dezentrale Lösung trifft. Es scheint, als würde der Gesetzgeber eher auf Zwang als auf pragmatische Lösungen setzen. Die Paragrafen 71l und 71n des GEG mögen zwar das Vorgehen für Gasetagenheizungen definieren, doch in der Praxis führen sie zu einer Flut von Verpflichtungen. Die Frist bis zum 31. Dezember 2024 setzt WEG-Verwalter unter erheblichen Druck, Daten zu sammeln und außerordentliche Eigentümerversammlungen zu organisieren. Das wirft auch die Frage auf, ob solche engen Fristen mit Blick auf die Komplexität der Aufgaben realisierbar und notwendig sind.
Auch die Regelung zum Einsatz erneuerbarer Energien birgt Zündstoff. Zwar erscheint die Vorschrift, innerhalb von fünf Jahren nach dem Austausch der ersten Heizung 65 Prozent erneuerbare Energien zu nutzen, wie ein Schritt in die richtige Richtung. Jedoch kann das in der Praxis zu überstürzten Maßnahmen führen, die nur kurzfristig wirken. Im Ergebnis wird schlimmstenfalls aufs falsche Pferd gesetzt und ein langfristiger ökologischer Effekt bleibt aus. Geht diese Regelung also tatsächlich die Probleme effektiv an oder dient sie lediglich als symbolische Geste, ohne die gewünschten Ergebnisse zu erzielen?
Angesichts all dieser Herausforderungen ist es unerlässlich, dass die Politik mit den Fachverbänden in einen aktiven Dialog zum Gebäudeenergiegesetz tritt und gemeinsam nach maßgeschneiderten Lösungen sucht, die nicht nur die akuten personellen, technischen und finanziellen Hürden überwinden, sondern auch langfristig tragen. Denn nur so lässt sich sicherstellen, dass es in Deutschland tatsächlich zu der erhofften „grünen Revolution“ kommt.
