Welche Aspekte von „New Work“ sich bewährt haben, darüber spricht immobilienmanager mit Sven Wingerter von Eurocres Consulting.
Der Begriff „New Work“ hat sich seit dem Ausbruch der Pandemie weit verbreitet. Welche Aspekte davon haben sich in der Praxis bewährt? Und welche weniger?
Sven Wingerter: Zuerst sollten wir über den Begriff „New Work“ als solchen sprechen. Dieser wird gern mit Homeoffice und Open Space gleichgesetzt, umfasst allerdings ein deutlich breiteres Spektrum an Ansätzen. „New Work“ ist Kreativität, Teamwork, Wellbeing, Identifizierung mit dem Unternehmen, ein internes und externes Netzwerk schaffen und vieles mehr. „New Work“ ist eine Kultur, die aktiv gelebt werden will.
Seit der Pandemie neu für viele Unternehmen ist die Normalisierung des hybriden Arbeitens – also die Kombination aus Remote- und Präsenzarbeit. Sie haben erkannt, dass eine flexible Arbeitsorganisation nicht nur die Produktivität steigern, sondern auch die Zufriedenheit der Mitarbeitenden fördern kann.
Bewährt haben sich hier insbesondere kollaborative Arbeitsumgebungen, „Lagerfeuer“-Flächen, mit dem Fokus auf Face-to-Face-Teamwork. Diese erleichtern die effiziente Zusammenarbeit und fördern so Innovationsprozesse.
Weniger erfolgreich erweisen sich hingegen rein theoretische „New Work“-Ansätze, die nicht mit den spezifischen Anforderungen und Bedürfnissen der Mitarbeitenden in Einklang stehen. Beispielsweise wurde die völlige Abschaffung von Räumen für Einzelarbeit in manchen Unternehmen kritisch bewertet, da so der individuelle Rückzugsbedarf vernachlässigt wurde. Die Lehre daraus ist, dass „New Work“ nicht nur ein „Schöner Wohnen“, sondern ein flexibles und auf die Bedürfnisse der Organisation abgestimmtes Konzept sein muss.
Steigt der Flächenbedarf durch die Umsetzung von „New Work“?
Sven Wingerter: Nein. Die Kunst hinter „gutem New Work“ ist, die vorhandene Fläche sinnvoll zu konzipieren und so resilient für zukünftige Veränderungen zu machen. Eine (Um-) Gestaltung einer Bürofläche sollte diese multifunktional, skalierbar in Mitarbeitendenzahl und Größe, selbsterklärend und nachhaltig machen. In den meisten Fällen können wir dabei sogar bis zu 40 Prozent der Fläche einsparen und diese umnutzen oder abmieten.
Wo genau ruhen die wichtigsten Potenziale zur Einsparung von Flächen?
Sven Wingerter: Wissen Sie, wie viel Fläche Sie tatsächlich benötigen? Für die meisten Unternehmen liegt in der Beantwortung dieser Frage bereits das größte Potenzial. Um diese Quadratmeterzahl herauszufinden, haben wir ein digitales Tool entwickelt. Ein Blick in viele Unternehmen zeigt, dass viele Arbeitsplätze in traditionellen Büros über weite Teile des Tages ungenutzt bleiben – insbesondere durch die zunehmende Verbreitung hybrider Arbeitsmodelle. Die Optimierung der Fläche sowie die Einführung von Shared-Desk-Konzepten sind beispielsweise effektive Ansätze, um die flexible Nutzung zu fördern und gleichzeitig den Flächenbedarf zu reduzieren.
Ein weiterer wichtiger Hebel ist die Nutzung von smarten Workplace-Analyse-Tools sowie eine regelmäßige Review mit den Nutzenden. Dies ermöglicht eine präzise Überwachung der tatsächlichen Flächennutzung und schafft die Grundlage für gezielte Anpassungen.
Ein zunehmend bewährter Ansatz ist das Tangram-Prinzip. Dieses Konzept kombiniert multifunktionale Arbeitszonen – wie Fokusbereiche, Kreativräume und Treffpunkte – in einer flexibel gestalteten Fläche. Das Ergebnis: Unternehmen reduzieren ihre benötigte Bürofläche, senken Kosten und fördern gleichzeitig eine dynamische, produktive Arbeitsumgebung.
Was zeichnet ein erfolgreich umgesetztes Arbeitsplatzkonzept aus?
Sven Wingerter: Der Erfolg eines Bürokonzepts lässt sich durch eine Kombination aus qualitativen und quantitativen Kriterien bewerten:
Flächeneffizienz & Produktivität: Kennzahlen wie der Flächenbedarf pro Mitarbeitendem oder die Auslastung bestimmter Bereiche liefern wichtige quantitative Daten. Die Anzahl erfolgreicher Projekte, Innovationsraten oder Time-to-Market-Kennzahlen lassen sich direkt messen. Die Benchmarks ergeben sich dabei aus einer Kombination interner Daten und externer Vergleichswerte, wie den umfassenden Benchmark-Statistiken, die wir über 25 Jahre hinweg gesammelt haben.
Wellbeing & Employer Branding: Eine sinnvoll auf die Mitarbeitenden zugeschnittene Arbeitsumgebung sorgt für mehr Zufriedenheit. In Feedbackrunden hören wir häufig, dass die Menschen wieder gerne ins Büro gehen und sich das Teamgefühl sowie die Motivation deutlich gesteigert hat. Ein modernes Bürokonzept kann außerdem die Attraktivität eines Unternehmens auf dem Arbeitsmarkt steigern. Dies lässt sich anhand steigender Mitarbeitendenzahlen sowie der Dauer der Beschäftigungsverhältnisse ablesen.
Umweltziele: Um meinen Kollegen Jenö Kleemann zu zitieren: „Jeder Quadratmeter Bürofläche, der nicht genutzt, geheizt, beleuchtet, gebaut und wieder abgerissen wird, spart sofort CO₂ und bringt den größten Nutzen für unser globales Klimaproblem.“ Der Beitrag des Bürokonzepts zur Nachhaltigkeit – etwa durch Energieeinsparungen oder -reduktion – wird zunehmend wichtiger und messbarer.
