Die Optionen zur Überwindung, zur Bewältigung oder zur Beendigung der Krise eines Bauträgers sind vielgestaltig, wie Rechtsanwalt Peter Depré in seinem Expertenbeitrag aufzeigt.
Spätestens mit der Energiekrise geriet das Geschäftsmodell der Bauträger ins Wanken. Auch Lieferkettenprobleme führten dazu, dass Baupreise entgegen den Planungsannahmen stiegen und Bauzeiten nicht mehr eingehalten werden konnten, was Vertragsstrafen nach sich zog. Mit dem rasanten Zinsanstieg in 2023 änderte sich die Situation in der Immobilienwirtschaft grundlegend. Die Folge war ein Preisabfall bei Immobilien auf Verkäuferseite und Kaufzurückhaltung auf der Erwerberseite. Allerdings gibt es Möglichkeiten für insolvenzbedrohte Bauträger, die Krise zu überwinden oder zu gestalten.

Das Grundmodell einer Bauträgergesellschaft sieht vor, dass die Verpflichtung des Bauträgers besteht, dem Erwerber das Eigentum an dem von ihm errichteten Kaufobjekt zu verschaffen. Ist der Verkauf an Endverbraucher gerichtet, welche in der Regel nur einmal im Leben ein Eigenheim erwerben, müssen andere Finanzierungsüberlegungen beim Bauträger angestellt werden, als wenn beispielsweise das Gesamtobjekt in das Eigentum eines Fonds wechselt oder an sonstige institutionelle Immobilieninvestoren geht.
In all diesen Fällen spielt die Finanzierung der Bauträgergesellschaft von der Projektidee bis zur abschließenden Veräußerung eine große Rolle. Die drastische Zinserhöhung in kurzer Zeit verursachte Beratungsbedarf, auch deshalb, weil die Kreditbedingungen sich veränderten. Dadurch ist auch die Anschlussfinanzierung aufwändiger geworden, zum Beispiel wegen gestiegener Baupreise oder mangelnder Absatzgeschwindigkeit. So muss teilweise der projektierte Ertrag wegen Absatzschwierigkeiten nach unten korrigiert werden. Zur Stabilisierung der Liquidität wurde in Einzelfällen erheblich unter dem projektierten Marktpreis veräußert. Insoweit hat sich zumindest teilweise der Markt von einem Verkäufermarkt in einen Käufermarkt gewandelt.
Diese wirtschaftlichen Überlegungen sind überlagert durch rechtliche Anforderungen, die sich an die Bauträgergesellschaften richten und durch die jeweiligen Geschäftsleitungen zu beachten sind. Ist die Gesellschaft beispielsweise zahlungsunfähig oder überschuldet, müssen die Geschäftsführer prüfen, ob sie zur Insolvenzantragsstellung verpflichtet sind.
Optionen bei fehlender Liquidität
Beauftragt beispielsweise eine Bauträger GmbH im Rahmen ihres Geschäftsmodells bei der Grundstücksbeschaffung und der Bauwerkserrichtung Dienstleister (z.B. Makler, Architekten, Bodensachverständigen, etc.) und Handwerker, so ist sie deren Ansprüchen ausgesetzt, ebenso wie den Ansprüchen von Kreditgebern und Mitarbeitern. Können diese Ansprüche bei Fälligkeit nicht bedient werden, und können oder wollen die Gesellschafter der Projektgesellschaft keine Mittel mehr zuführen, ist die Insolvenzantragspflicht zu prüfen. Denn die Insolvenzordnung verbietet dem Geschäftsführer, bei Insolvenzdrohung Zahlungen vorzunehmen, die nicht mit der Sorgfalt eines ordentlichen und gewissenhaften Geschäftsführers vereinbar sind. Welche Optionen hat also eine Bauträger GmbH, wenn die Liquidität wegzubrechen droht?
- Freie oder außergerichtliche Sanierung: Je nach Größe und Gestaltung des Unternehmens kann über eine freie Sanierung nachgedacht werden, das heißt es könnte mit Gläubigern ein Schuldenschnitt oder ein Forderungsverzicht mit Besserungsschein vereinbart werden. Es könnte auch ein Stillhalteabkommen vereinbart werden, das Auswirkungen auf die Fälligkeit von Forderungen beinhaltet, bis hin zur Umwandlung von Forderungen in Beteiligungskapital oder in ein Darlehen. Die freie Sanierung kann nur Erfolg haben, wenn alle Beteiligten ihre Interessen gewahrt sehen.
