Ein Bauarbeiter in Silhouette steht vor einem Kran mit einer Stadt im Hintergrund, während er auf ein Tablet schaut.
Digitale Tools halten zunehmend Einzug auf der Baustelle – sie verbessern Abläufe, Kommunikation und Transparenz. (Quelle: Pixabay)

Digitalisierung 2025-07-09T08:37:22.359Z Digital planen, schneller bauen, besser erhalten

Effizienter, nachhaltiger, transparenter: Wie digitale Technologien das Bauen revolutionieren erläutert Steffen Marrot in seinem Expertenbeitrag.

Die Digitalisierung verändert die Bau- und Immobilienbranche grundlegend. Durch den Einsatz modernster Technologien können Bauprozesse optimiert, Ressourcen effizienter genutzt und Fehler minimiert werden. Eine Schlüsselrolle spielt dabei das Building Information Modeling (BIM). Diese Methode bündelt sämtliche Gebäudedaten in einem digitalen Modell, das den gesamten Lebenszyklus einer Immobilie – von der Planung über den Bau bis hin zur Nutzung und Instandhaltung – abbildet. So entsteht ein sogenannter digitaler Zwilling, der nicht nur eine präzisere Steuerung von Projekten ermöglicht, sondern auch Kosten und Zeit spart.

Mehr Planungssicherheit und Effizienz für Investoren

Investoren profitieren von der digitalen Bauweise in vielerlei Hinsicht. Durch die exakte digitale Modellierung lassen sich Bauprojekte nicht nur schneller und auch präziser kalkulieren, sodass Kostenabweichungen und unerwartete Verzögerungen können frühzeitig erkannt und vermieden werden. Auch im späteren Betrieb bietet BIM enorme Vorteile: Gebäudedaten können für ein effizientes Facility-Management genutzt werden, indem Wartungszyklen automatisiert geplant und Instandhaltungsmaßnahmen gezielt vorbereitet werden. Zum Beispiel kann der Wartungszustand der Beleuchtung eingesehen werden. Auch kann man am Modell genau sehen, wo sich Kabel und Rohre in der Wand befinden. Langfristig trägt BIM zu einer besseren Werterhaltung der Immobilie und schließlich auch zu einer optimierten Rendite bei.

Optimierte Abläufe für Projektentwickler und Bauunternehmen

Für Projektentwickler und Bauunternehmen bringt die Digitalisierung erhebliche Vorteile. Die zentrale Verfügbarkeit aller relevanten Daten verbessert die Zusammenarbeit zwischen den Gewerken, beschleunigt Bauprozesse und reduziert den Abstimmungsaufwand. Digitale Freigabeprozesse sorgen zudem für eine reibungslosere Planung und minimieren Fehlerquellen.

Die präzise digitale Vorplanung ermöglicht eine exakte Materialbestellung, wodurch sowohl der Ausschuss deutlich reduziert als auch eine pünktliche Lieferung der Materialien zur Baustelle sichergestellt wird. Dies trägt zudem zu einer besseren Ordnung und erhöhten Sicherheit auf der Baustelle bei. Dank der frühzeitigen Kenntnis über benötigte Ressourcen, Zeitaufwand und Personalplanung herrscht von Beginn an Transparenz über die Kosten. Auf das gesamte Bauprojekt gerechnet kann die digitale Planung die Bauzeit um bis zu 30 Prozent verkürzen und die Gesamtkosten um rund 20 Prozent senken – ein entscheidender Vorteil in einem Marktumfeld, das von hohen Bau- und Finanzierungskosten geprägt ist.

Auf der Baustelle können digitale Tools eingesetzt werden, die zudem die Kommunikation erleichtern: Beispielsweise ermöglichen QR-Codes den Bauarbeitern, Fortschritte und Besonderheiten direkt im digitalen Modell zu dokumentieren. Diese Informationen stehen dann allen Beteiligten in Echtzeit zur Verfügung – auf dem Tablet, Smartphone oder Computer. Mithilfe von Virtual-Reality-Brillen kann der Baufortschritt zudem in Echtzeit überprüft und mit dem geplanten Sollzustand abgeglichen werden – ein Vorteil für Käufer, Bauherren und Bauunternehmen gleichermaßen.

