Das Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen zeigt: Investitionen bleiben verhalten, Genehmigungen im Wohnungsbau brechen um 45 Prozent ein.
Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) hat das Frühjahrsgutachten der Immobilienweisen an Bundesbauministerin Klara Geywitz übergeben. Die Analyse zeigt ein differenziertes Bild des deutschen Immobilienmarkts: Während sich Investitionsbedingungen leicht verbessern, bleibt die Verunsicherung in der Branche hoch. Besonders im Wohnungsbau droht eine massive Angebotslücke.
Wohnungsbau: Genehmigungen auf Rekordtief, hoher Bedarf in A-Städten
Für 2024 prognostiziert das Gutachten nur noch 210.000 neu genehmigte Wohnungen – ein Rückgang von 45 Prozent gegenüber dem Vorjahr. In den A-Städten Berlin, Hamburg, München, Frankfurt, Düsseldorf, Köln und Stuttgart nimmt die Kluft zwischen Bedarf und tatsächlicher Bautätigkeit weiter zu.
„Beim Wohnungsbau braucht es in diesem Frühjahr einen Befreiungsschlag: weg mit dem Wust an starren Regulierungen!“, fordert ZIA-Präsidentin Iris Schöberl. Der Verband schlägt vor, über die KfW eigenkapitalersetzende Mittel und Bürgschaften bereitzustellen, um Neubauprojekte wieder anzukurbeln.
Investitionen: Stabilisierung mit Unsicherheiten
Nach den Turbulenzen der letzten Jahre zeigen sich erste Stabilisierungstendenzen. „Das Jahr 2024 hat gezeigt, dass sich wieder ein stabileres Preisgefüge auf dem Markt etabliert hat, was Investoren Vertrauen in langfristige Investitionen gibt“, so Prof. Dr. Lars Feld.
Dennoch belasten hohe Energiepreise, regulatorische Vorgaben und hohe Steuerlasten die Wettbewerbsfähigkeit der Branche. „Die Regulierungsintensität schnürt den Unternehmen die Luft ab“, so Feld.
Politische Hebel für eine Marktbelebung
Der ZIA fordert eine Deregulierungsoffensive, um Wohnungsbau und Immobilieninvestitionen zu erleichtern. Dazu gehören:
- Reduzierung bürokratischer Auflagen: Standardisierte, vereinfachte Bauverfahren und der Gebäudetyp E könnten Genehmigungen beschleunigen.
- Flächenmobilisierung: Kommunen sollen aktiver Bauland ausweisen und Gestehungskosten senken.
- Steuerliche Erleichterungen: Eine temporäre Senkung oder Streichung der Grunderwerbsteuer könnte Investitionen ankurbeln.
- Anreize für Sanierungen: Die EU-Taxonomie sollte sich stärker auf Immobilien mit schlechter Energieeffizienz konzentrieren („Worst-first“-Ansatz).
Nachfrage nach Logistik steigt, Büro bleibt stabil
Laut Sven Carstensen von Bulwiengesa hat sich das Investoreninteresse zunehmend auf Logistik- und Wohnimmobilien verlagert. Büroimmobilien zeigen eine moderate Nachfrage, wobei ESG-Kriterien und Standortqualität zunehmend entscheidend sind.
Handel und Innenstädte im Wandel
Der Einzelhandel bleibt durch sinkende Nachfrage nach Großflächen und wachsende Leerstände unter Druck. „Discount und Luxus wachsen, mittlere Preislagen schrumpfen“, analysiert Joachim Stumpf von der BBE Handelsberatung. Umnutzungen von Kaufhäusern für Wohnen, Büro oder Gesundheitsangebote nehmen zu.
Die Innenstadtentwicklung steht vor Herausforderungen, bietet aber auch Potenzial. „Die Patientin Innenstadt hat eine Diagnose erhalten, die vielversprechende Aussichten auf eine Genesung enthält“, so Prof. Christa Reicher von der RWTH Aachen. Erfolgsfaktoren sind eine höhere Aufenthaltsqualität, mehr Nutzungsmix und schnellere Planungsprozesse.
Gesundheits- und Sozialimmobilien: Hoher Sanierungsbedarf
Über 50 Prozent der Pflegeimmobilien sind veraltet und energetisch ineffizient, so Jan Grabow (Curacon). Er fordert Anreize für Neubau und Sanierung sowie eine Vereinfachung der Baustandards.
Ausblick: Gedämpfte Erholung mit politischer Dimension
Das Gutachten zeigt: Die Marktstabilisierung setzt sich langsam fort, bleibt aber abhängig von wirtschaftspolitischen Entscheidungen. „Eine neue Bundesregierung mit klarem wirtschaftspolitischen Kurs könnte stabilisierend wirken“, so Feld.
Ob die erhoffte Trendwende einsetzt, hängt maßgeblich von Deregulierung, steuerlichen Anreizen und verbesserten Finanzierungsbedingungen ab.
Das vollständige Frühjahrsgutachten 2025 finden Sie hier zum Download .
