DGNB Zertifikat Platin
Für ein DGNB Zertifikat in Platin muss das Projekt einen Gesamterfüllungsgrad von 80 Prozent erreichen. (Quelle: DGNB)

Nachhaltigkeit & ESG 14. April 2023 DGNB finalisiert Zertifizierungssystem für Neubauten

Die DGNB hat die Version 2023 ihres Zertifizierungssystems in Hinblick auf zukünftige Klimaziele nachgeschärft.

Nach einer Kommentierungsphase mit rund 650 eingereichten Anmerkungen hat die Deutsche Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen (DGNB) ihr umfassend überarbeitetes Zertifizierungssystem für Neubauten finalisiert. Neben zahlreichen Nachschärfungen bei den Anforderungen, insbesondere im Hinblick auf zukünftige Klimaziele, wurde auch die Anwendbarkeit verbessert. So gibt es unter anderem eine Reduzierung der Kriterienanzahl. Zudem ist die Anschlussfähigkeit an andere Bewertungssystematiken wie die EU-Taxonomie oder das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude (QNG) gegeben.

Als Planungs- und Optimierungstool soll das DGNB System allen am Bau Beteiligten helfen, die ganzheitliche Nachhaltigkeitsqualität ihrer Projekte nachweislich zu erhöhen. Mehr als 10000 Projekte in rund 30 Ländern wurden bereits im Rahmen der DGNB Zertifizierung ausgezeichnet.

„Wir alle wissen um die Dringlichkeit zur Umsetzung von weitreichenden Maßnahmen für mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz sowie die Schlüsselrolle, die dem Gebäudesektor dabei zukommt“, sagt Dr. Christine Lemaitre, Geschäftsführender Vorstand der DGNB. „Die Version 2023 des DGNB Systems ist eine Antwort darauf. Sie unterstützt Bauherren, Projektentwickler, Architekten und Planende gezielt dabei, die für ihr Projekt individuell beste Lösung im Sinne der Zukunftsfähigkeit zu finden. Dies gilt mit Blick auf die Reduktion von CO2-Emissionen, die Umsetzung einer kreislaufgerechten Bauweise, eine möglichst große Investitionssicherheit sowie ein angemessenes Plus an Aufenthaltsqualität für die Menschen, die die Gebäude nutzen.“

Nur noch 29 statt 37 Kriterien

Bei der Weiterentwicklung ihres Zertifizierungssystems für Neubauten in der Version 2023 hat die DGNB insbesondere jene Kriterien überarbeitet, bei denen mehr Ambition zielführend ist. Sämtliche in den Kriterien formulierten Anforderungen aus der vorherigen Version wurden in einem umfangreichen, partizipativen Verfahren unter Mitwirkung zahlreicher Expertinnen und Experten aus allen Bereichen der Bau- und Immobilienwirtschaft optimiert. Dies hat unter anderem zu einer besseren Anwendbarkeit und einer sinnvollen Verschlankung geführt. Bislang separat betrachtete Themen wurden gebündelt und einige nicht mehr erforderliche Indikatoren eliminiert, sodass der Kriterienkatalog ab sofort nur noch 29 statt vormals 37 Kriterien umfasst.

Neu ist die Gewichtung der Themenfelder innerhalb der DGNB Zertifizierung. Die ökologische, ökonomische sowie die soziokulturelle und funktionale Qualität fließen künftig mit jeweils 25 Prozent in die Gesamtbewertung ein – 2,5 Prozent mehr als bisher. Die Kriterien der technischen Qualität (bislang 15 Prozent) sowie der Prozessqualität (bislang 12,5 Prozent) machen dagegen nur noch je zehn Prozent am Zertifizierungsergebnis aus. Die Standortqualität verbleibt bei einem Anteil von fünf Prozent.

