Eine Person unterschreibt einen Vertrag auf einem Tisch.
Die rechtliche Prüfung von Indexklauseln in Gewerbemietverträgen gewinnt an Bedeutung. (Quelle: Pixabay)

Management 2025-08-08T10:17:18.947Z OLG-Urteil: Risiko bei Indexklauseln für Vermieter

Eine aktuelle Entscheidung des OLG Düsseldorf stellt Indexklauseln in Gewerbemietverträgen auf den Prüfstand, mit erheblichen Risiken für Vermieter. Von Michael Auer 

Indexklauseln in Gewerbemietverträgen könnten Vermietern künftig auf die Füße fallen – das zeigt ein Urteil des OLG Düsseldorf, das die rechtlichen Risiken neu justiert. Mit Urteil vom 5. Juni 2025 hat das Oberlandesgericht Düsseldorf (Az.: I-10 U 146/24) eine bedeutsame Entscheidung zur Wirksamkeit von Wertsicherungsklauseln in Gewerbemietverträgen getroffen.

Ein lächelnder Mann in einem dunklen Anzug mit Krawatte vor einem weißen Hintergrund.
Michael Auer ist Salaried Partner bei der Wirtschaftskanzlei Heuking. (Quelle: Heuking)

Die Richter stellten klar: Wertsicherungsklauseln unterliegen nicht nur dem Preisklauselgesetz (PrKG), sondern auch der AGB-Kontrolle nach § 307 BGB – mit der Folge, dass unwirksame Klauseln von Anfang an (ex tunc) als nichtig gelten. Das Urteil ist für die Immobilienpraxis von hoher praktischer Relevanz.

Ausgangslage

In Gewerbemietverträgen sind Wertsicherungsklauseln, wonach die Miete an den Verbraucherpreisindex (VPI) angepasst wird, gängige Praxis. Doch die Komplexität dieser Klauseln bringt Risiken mit sich, insbesondere, wenn sie den Mieter unangemessen benachteiligen oder ihre Transparenz nicht gewahrt ist.

Der Fall vor Gericht

Im Fall vor dem OLG Düsseldorf hatte die Vermieterin eine Indexklausel in den langfristigen Gewerbemietvertrag aufgenommen. Diese bezog sich auf einen Verbraucherpreisindex, der über zwei Jahre vor dem Mietbeginn lag. Der Vertrag wurde am 28. August 2019 geschlossen, Mietbeginn war der 1. September 2019. Die Klausel besagte, dass die Miete zunächst bis zum 31. August 2021 festbleibt und danach „automatisch im gleichen Verhältnis“ entsprechend der Entwicklung des Verbraucherpreisindex (VPI) angepasst wird.

Ausgangspunkt für die Indexierung war jedoch der VPI-Stand vom Mai 2017. Die Mieterin focht die auf dieser Klausel beruhenden Mieterhöhungen an, zahlte die Erhöhungsbeträge unter Vorbehalt und verlangte Rückzahlung. Das erstinstanzliche Landgericht gab der Klage statt, das OLG Düsseldorf bestätigte die Entscheidung. Es wurde Revision zugelassen, da eine höchstrichterliche Klärung bislang fehlt.

Unwirksamkeit ab Vertragsschluss

Besonders relevant ist die Frage, ab wann eine unwirksame Wertsicherungsklausel rechtlich als ungültig gilt: Während das OLG Schleswig (Hinweisbeschluss vom 5. Februar 2024 – 12 U 69/23) eine Unwirksamkeit bei Verstößen gegen das Transparenzgebot entsprechend § 8 Preisklauselgesetz (PrKG) erst mit Wirkung ab rechtskräftiger Entscheidung (ex nunc) annimmt, stellt das OLG Düsseldorf klar, dass die Wertsicherungsklausel bei Verstößen gegen AGB-Recht von Anfang an unwirksam ist (§§ 306, 307 BGB).

Das Gericht betont, dass das PrKG und das AGB-Recht nebeneinander bestehen und unterschiedliche Schutzziele verfolgen: Das PrKG verfolgt volkswirtschaftliche Ziele und schützt vor Preismanipulationen und Inflationsspiralen, die AGB-Kontrolle hingegen vor unangemessener Benachteiligung durch einseitige Vertragsgestaltung.

Auffällig ist der methodische Ansatz des Senats: Er unterscheidet klar zwischen einem Verstoß gegen das Preisklauselgesetz und einer unwirksamen Klausel nach § 307 BGB. Letzteres prüft das Gericht gesondert und kommt im konkreten Fall zu dem Schluss, dass die Wertsicherungsklausel schon ab Vertragsschluss unwirksam ist.

Unangemessene Benachteiligung und Intransparenz

Im vorliegenden Fall kritisierte das Gericht , dass die Indexierung an einen vor dem Mietbeginn liegenden Referenzzeitpunkt anknüpfte. Die Mieterin musste somit bereits ab Vertragsbeginn eine inflationsbereinigte Miete zahlen, für einen Zeitraum, in dem sie „keinerlei Gegenleistung erhalten hatte“. Dies verletze das vertragliche Äquivalenzprinzip und führe zu einer unangemessenen Benachteiligung.

Zudem bewertete das Gericht die Klausel auch als intransparent, da der Anpassungsmechanismus widersprüchlich ausgestaltet war. Unklar blieb, ob eine Anpassung automatisch erfolgen sollte oder erst nach schriftlicher Aufforderung durch den Vermieter. Schließlich ließ die Klausel auch unklar, ob sich Folgeanpassungen am Indexstand von Mai 2017 oder an den jeweils letzten Anpassungszeitpunkten orientieren sollten. Diese Unklarheiten führten zur Intransparenz und Unwirksamkeit der Klausel insgesamt.

Die Einfügung einer salvatorischen Klausel schützt dabei nicht vor den Folgen einer unwirksamen Wertsicherungsklausel. Eine geltungserhaltende Reduktion findet bei der AGB-Kontrolle in der Regel nicht statt.

Fazit und Praxishinweise

Das Urteil des OLG Düsseldorf mahnt zur Sorgfalt beim Einsatz von Indexklauseln in Gewerbemietverträgen. Die wirtschaftlichen Folgen einer rückwirkenden Unwirksamkeit können erheblich sein, etwa in Form von Rückforderungsansprüchen über Jahre hinweg. Die Revision ist zugelassen. Bis zur Klärung durch den Bundesgerichtshof gilt: Vorsicht ist besser als Nachsicht.

Wertsicherungsklauseln sollten daher sorgfältig formuliert und bestehende Verträge überprüft werden. Besonders kritisch ist die Verwendung eines Referenzindexzeitpunkts, der vor dem vertraglichen Mietbeginn liegt. Zudem sollten die Wertsicherungsklausel transparent ausgestaltet sein, etwa durch eindeutige Festlegung des Anpassungsmechanismus, der Berechnungsformel und einer klaren und widerspruchsfreien Regelung zu den formalen Bedingungen der Anpassung.

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zuletzt editiert am 08. August 2025