Immobilienprojektentwickler sollten künftig den Fokus vermehrt auf Entwicklungen im Bereich der Bestandswohnungen setzen. Über die Optimierung im Bestand berichtet Daniel Argyrakis, Geschäftsführer und CFO der ZAR Real Estate Holding, im Gespräch mit immobilienmanager.
Herr Argyrakis, nach den Klimazielen der Europäischen Union soll Europa bis 2050 endgültig klimaneutral werden. Inwieweit muss die Immobilienbranche dafür umdenken?
Daniel Argyrakis: Während in der Branche energieeffiziente Projekte oft als Synonym für umweltfreundliche Neubauten gelten, sind es vor allem die Bestandsimmobilien, die für das Erreichen der Klimaziele in den Vordergrund rücken müssen. Circa 90 Prozent des CO2-Ausstoßes in Zusammenhang mit Immobilien gehen vom Bestandsbereich aus. Es ist daher logisch, wenn nicht sogar unausweichlich, dass die klimapositiven Ziele der Europäischen Union mit der energetischen Sanierung im Bestand einhergehen müssen, da sonst keine nennenswerte Reduktion der CO2-Emissionen erfolgen wird.
Welchen Einfluss hat die ökologische Konversion auf die Bewohner von Bestandsgebäuden?
Daniel Argyrakis: So energieeffizient der moderne Neubau auch ist – für die breite Bevölkerung ist er oft kaum finanzierbar. Wird der CO2-Fußabdruck von Bestandsimmobilien reduziert, wirkt sich das auch positiv auf die zu zahlenden Nebenkosten der Bewohner aus. Gerade in Zeiten explodierender Gas- und Strompreise ist die energetische Sanierung im Bestand daher ein längst überfälliger Schritt.
Wie lässt sich sicherstellen, dass die Miete für sie im bezahlbaren Bereich bleibt?
Daniel Argyrakis: Zu diesem Punkt gibt es klare gesetzliche Regelungen. Von den anfallenden Kosten einer energetischen Sanierung dürfen Vermieter maximal acht Prozent auf die Jahresmiete der Mieter umlegen. Die Miete darf jedoch bei einer Modernisierung innerhalb von sechs Jahren um höchstens drei Euro pro Quadratmeter steigen. Zudem ist der Vermieter verpflichtet, bereits im Voraus genaue Angaben bezüglich der zu erwartenden Kosten zu machen.
Denken Sie, dass nachhaltiges Wirtschaften, insbesondere im Bereich Wohnbestand, für Projektentwickler ein erhöhtes finanzielles Risiko darstellt?
Daniel Argyrakis: In puncto Finanzierung müssen Projektentwickler gegenwärtig nachhaltiges Bauen und Wirtschaften sowieso in den Fokus rücken. Nachhaltige Projekte sind längst nicht mehr die avantgardistische Ausnahme, sondern Standard. Projekte, die den umweltfreundlichen Standards nicht entsprechen, haben kaum eine Chance auf Finanzierung seitens der klassischen Banken, werden sanktioniert, kurz: rechnen sich kaum noch.
Das vergangene Jahr hat das wirtschaftliche Umfeld stark verändert und mündet nun in einen völlig neuen Immobilienzyklus. Ankäufe von Wohnbestandsportfolios sind immer häufiger zu guten Konditionen möglich.
Gefordert ist eine Manage-to-ESG-Strategie. Vor allem Projektentwickler, die eine hohe Expertise im Neubau haben, könnten mit ihren Kompetenzen die Revitalisierung von Bestandsimmobilien vorantreiben.