Die Mipim 2023 geht zu Ende. Und, wie war es? Wir haben für Sie Stimmen von Marktexperten zur Messe in Cannes gesammelt.
„Die veränderte Zinslandschaft ist zurzeit einer der signifikanten Treiber in der Neubewertung von Immobilienprojekten“, sagt Marcus-C. Huckfeldt-Weber, Geschäftsführender Gesellschafter der Adolf Weber Grundbesitz- und Projektgesellschaft. „Auf der Mipim wurde viel über 'Abwarten' diskutiert und darüber, wie sich der Markt auf das inflationäre Geschehen und die damit einhergehenden steigenden Zinsen einstellen wird. Dennoch war unter den Branchenteilnehmern der Tenor in diesen herausfordernden Zeiten leicht optimistisch. Es besteht die Hoffnung auf eine Stabilisierung in den kommenden Monaten, die sich dann positiv auf Immobilien- und Projekttransaktionen auswirken wird.“
„Es zeigt sich deutlicher Investmentappetit für Opportunitäten, die bereits die aktuelle Zinslage berücksichtigen und Inflationsabbauten in Aussicht stellen. Insbesondere internationale und europäische Investoren suchen gezielt nach Nischenexpertise und bevorzugen Investitionen mit Betreiberbeteiligung“, meint Dr. Sven O. Eggers, Vorstandsvorsitzender der AIF Partner KVG.
"Wir sind überzeugt, dass sich Opportunitäten und Chancen ergeben"
„Die Situation ist zwar insgesamt herausfordernd, die Stimmung bleibt dabei aber doch positiv“, so Daniel Wolf, Geschäftsführer der AIF Management GmbH. „Wir gehen davon aus, dass im ersten Halbjahr nur vereinzelt Transaktionen zu sehen sein werden und das Gesamtjahr im Vergleich zu 2022 zurückfallen wird, allerdings sind wir auch davon überzeugt, dass sich Opportunitäten und Chancen ergeben werden. Als Spezialisten werden wir davon profitieren, insbesondere da das Thema Gesundheitswesen auch international im Fokus steht.“
„Das großartige Wetter und die Seeluft können die trüben Wolken am Immobilienmarkt nicht ganz verdrängen“, stellt Carsten Bremer, Office Managing Partner bei BCLP Germany, fest. „Auch nach der Mipim bleiben viele Fragen offen: Wie lange wird es dauern, bis sich Verkäufer und Käufer wieder auf neue Immobilienkaufpreise einigen können? Wann und in welcher Höhe wird sich das Zinsniveau stabilisieren? Wird es zu Notverkäufen kommen?“
"Messe bietet klaren Mehrwert"
„Braucht es die Mipim? Ja, auf jeden Fall“, sagt Götz Hufenbach, geschäftsführender Gesellschaft von Benchmark. „Die Messe bietet einen klaren Mehrwert, denn sie bietet die Möglichkeit, das Netzwerk zu bekannten Gesichtern zu festigen und neue Kontakte zu knüpfen. Die Stimmung reichte dabei von vorsichtigem Optimismus für die zweite Jahreshälfte bis hin zu offener Ratlosigkeit.“
Christian Vogrincic, Gründer und Vorstand der CV Real Estate: „Die Gespräche auf der Mipim haben den Eindruck verstärkt, dass die Immobilienbranche vor einer Zeitenwende steht. Immobilien sind nach dem starken Anstieg der Zinsen für institutionelle Investoren nur noch ein Asset unter vielen. Bei Büroimmobilien gehen die Mieten rauf und die Kaufpreisfaktoren runter, der Wohnungsmarkt ist tot – und generell gilt: Wer nicht verkaufen muss, verkauft derzeit nicht.“
"Persönlicher Austausch unerlässlich"
