Prea untersucht mit der Studie "Deutschland im Stresstest" die Resilienz der Wohnungsmärkte vor dem Hintergrund einer sich abzeichnenden Rezession.
Wie hoch ist mein Mietausfallrisiko? Und mit welchen Mieteinkünften kann ich künftig rechnen? Diese Fragen gewinnen angesichts einer längerfristig hohen Inflation und einer sich abzeichnenden Rezession in Deutschland bei Vermietern, Investoren und Projektentwicklern zunehmend an Relevanz. Für sie hat das Beratungsunternehmen Prea die makroökonomischen Einflüsse auf Mieteinnahmen für alle Landkreise in Deutschland mehrdimensional untersucht. Die Studie "Deutschland im Stresstest“ nimmt dafür vor allem die mietrelevanten Auswirkungen der gestiegenen Energiekosten für Haushalte und Industrie in den Blick.

Besonders im Fokus ist die Häufung einkommensschwacher Haushalte in den östlichen Bundesländern. „Die gestiegenen Verbraucherpreise treffen die Menschen in Deutschland unterschiedlich schwer“, sagt Juri Ostaschov, Chief Data Scientist und Partner von Prea. „Haushalte am unteren Ende der Einkommensskala haben im Schnitt ein höheres Mietausfallrisiko, weil diese einen höheren Anteil ihres Einkommens für essenzielle Güter ausgeben, die nur zu einem gewissen Anteil substituiert werden können.“
Sehr hohes Mietausfallrisiko in Berlin
Hinzu komme, dass die Energie maßgeblicher Bestandteil der Nebenkosten sei. Je höher der Anteil geringverdienender Haushalte pro Landkreis, umso geringer ist der Puffer, um die hohen Nebenkosten zu tragen, schlussfolgern die Autoren der Prea-Studie. Als signifikant werden darüber hinaus der Mietwohnungsanteil sowie der Wärmebedarf des Gebäudesektors pro Haushalt bestimmt.
Von sehr hohen Mietausfallrisiken sind insbesondere Großstädte im Osten Deutschlands betroffen. Das liegt unter anderem an dem größeren Mietmarkt und an dem Anteil niedrig verdienender Haushalte. Von den Top-7-Städten ist Berlin die einzige Stadt mit einem sehr hohen Mietausfallrisiko. Düsseldorf, Köln, München und Stuttgart weisen ein moderates und Hamburg und Frankfurt am Main ein hohes Mietausfallrisiko auf.
Energieintensive Industriestandorte haben hohes Wachstumsrisiko
Beim Wärmebedarf sind überdurchschnittliche Werte im östlichen Bayern sowie in der Vulkaneifel (> 20.500 kWh) feststellbar, während Großstädte am Rhein wie Freiburg im Breisgau (8.800 kWh), Düsseldorf (9.200 kWh) und Mannheim (9.400 kWh) je Haushalt einen deutlich geringeren Wärmeverbrauch aufweisen. Ursächlich hierfür sind die dort höheren Durchschnittstemperaturen sowie der jüngere Gebäudebestand und die dichtere urbane Bebauung.
Besonders betroffen seien Chemie- und Metallindustrie, die Kokerei und Mineralölverarbeitung sowie die Herstellung von Glas, Keramik, Papier und Pappe. „Für diese Industriezweige gibt es nur wenige Optionen, um weiterhin Energie einzusparen: Entweder müssen sie einzelne Werke oder Produktionslinien schließen oder einen Teil ihrer Produktion ins Ausland verlagern", erklärt Ostaschov und ergänzt: „Darüber hinaus wird sich die Situation mittelfristig auch nicht verbessern. Der Energiepreis wird aufgrund der steigenden Nachfrage nach LNG-Importen auch weiterhin über dem Vorkriegsniveau liegen.“
Korrigierend wirke dagegen die Produktivität, die zu höheren Margen und damit zu einem höheren Puffer führt, um höhere Kosten zu kompensieren. Entsprechend sei in Landkreisen mit produktiveren Unternehmen mit geringeren strukturellen Veränderungen zu rechnen als in Landkreisen, in denen die Produktivität eher niedrig ist, argumentiert die Studie. Im Ergebnis listet Prea für die kreisfreien Automobilstädte Wolfsburg und Ingolstadt ein vergleichsweise geringes Rezessionsrisiko auf. Besonders stark von der Energiekrise ist das Bundesland Rheinland-Pfalz betroffen. In über der Hälfte der Landkreise bestehe ein hohes oder sehr hohes Risiko, dass es aufgrund der Energiekrise zu einem strukturellen Anstieg der Arbeitslosenquote und damit zu einem hohen Leerstandsrisiko komme.
"Wohnimmobilien nicht mehr attraktiv"
Inflation und Zinswachstum setzen auch die Wohnungswirtschaft insgesamt unter Stress. Insbesondere Bestandshaltung versprach in den vergangenen Jahren sichere Renditen und ein attraktives Wertsteigerungspotential. Mit der Zinswende schrumpfte jedoch der Renditeabstand zu Anleihen. Gegenüber amerikanischen Staatsanleihen ist er sogar negativ. „Bei weniger Risiko und mehr Marktliquidität erzielen amerikanische Staatsanleihen aktuell höhere Renditen als Wohnimmobilien. Damit sind Wohnimmobilien für Investoren aktuell nicht mehr attraktiv. Damit diese wieder interessant werden, müssen die Renditen für Wohnimmobilien um etwa 250 Basispunkte steigen“, so Ostaschov. Ausgehend vom aktuellen Mietniveau käme das einer Preiskorrektur von etwa 40 Prozent gleich.
Von dieser Gemengelage sind aktuell Projektentwickler und Bauträger besonders schwer betroffen. Aufgrund der zeitlichen Verzögerung zwischen Bau und Vermarktung kalkulierten diese mit höheren Exit-Preisen, die nun, aufgrund der gestiegenen Renditen, nicht mehr erzielt werden können. Das lässt ihre Marge schmelzen. Hinzu kommt, dass die Zinswende die Kreditzinsen rapide erhöht hat und damit den Traum vom Eigenheim für viele Haushalte in weite Ferne gerückt hat. Demgegenüber profitieren Bestandshalter.
„Trotz zuletzt erheblicher Abwertungen ihrer Immobilienbestände dürfte der Mietmarkt in vielen deutschen Städten aufgrund des sinkenden Neubauangebots und der gescheiterten Eigenheimträume angespannt bleiben. Dabei dürften, aufgrund der hohen Energiekosten, Objekte mit guter Dämmung besonders stark nachgefragt werden“, erläutert Juri Ostaschov. Doch nicht nur aufgrund der potenziell höheren Mieten, die in Objekten mit guter Dämmung erzielt werden können, dürften sich Investitionen in energetische Sanierungen lohnen, sondern ebenfalls aufgrund der Neuregelung der CO2-Abgabe. Diese ist seit Januar 2023 in Kraft und regelt die Aufteilung der CO2-Kosten zwischen Mieter und Vermieter entsprechend ihrer jeweiligen Verantwortung. Objekte mit einer niedrigen Energieeffizienz könnten damit zu einem Kostenrisiko werden.