Blick auf ein Logistikareal mit einer darüber laufenden Brücke
Ehemalige Brownfields – wie hier der Holzpark Hanau von Inbright – helfen bei der Überwindung des Mangels an Logistikflächen. Der Logistik- und Gewerbepark mit 28.100 Quadratmetern Mietfläche ist komplett vermietet. (Quelle: Inbright Development, Berlin)

Standorte & Märkte 2024-03-25T07:00:00Z Mit Methode gegen den Flächenmangel

Logistikregion Frankfurt/Rhein-Main: Der Markt ist heiß gelaufen, vor allem mittelgroße Flächen sind gefragt. Von Robert Schoenmaker

Die Logistikregion Frankfurt am Main ist nach wie vor eines der wichtigsten Drehkreuze für den globalen Warenverkehr. Geprägt durch den größten Frachtflughafen und durch eine der leistungsstärksten Straßen-, Schienen- und Luftfahrt-Infrastruktur in ganz Kontinentaleuropa sowie durch die starke Präsenz führender Technologie-, Chemie- und Pharmakonzerne wird sich an dieser Situation so schnell nichts ändern. Hinzu kommt, dass die entsprechenden Fachkräfte vor Ort das Know-how mitbringen, um den Strukturwandel der Logistik aktiv mitzugestalten. Aber es gibt eine allzu präsente Wachstumsbremse: den inzwischen eklatanten Mangel an Bauland.

Der Vermietungsmarkt ist angespannt

Im Jahr 2022 verzeichnete Deutschland mit einem Neubauvolumen von insgesamt rund 5,1 Millionen Quadratmetern Logistikfläche unter dem Strich ein positives Resultat. In der Rhein-Main-Region sah die Realität jedoch anders aus: Mit nur knapp 95.000 Quadratmetern realisierter Neubaufläche im Jahr 2022 liegt die Rhein-Main-Region im deutschen Vergleich nur noch auf Platz 17 der 23 wichtigsten deutschen Logistikregionen. Im herausfordernden Jahr 2023 lag das Ergebnis mit rund 105.000 Quadratmetern ebenfalls nur knapp darüber.

Eine direkte Folge davon ist, dass der Vermietungsmarkt inzwischen in hohem Maß heiß gelaufen ist. Es stehen kaum noch große, zusammenhängende Flächen zur Verfügung. Im Segment der Big-Box-Logistik ist die Verfügbarkeit sogar gleich null. Dementsprechend werden vor allem mittelgroße Logistikflächen zwischen 5.000 und 15.000 Quadratmeter vermietet. Diese Flächen sind allerdings in besonderem Maße gefragt, da sie dem Bedarf nach mehr Flexibilität und Effizienz in Lagerhaltung und Distribution entsprechen – es kommt also nicht allein auf die schiere Größe der Flächen an.

Entsprechend der angespannten Ausgangslage sind auch die Mietpreisniveaus in den vergangenen Monaten nochmals stark angestiegen. Mit einer Preisspanne von 6,00 bis 8,50 Euro je Quadratmeter für moderne und ökologisch nachhaltige Flächen gehört die Logistikregion Rhein-Main zu den teuersten in ganz Deutschland. Tatsächlich werden von einigen Vermietern noch höhere Preise aufgerufen – was jedoch nur in Einzelfällen von Mietinteressenten auch akzeptiert wird.

Die Projektpipeline leert sich

Der dringend benötigte Neubau wird durch mehrere Faktoren erschwert: Neben der aktuell schwierigen Situation angesichts von Zinswende und allgemeiner Wirtschaftslage haben viele Gemeinden kaum noch Grundstücke zur Verfügung. Andere Kommunen stehen Logistikansiedlungen nach wie vor skeptisch gegenüber, was nicht zuletzt am vermehrten Auftreten von kritischen Bürgerinitiativen seit Mitte der 2010er-Jahre liegt. Somit leert sich aber auch die Projektpipeline.

Vor diesem Hintergrund stellt sich sowohl für Unternehmen mit Logistikschwerpunkt als auch für Immobilienentwickler die Frage, wie dennoch künftige Projekte erfolgreich realisiert werden können. Hier zeigen sich vor allem zwei strategische Ansätze: erstens die Abwanderung in die Peripherie und zweitens die Fokussierung auf Brownfield-Redevelopments.