Höhere Transparenz und mehr Möglichkeiten für Endkunden

Für künftige Eigentümer bietet die digitale Bauweise eine neue Dimension der Transparenz und Individualisierung. Mithilfe von digitalen Modellen erhalten sie nicht nur detaillierte Planungsunterlagen, sondern können auch langfristig Renovierungen oder Anpassungen einfacher umsetzen. Ein besonderer Fortschritt zeigt sich im Verkaufsprozess: Virtuelle Präsentationen ermöglichen es Käufern, ihre zukünftige Immobilie realitätsnah zu erleben und Ausstattungselemente – wie Bodenbeläge, Wandfarben oder Küchendesigns – interaktiv zu verändern. Diese Änderungen werden in Echtzeit im digitalen Modell sichtbar und fließen direkt in die Kostenübersicht ein.

Das Prinzip erinnert an die Online-Konfiguration eines Autos – und wird sich in den kommenden Jahren wohl auch beim Kauf von Häusern und Wohnungen als Standard etablieren. So wird der gesamte Erwerbsprozess transparenter, individueller und effizienter.

Gewinn für die gesamte Gesellschaft

Die digitale Transformation des Bauens geht über einzelne Bauprojekte hinaus und trägt zur Lösung drängender gesellschaftlicher Herausforderungen bei. Durch effizientere Prozesse kann Wohnraum schneller, kostengünstiger und nachhaltiger geschaffen werden – ein entscheidender Vorteil, insbesondere in stark nachgefragten Ballungsräumen. Denn dort ist der Wohnungsmangel am ausgeprägtesten.

Dem aktuellen Frühjahrsgutachten des Rates der Immobilienweisen zufolge liegt die Bedarfsdeckung im Durchschnitt der sieben A-Städte derzeit bei 59 Prozent – Köln kommt sogar nur auf 37 Prozent, Stuttgart auf 43 Prozent und Berlin auf 52 Prozent. Ohnehin ist das politische Ziel von 400.000 neuen Wohnungen pro Jahr weit entfernt. Das wird auch durch die jüngsten Zahlen des Statistischen Bundesamts bestätigt, wonach die Zahl der genehmigten Wohnungen im Jahr 2024 auf den niedrigsten Stand seit 2010 gesunken ist. Mit nur 215.900 genehmigten Neubauten im vergangenen Jahr – ein Rückgang von 16,8 Prozent im Vergleich zu 2023 – wird der dringende Handlungsbedarf umso deutlicher.

Doch die digitale Planung bietet nicht nur für die Bauwirtschaft, sondern auch für Städte und Kommunen immense Vorteile. Sie ermöglicht eine effizientere Integration neuer Gebäude in bestehende Infrastrukturen und fördert die nachhaltige Entwicklung ganzer Quartiere bereits in den frühen Phasen eines Projekts. Durch digitale Zwillinge können städtebauliche Konzepte realistischer simuliert und fundierte, ressourcenschonende Entscheidungen getroffen werden.

Porträt Steffen Marrot
Steffen Marrot ist Leiter Planung / Head of Design von Bonava in Deutschland. (Quelle: Bonava)

Darüber hinaus wird die Steuerung lebenszyklusübergreifender Prozesse optimiert, während die frühzeitige Planung der Wiederverwendbarkeit von Materialien die Entwicklung einer nachhaltigen Kreislaufwirtschaft im Bauwesen vorantreibt.

Fazit: Die digitale Bauweise als Zukunftsstandard

Digitales Bauen ist weit mehr als ein kurzfristiger Trend – es bildet die Basis für eine zukunftsfähige, nachhaltige und effiziente Bauweise. Während Investoren von erhöhter Planungssicherheit profitieren, erleben Projektentwickler und Bauunternehmen optimierte Prozesse. Endkunden erhalten eine neue Qualität der Transparenz und Individualisierung, während die Gesellschaft insgesamt von schnellerem und nachhaltigerem Wohnungsbau profitiert.

Die Digitalisierung verändert die Baubranche grundlegend – und sie schafft die Voraussetzungen für eine intelligente, ressourcenschonende und zukunftsweisende Bauweise.

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zuletzt editiert am 09. Juli 2025