Es gibt zu wenig Wohnungen? Von wegen – viele Immobilien warten derzeit ungenutzt auf ihre Bestimmung. Dabei wäre eine Reaktivierung durchaus möglich. Von Stephan Gerlach
Auf den ersten Blick klingt es paradox: Momentan stehen etwa zehntausend Wohnungen und Häuser in Deutschland leer. Wie kann das sein, wo doch immer wieder von Wohnraumknappheit die Rede ist? Erst bei genauerer Betrachtung zeigt sich, wie komplex die dahinterliegenden Ursachen sind. Vor allem politische Rahmenbedingungen lassen Investoren dabei zurückschrecken.
Was von der Politik gut gemeint ist und zum Schutz der Mieter beitragen soll, bewirkt dadurch gerade das Gegenteil: Unzählige leerstehende Wohnungen, die die aktuelle Wohnungskrise noch weiter verschärfen. Im folgenden Beitrag wird daher erläutert, warum so viele Immobilien ungenutzt bleiben und wie sich dieser Missstand beheben lässt.
Gründe für den Immobilienleerstand
Es gibt verschiedene Ursachen, die dazu führen, dass Immobilien nicht genutzt werden. Bei manchen Objekten wirken sich unklare Eigentümerstrukturen, wie sie nach einer Erbschaft entstehen können, hemmend auf den Immobilienverkauf aus. Infolgedessen bleibt das Objekt leer, bis sich die Erbengemeinschaft einigen konnte. Manchmal ist auch die Lage einer Immobilie unattraktiv. Gerade in ländlichen Regionen lassen sich deutlich geringere Mieten erzielen als in Stadtgebieten, deshalb sehen sich Investoren lieber nach lukrativeren Geschäften um.
Hinzu kommen abschreckende rechtliche und bürokratische Vorgaben, die die Vermietung einer Immobilie verhindern. Bei vielen Objekten müssen Investoren zunächst hohe Summen bereitstellen, um den Sanierungsstau zu beseitigen. Gleichzeitig sorgen politische Entscheidungen wie die Mietpreisbremse allerdings dafür, dass sich solche Investitionen lange nicht amortisieren. Auch Auflagen zum Denkmalschutz oder umständliche Genehmigungsverfahren verhindern oftmals, dass sich Investoren einer Immobilie annehmen.
Ein weiteres Problem, das zu zunehmendem Wohnungsleerstand führt, sind politische Entscheidungen, die ausschließlich das Mietrecht in den Fokus nehmen. Das Ziel dahinter ist nicht verwerflich: Durch die Mietpreisbremse und verpflichtende Modernisierungsgrenzen soll verhindert werden, dass die Mieten unkontrolliert und ungebremst ansteigen. Doch damit gehen auch negative Effekte einher.
Die Folgen: Investoren ziehen sich zurück
Wenn klar ist, dass die hohen Kosten einer Sanierung nur begrenzt auf die Miete umgelegt werden können, wird es immer schwieriger, für solche Objekte Käufer zu finden. Stattdessen bleiben diese Wohnanlagen leer – und das, obwohl gerade jede Wohnung dringend benötigt wird. Hinzu kommt, dass weitere politische Entscheidungen derzeit nicht absehbar ist. Für Investoren ist die Lage unsicher, weshalb sich viele zurückziehen und zunächst abwarten, wie sich die Situation entwickelt.
Handlungsempfehlungen für die Wohnungskrise
Aus der aktuellen Situation ergeben sich mehrere Handlungsmöglichkeiten. Zunächst sollte ein Leerstandkataster eingeführt werden, in den alle betroffenen Immobilien in ganz Deutschland eingetragen werden. So können Förderungen gezielter dort eingesetzt werden, wo dringender Handlungsbedarf besteht. Gerade für kleine Eigentümer gilt es zudem, den Zugang zu Fördermitteln zu vereinfachen, beispielsweise durch einen digitalen Zugriff.
Damit Investoren wieder bereit sind, Immobilien zu kaufen, sollten Steuererleichterungen und Sanierungsprämien eingeführt werden. So werden diejenigen Eigentümer, die den leerstehenden Wohnraum wieder nutzbar machen, belohnt. Gleichzeitig muss ein rechtlicher Rahmen geschaffen werden, auf den sich Investoren verlassen können und der finanzielle Investitionen fördert, nicht hemmt.
Da sich der Wohnungsleerstand ungleichmäßig verteilt, sollten Kommunen zudem Möglichkeiten bekommen, selbstständig zu handeln, etwa in Form von einem Vorkaufsrecht oder durch Konzepte zur Zwischennutzung. In manchen Regionen ist eine Reaktivierung der leerstehenden Immobilien nur noch mit Verlusten möglich; in solchen Fällen braucht es Strategien zur Umnutzung oder auch zum Rückbau, um die Flächen anderweitig zu nutzen.