- Sanierung nach StaRUG: Dieses Gesetz eröffnet die Möglichkeit, ein gerichtliches Restrukturierungsverfahren durchzuführen, sofern lediglich eine drohende Zahlungsunfähigkeit vorliegt. Mittels eines Restrukturierungsplans können die Restrukturierungsfolgen geregelt werden, gegebenenfalls durch Einbeziehung der neu eingerichteten Restrukturierungsgerichte. Das Verfahren wird nicht öffentlich bekannt gemacht und ist insbesondere bei Finanzierungsproblemen anzudenken.
- Insolvenzverfahren: Ist Zahlungsunfähigkeit bereits eingetreten oder liegt eine Überschuldung vor, bietet auch das Insolvenzverfahren Optionen, das Überleben der Gesellschaft mittels eines Insolvenzplans zu gestalten. Sind Grundstücke lediglich erworben oder beplant, so bietet sich zum Beispiel ein Einfrieren des Projektes an. Sind Projekte bereits fertiggestellt und verwertbar, können diese zum aktuellen Marktwert veräußert oder, je nach Zuschnitt der Bauträgergesellschaft, auch in den Bestand übernommen werden und Einnahmen über ein gegebenenfalls tragfähiges Vermietungskonzept generiert werden.
Ist ein Insolvenzplanverfahren ausgeschlossen oder gescheitert, so verbleibt im Insolvenzverfahren nur noch die Zerschlagung, das heißt die Verwertung des Vermögens der Projektgesellschaft durch Überführung in flüssige Mittel und zur Verteilung einer Quote. Das Verfahren dient, soweit der Insolvenzverwalter einen Übererlös aus der Verwertung des Bauträgerobjekts erwarten könnte, auch den ungesicherten Gläubigern.
Ist ein solcher Übererlös nicht zu erwarten, so gibt der Insolvenzverwalter das Grundstück zur Vermeidung von Massekosten (Grundsteuer, Versicherung, Objektsicherung und Wintersicherung etc.) aus der Insolvenzmasse frei. Als weitere Option bestünde noch die Möglichkeit, mit einem dazu bereiten, im Interesse der Masse tätigen Insolvenzverwalters eine sogenannte „kalte Zwangsverwaltung" zu vereinbaren, wobei dieser tätig werden müsste wie ein gerichtlich bestellter Zwangsverwalter.
In bestimmten Fällen kann es von Vorteil sein, die Verwertungs- und Verwaltungsbefugnisse in einer Hand zu haben, was jedoch ein gutes Zusammenwirken zwischen dem Insolvenzverwalter und den im Grundbuch abgesicherten Gläubigern erfordert. Sowohl die Kreditgeber als auch die Bauträgergesellschaft und der Erwerber haben regelmäßig grundbuchrechtlich abgesicherte Absonderungsrechte. Das heißt, sie erhalten das Recht, die Immobilie unabhängig von einem Insolvenzverfahren zu verwerten und sich aus dem Erlös zu befriedigen.
Die Zwangsversteigerung ist für den dinglich abgesicherten Gläubiger der Weg, sein Sicherungsrecht zu verwirklichen, wenn sich keine anderen Optionen ergeben oder für diesen wirtschaftlich nicht interessant sind. Um eine Verschlechterung des zwangsverwalteten Objekts zu vermeiden, kann der Zwangsverwalter in Abstimmung mit den Gläubigern Sicherungs-, Brandschutz- und Winterschutzmaßnahmen ergreifen, für Versicherungsschutz sorgen, Maßnahmen zur Verhinderung von Hausbesetzungen ergreifen und weiteres organisieren bis hin zur gegebenenfalls Fertigstellung des Bauträgerobjektes.
Die Optionen zur Überwindung, zur Bewältigung oder zur Beendigung der Krise eines Bauträgers sind vielgestaltig. Im Einzelfall ist zu prüfen, wie die beste Lösung gemeinsam mit den Beteiligten im Rahmen der Krisenbewältigung gefunden werden kann, wobei es vielfach nur um eine effektive Schadensbegrenzung gehen kann.
Peter Depré ist Fachanwalt für Insolvenz- und Sanierungsrecht, Fachanwalt für Bank- und Kapitalmarktrecht und Wirtschaftsmediator (cvm) sowie Zertifizierter Restrukturierungs- und Sanierungsexperte (RWS). Er ist Mitglied des Geschäftsführenden Ausschusses der ARGE Insolvenzrecht & Sanierung im Deutschen Anwaltverein und Sprecher der Arbeitsgruppe Zwangsverwaltung.