Bald schon sollen offene Immobilienfonds auch in erneuerbare Energien investieren dürfen. Grundlage dafür ist ein neues Gesetz, das bis zum Herbst in Kraft treten soll. Profitieren würden davon alle: Mieter, Vermieter, Käufer, Anleger – und natürlich der Klimaschutz. Ein Kommentar von Mario Schüttauf.
Deutschland könnte auf dem Weg zur Klimaneutralität demnächst einen guten Schritt vorankommen – mit Hilfe der offenen Immobilienfonds. Denn künftig soll deren Spielraum beim Betrieb von Photovoltaik-Anlagen erweitert werden, indem sie auch in so genannte Freiflächenanlagen auf unbebauten Grundstücken investieren dürfen. So sieht es das Zukunftsfinanzierungsgesetz vor, das bis zum Herbst in Kraft treten soll. Damit wäre es den Fonds künftig möglich, bis zu 15 Prozent ihres Immobilienvermögens in Anlagen zur Gewinnung erneuerbarer Energien zu investieren, diese selbst zu betreiben und den so gewonnenen Strom ins öffentliche Netz einzuspeisen.
Die neue Gesetzesinitiative ist eine große Chance für den Klimaschutz – was allein angesichts eines Anlagevolumens der deutschen offenen Immobilienpublikumsfonds von derzeit etwa 125 Milliarden Euro deutlich wird. Allein dadurch ist ein theoretisches Investitionspotenzial zum Beispiel in moderne Photovoltaik- und Windenergieanlagen von mehr als 18 Milliarden Euro möglich.
Pluspunkt für Vermieter
Bei der Commerz Real haben wir ausgerechnet, dass sich beispielsweise bei entsprechendem Mittelzufluss allein in Photovoltaikanlagen mittelfristig eine zusätzliche Stromleistung von etwa 25 Gigawatt peak (GWp) erreichen ließe. Das sind rund 40 Prozent der bis Ende vergangenen Jahres insgesamt installierten bundesweiten Leistung aus solchen Anlagen. Die Bundesregierung will bis 2030 das Ziel von 215 Gwp erreichen – die Immobilienfonds könnten dabei eine entscheidende Rolle spielen. Mit unserem offenen Immobilienfonds Hausinvest können wir uns sehr gut vorstellen, auch in Erneuerbare einzusteigen und einen weiteren Beitrag zur Energiewende zu leisten.
Damit könnten wir als Fondsanbieter etwa unseren Mietern eigene Strompreise bieten. Angesichts der aktuellen Entwicklungen an den Energiemärkten wäre ein enormer Pluspunkt für Vermieter, wenn sie zuverlässig grünen Strom zu günstigen Konditionen liefern können und sie nicht von Dritten abhängig und damit bei der Stromversorgung autark wären.
Positive Effekte auf Rendite-Risiko-Verhältnis
Ein weiteres wichtiges Argument: Die Erzeugung von eigenem Ökostrom, die über den Strom von Anlagen auf den eigenen Gebäudedächern hinausgeht, könnte das gesamte Fondsportfolio den Nachhaltigkeitszielen der Anleger deutlich näherbringen. Denn damit kann der CO2-Fußabdruck des Gesamtportfolios nochmals deutlich reduziert oder gegebenenfalls sogar vollständig kompensiert werden.
Nicht zuletzt käme diese Entwicklung den Anlegern auch finanziell zugute: Wenn wir das Fondsportfolio verbreitern und diversifizieren können, gehen damit positive Effekte auf das Rendite-Risiko-Verhältnis einher.
Mehr Gestaltungsmöglichkeiten
Damit all das nicht nur Zukunftsmusik bleibt, sondern tatkräftig umgesetzt werden kann, bedarf es breiter parlamentarischer Zustimmung für das neue Gesetz sowie für die damit verbundene Änderung des Kapitalanlagesetzbuchs. Denn bislang dürfen offene Immobilienfonds nur Immobilien im engeren Sinne erwerben und bewirtschaften. Um das zu ändern, haben die Ministerien der Justiz sowie der Finanzen Vorschläge entwickelt, die den Fonds mehr Gestaltungsmöglichkeiten einräumen und mehr Rechtssicherheit beim Betrieb von Photovoltaikanlagen schafft.
Erwerb und Betrieb von Erneuerbaren-Energien-Anlagen sollen freilich nicht zum Hauptzweck eines Immobilienfonds werden. Nach wie vor muss ein Immobilienfonds ein solcher bleiben und überwiegend in Liegenschaften investieren. Aber eine Beimischung mit abseits der Immobilien errichteten Anlagen zur Gewinnung grüner Energie – neben Photovoltaik kann das auch Windenergie sein – scheint auch den Gesetzgeber inzwischen zu überzeugen.
Ein weiter Weg
Allerdings ist es nicht allein mit der Beseitigung aufsichtsrechtlicher Hemmnisse getan. Wir sehen noch erheblichen Nachbesserungsbedarf im Investmentsteuerrecht, das beim Betrieb von Photovoltaikanlagen bei Gebäuden zu enormen steuerlichen Risiken vor allem für institutionelle und semiprofessionelle Investoren führen kann. Der Gesetzgeber muss dafür sorgen, dass die mit den erneuerbaren Energien erzielten Gewinne die Besteuerung im Rahmen des Investmentsteuerrechts für diese Anlegergruppen nicht in Gefahr bringen. Sonst werden die notwendigen Investitionen von Seiten der Fonds ausbleiben. Und das wäre fatal für den Klimaschutz.
Noch ist es ein weiter Weg, bis das neue Gesetz und noch ausstehende steuerliche Anpassungen durch Bundestag und Bundesrat gegangen sind. Aber wir sind zuversichtlich, dass es eine positive Entscheidung zugunsten der offenen Immobilienfonds und damit auch zugunsten von Klimaschutz und Energiewende geben wird.
Ein Beitrag von Mario Schüttauf, Global Head of Product Management Retail, Commerz Real.