Ein langer, bunter Flur mit gelben und grünen Wänden und einer Treppe am Ende.
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Nachhaltigkeit & ESG 2025-07-10T10:07:05.704Z Wie Gesundheitsimmobilien ESG-konform und wertstabil werden

Flexiblere Klimaziele und neue politische Weichenstellungen verlangen nach ESG-Strategien im Assetmanagement. Von Rick Bening

Gesundheitsimmobilien, zu denen Ärztehäuser, Pflegeheime und flexibel nutzbare stationär-ambulante Mischformen zählen, profitieren äquivalent zu allen Nutzungsarten zunehmend vom Trend zu ESG-konformen Investments.

Die EU-Taxonomie als Klassifizierungssystem für nachhaltige Wirtschaftsaktivitäten bildet den regulatorischen Rahmen für diese Investments, indem sie Kapitalflüsse in nachhaltige Bereiche lenkt. Insbesondere Senioren- und Pflegeimmobilien werden durch den Fokus auf soziale Aspekte (Social Impact Investing) zu einem „Pflichtinvestment“ für ESG-konforme Immobilienportfolios.

Herausforderungen bestehen bei energetischer Sanierung

Trotz der Chancen dieser politischen Kapitallenkung stehen Betreiber und Investoren vor erheblichen Herausforderungen, vor allem bei der angestrebten Klimaneutralität bis 2050. Gesundheitsimmobilien weisen aufgrund ihrer 24/7-Nutzung prinzipiell einen hohen Energiebedarf auf: Der Verbrauch pro Bewohner in vollstationären Einrichtungen entspricht laut Deutscher Bundesstiftung Umwelt dem einer vier- bis sechsköpfigen Familie.

Portrai Rick Bening
Rick Bening, Geschäftsführer der ProHealth Real Estate (Quelle: ProHealth Real Estate)

Das schlägt sich auf den Referenzwert der Energieeffizienzklassen in Kilowattstunde je Quadratmeter nieder. Viele Betreiber stehen zudem wirtschaftlich unter Druck, was die Gegenfinanzierung über Pachtsteigerungen von Klimaschutzmaßnahmen erschwert. Medizinische Geräte wie radiologische Instrumente oder Kühleinrichtungen treiben den Energieverbrauch auch bei Ärztehäusern zusätzlich in die Höhe.

Diesen Herausforderungen begegnet ein nachhaltiges Assetmanagement mit einer strategischen Herangehensweise. Strategisch meint in diesem Zusammenhang den effizientesten Einsatz von Geld und Ressourcen zur Steigerung des ESG-Scorings und der CO2-Bilanz der einzelnen Objekte. Insbesondere eine Optimierung des Energieverbrauchs durch intelligente Technologien bietet sich daher an.

Hierdurch lassen sich einer Studie des Borderstep Institut von 2021 zufolge in Gebäuden mit der Effizienzklasse C oder schlechter bis zu 30 Prozent des Primärenergiebedarfs einsparen. Eine gleichzeitige Nutzung von Sammelverträgen mit ausschließlicher Ökostromnutzung senkt zusätzlich die anzurechnenden CO2-Vebräuche deutlich.

Klimaanlagen bieten enormes Sparpotenzial

Entscheidend für einen nachhaltigeren Gebäudebetrieb ohne umfangreiche Sanierungsmaßnahmen bleibt die enge Abstimmung mit Betreiber und Mietern. Die Vorteile von Maßnahmen zur CO2-Reduktion sowie deren Kosten und der Umfang notwendiger Baumaßnahmen müssen transparent kommuniziert werden. Bislang liegen die Kosten für eine umfassende energetische Sanierung von Gesundheitsimmobilien bei bis zu 2.000 Euro je Quadratmeter, wie der Finanzierungsberater Interhyp zuletzt berechnete.

Notwendige Pachtsteigerungen liegen daher im Bereich von bis zu zehn Euro pro Quadratmeter. Zudem sind Sanierungsmaßnahmen prinzipiell mit erheblichen Einschränkungen im Betrieb der Gesundheitsimmobilien verbunden. Einen angedachten oder notwendigen Betreiberwechsel gilt es somit stets in die strategische Planung einzubeziehen.

Sämtliche Maßnahmen optimieren jedoch nicht nur die Energiebilanz, sondern verbessern auch die Aufenthaltsqualität für Patienten, Personal und Bewohner. Die Vorteile moderner Dämmmaterialien bieten bei heißen Temperaturen ein angenehmeres Raumklima und reduzieren die Nutzung von Klimaanlagen deutlich. Das Umweltbundesamt gibt das Einsparpotenzial im Bereich der Klimatisierung durch diese Maßnahmen mit 50 bis 70 Prozent an.

Langfristige Strategien bilden Mehrwert für Investoren

Die demographische Entwicklung und steigende Gesundheitskosten – in Deutschland zuletzt bei 500 Milliarden Euro pro Jahr und damit zwölf Prozent des BIP – machen Gesundheitsimmobilien zu einem weiterhin krisenfesten Investment. Personalengpässe stellen jedoch ein Risiko für Betreiber und damit auch Eigentümer dar. Hohe Personalquoten führen bei Ausfällen zu unbelegten Zimmern in Pflegeheimen. Sind die Ausfälle nicht nur vorübergehend, schlägt sich eine dauerhaft geringere Auslastung zwangsläufig auch in der Pacht oder sogar in einer Betreiberinsolvenz nieder.

Dieses Risiko sollte im Rahmen eines verantwortungsvollen Asset Managements verringert werden. Wichtige Schritte sind dabei die enge Zusammenarbeit mit den Nutzern und Betreibern, um Risiken frühzeitig zu erkennen, sowie gezielte strategische Maßnahmen an den Gesundheitsimmobilien.

Die größte Pflegedatenbank pflegemarkt.com ermittelte 2023 einen Kostenvorteil von sanierten Pflegeheimen gegenüber dem Neubau. Hier lagen die Investitionskostensätze bis zu sechs Prozent unter denen eines Neubaus. Niedrigere Investitionskostensätze verringern das Betreiberrisiko und erleichtern die Refinanzierungsverhandlungen mit den Kommunen. Ebenso zeigt sich in den Ergebnissen der dritten Umfrage „Betreutes Seniorenwohnen“ durch die Unternehmensberatung Sozialgestaltung von 2024 in diesem Segment eine leicht sinkende Auslastung bei gleichzeitig steigendem Sanierungsstau.

Mittlerweile ist die letzte Sanierung bei mehr als 37 Prozent der Einrichtungen länger  als zehn Jahre her. Eine ESG-Kompatibilität kann für diese Einrichtungen ausgeschlossen werden. Bereits 2002 belegte eine Untersuchung der Universität Delft den Zusammenhang von Arbeitsräumen auf Produktivität und Fehlzeiten der Mitarbeiter. Durch eine angenehme Raumtemperatur zwischen 22 und 26 °C stieg die Produktivität der Mitarbeiter um bis zu sieben Prozent. Eine zeitgemäße Innenausstattung führte sogar zu einem Anstieg von bis zu 15 Prozent und einer Reduktion der Fehlzeiten um 2,5 Prozent.

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zuletzt editiert am 10. Juli 2025