„Mit dieser Verschiebung der Gewichtungen innerhalb der Zertifizierung machen wir deutlich, dass es übergeordnet wichtige Themen der ganzheitlichen, lebenszyklusorientierten Nachhaltigkeit gibt, die nicht verhandelbar sind“, so Lemaitre. „Wer bei seinem Gebäude deutlich ambitionierter ist in Sachen Klimaschutz, Klimaanpassung, Biodiversität, Ressourcenschutz oder einer nachhaltigen Mobilitätsinfrastruktur, wird entsprechend belohnt.“

Neue Mindestanforderungen für mehr Qualitätssicherung

Deutlich häufiger als zuvor wird in der Version 2023 das Prinzip der Mindestanforderungen in den Kriterien genutzt. Einige müssen erfüllt werden, um die höchste Auszeichnungsstufe Platin erreichen zu können, andere, um überhaupt zertifizierbar zu sein. „Wir schließen damit mögliche Schlupflöcher bei Themen, die von zentraler Bedeutung im Sinne der Nachhaltigkeit sind“, erklärt Lemaitre. Eine solche verpflichtende Anforderung ist beispielsweise die Erstellung eines auf Klimaneutralität ausgerichteten Klimaschutzfahrplans, um bereits in der Planung einen nachhaltigen Gebäudebetrieb sicherzustellen.

Umfangreichere Anpassungen gab es in den Kriterien „Klimaschutz und Energie“ (vormals „Ökobilanz des Gebäudes“) und „Zirkuläres Bauen“ (bislang „Rückbau- und Recyclingfreundlichkeit“). Ebenso gab es einige Veränderungen bei der Barrierefreiheit, dem Mikrostandort, dem thermischen Komfort, der Qualität der Gebäudehülle sowie der geordneten Inbetriebnahme. Als Teil der ökonomischen Qualität gibt es die drei neuen Kriterien „Wertstabilität und Anpassungsfähigkeit“, „Klimaresilienz“ sowie „Dokumentation“. Diese sollen die Zukunftsfähigkeit der Gebäude über den gesamten Lebenszyklus gezielt verbessern.

Synergien mit der EU-Taxonomie

Die optimale Anschlussfähigkeit an andere Bewertungssysteme war eine der zentralen Zielsetzungen bei der Entwicklung der Version 2023. Dies gilt zum Beispiel für die Varianten des DGNB Systems für den Gebäuderückbau, nachhaltige Baustellen sowie für Gebäude im Betrieb. Um die systematische Verfolgung von Nachhaltigkeitsaspekten auch nach der Inbetriebnahme zu fördern, entfallen künftig für alle DGNB-zertifizierten Neubauten die Zertifizierungsgebühren bei der Erstanwendung des DGNB Systems für Gebäude im Betrieb.

Auch die Anforderungen von QNG, der EU-Taxonomie und des EU-Berichtsrahmens Level(s) wurden so berücksichtigt, dass keine unnötigen, parallelen Dokumentationsaufwände anfallen sollen. Wer künftig eine ESG-Verifikation für die EU-Taxonomie durchführen möchte, kann dies problemlos im Rahmen der Neubauzertifizierung machen.

Wer sein Projekt für eine Zertifizierung auf Grundlage der Version 2023 durchführen möchte, kann die entsprechende Anmeldung ab dem 1. Juli 2023 vornehmen. Bereits angemeldete Projekte können ein Upgrade vornehmen. Eine Projektanmeldung auf die bisherige Version 2018 ist noch bis zum 30. November 2023 möglich. Die Zertifizierungsgebühren sind für beide Varianten dieselben.  

Anwendbar ist die Version 2023 für Bildungsbauten, Büro- und Verwaltungsgebäude, Geschäftshäuser, Gesundheitsbauten, Hotels, Logistikimmobilien, Produktionsstätten, Shoppingcenter, Verbrauchermärkte, Versammlungsstätten, Wohngebäude mit mehr als sechs Wohneinheiten sowie mischgenutzte Gebäude.

Der komplette Kriterienkatalog der Version 2023 des DGNB Systems für Neubauten kann kostenlos unter www.dgnb.de/version2023 angefordert werden. Dort finden sich auch sämtliche weiterführenden Infomationen, die eine Zertifizierung unterstützen.

AUch interessant:

zuletzt editiert am 14.04.2023