In der Peripherie auf die Drittverwendbarkeit achten

Neben den klassischen Logistikstandorten in direkter Nähe zum Frankfurter Stadtkern rücken seit einiger Zeit auch weiter entfernte Gemeinden in den Fokus von Logistikunternehmen und Immobilienentwicklern. Dazu gehört das südlich gelegene Darmstadt genauso wie Aschaffenburg im Südosten und sogar der rund 80 Kilometer vom Frankfurter Stadtkern entfernte Standort Limburg. Einer der Hintergründe dieser Entwicklung ist, dass neben dem bisher dominanten (und sehr reichweite-empfindlichen) E-Commerce immer mehr Nachfrage aus dem produzierenden Gewerbe verzeichnet wird. Für diese Unternehmen zählen vor allem die Mikrolage, die Verfügbarkeit von Fachkräften und natürlich die etwas niedrigeren Mietniveaus.

Für Immobilienentwickler besteht darüber hinaus die Möglichkeit, neue Gemeinden anzusprechen, die bislang nicht über Logistikansiedlungen verfügen und sich von der Ausweisung eines neuen Gewerbegebiets wirtschaftliches Wachstum versprechen. Hier existiert oft sogar ein positives politisches Klima. Allerdings sollten Immobilienentwickler und -investoren stets auch auf die Drittverwendungsfähigkeit der Flächen achten, bevor sie ein solches peripher gelegenes Projekt in Angriff nehmen. So ist beispielsweise eine gute Verkehrsanbindung für die weitere Nutzung des Objektes nach Auslaufen des ersten Mietzyklus elementar.

Brownfield-Revitalisierungen stützen den Markt

Brownfield-Revitalisierungen gehören spätestens seit den 2010er-Jahren fest zum Repertoire der in Deutschland aktiven Immobilienentwickler. Lange Zeit gab es jedoch Areale, die aufgrund der Lage oder Komplexität ausgeschlossen wurden. Dies ändert sich nun allmählich – und das mit Erfolg. Dies zeigt unter anderem ein Projekt des Entwicklers Inbright in Hanau. Dort entsteht ein nachhaltiges Logistikensemble, das teilweise von einer Autobahnbrücke überbaut ist. Dennoch soll der Be- und Entladeprozess dadurch nicht erschwert werden. Solche Revitalisierungen sind an einigen Standorten die einzige Möglichkeit, großflächige Immobilien auf den Markt zu bringen.

Allerdings besteht gerade im Rhein-Main-Gebiet eine gewisse Konkurrenzsituation – was nicht zuletzt das bekannte Neckermann-Areal vor einigen Jahren zeigte. Das Grundstück, das als Logistikstandort eigentlich ideal wäre, erlebt nun seine Renaissance als Standort eines Rechenzentrums – und somit als Drehkreuz für den Daten-, nicht für den Warenverkehr. In Kelsterbach wird gar der ehemals von Beos als Logistikareal revitalisierte Europort zum Rechenzentrum umgenutzt. Der simple Grund dafür: Die Betreiber solcher Data Center sind in der Lage, sehr viel höhere Grundstückspreise zu zahlen als die Entwickler von Logistikimmobilien.

Nach wie vor ist auch der Strukturwandel in der Rhein-Main-Region in vollem Gange. Eines der potenziell spannendsten Logistikgrundstücke befindet sich beispielsweise in Rüsselsheim und wurde bereits in Teilen an VGP verkauft. Die Pharmaproduktion inklusive Logistik fokussiert sich hingegen immer stärker auf den östlichen Teil der Logistikregion, sodass andernorts zentral gelegene Areale frei werden könnten. Für Nutzer, Entwickler und Investoren ist es also umso wichtiger, die Chancen im Strukturwandel zu erkennen und effizient zu nutzen.

Robert Schoenmaker ist Consultant Industrial and Logistics Letting Rhein-Main bei Logivest in Frankfurt.

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zuletzt editiert am 22. März 2024