„Herausfordernde Zeiten bieten auch immer Chancen“, so Andreas Ewald, Managing Partner bei Engel & Völkers Hotel Consulting. „Die klassische Hotellerie befindet sich in einem starken Wandel. Neue Betriebsmodelle und Digitalisierungsstrategien werden etabliert, Hotel und Wohnnutzungen verschwimmen, Kostendruck und gestiegenes Verantwortungsbewusstsein machen einen nachhaltigen Umgang mit den Ressourcen zwingend erforderlich. Die Hotelbetriebskrise ist weitestgehend überwunden. Die Freizeithotellerie sieht sich einem starken Sommer entgegen. ,Die Welt reißt wieder‘ und die Umsatzerwartungen sind entsprechend. Wir sehen eigenkapitalstarke Investoren, die sehr bedacht und fokussiert, Chancen war nehmen. Ein gutes Verständnis für beides, Hotelbetrieb und Immobilie ist nun wichtiger denn je. Die Mipim hat gezeigt, wie wichtig und unerlässlich der persönliche Austausch ist.“
„Die Stimmung auf der Mipim 2023 war positiv reserviert“, hält Kai Wolfram, Geschäftsführender Gesellschafter von Engel & Völkers Investment Consulting, fest. „Klagen ist verständlich. Es ist aber an der Zeit, dass sich die Branche auf die neue Realität einstellt: Es bedarf neuer Konzepte für die in den Vorjahren erworbenen Immobilien. Das Marktpreisniveau hat sich nun einmal geändert, die Nachfrage auch, weil es seit Jahren erstmals wieder Anlageopportunitäten zur Immobilie gibt. Positiv stimmt, dass viele Marktteilnehmer diese Situation als Chance begreifen und bereits an solchen Konzepten arbeiten - let´s move on!“
"Was wird finanziert, was nicht?"
„Die bestimmende Frage der Mipim bleibt die nach den aktuellen Marktwerten. Spricht man mit zwei Bewertern über das gleiche Objekt, bekommt man unter Umständen zwei sehr unterschiedliche Zahlen genannt. Damit verbunden ist natürlich auch die Diskussion über die Verfügbarkeit von Fremdkapital. Was wird finanziert, was nicht? Als Anbieter von und Berater zu alternativen Finanzierungen haben wir entsprechend viele Gespräche dazu geführt“, sagt Curth-C. Flatow, Managing Partner der FAP Group.
„Bei gutem Wetter konnten wir viele fokussierte Gespräche zu den Chancen und Risiken des aktuellen Marktes führen“, erklärt Dr. Gisbert Beckers, Geschäftsführender Gesellschafter German American Realty. „Kommunikation ist in jeder Marktphase essenziell. Die Bankthemen SVB und Credit Suisse haben alle beeindruckt. Die gute Seite dieser Medaille kann sein, dass die Dynamik der Zinserhöhungen jetzt deutlich abnimmt.“
„Wir beobachten auf der MIPIM, dass das Segment Living (Wohnen bis Hotel) weiter stark von Institutionellen nachgefragt wird. Das ist auch der Grund warum wir mit einem sechsköpfigen Team vor Ort sind. Das Interesse ist da, bedingt durch die aktuellen Herausforderungen schaut man beim Produkt jedoch wesentlich genauer hin. So werden im Hospitality-Segment die Betriebskosten auch künftig weiter steigen, allen voran die Personalkosten. Daher sehen wir, dass digitalisierte und damit langfristig zuverlässige Konzepte wie NUMA in den Fokus rücken. Das Produkt Service Apartments hat spätestens seit Corona jeder verstanden, sowohl beim Reisenden als auch beim Immobilieneigentümer kommt es sehr gut an. Auf dieser Basis schreiten wir mit unserer europaweiten Expansion voran, so ist es uns gelungen seit der Gründung 2019 bereits 3500 Einheiten unter Vertrag zu nehmen", meint Philip Rohweder, Director Real Estate bei NUMA.
Innenstädte stärker im Fokus
„Die Transformation der Innenstädte und die damit verbundenen Herausforderungen für die Immobilienwirtschaft standen im Fokus unserer zahlreichen Gespräche auf der Mipim“, sagt Dr. Kevin Meyer, Mitglied der Unternehmensleitung JC Real Estate. „Es zeigt sich, dass die Innenstadt immer stärker in den Fokus der politisch Verantwortlichen aber auch von Investoren und Mietern rückt. Diese Entwicklung sehen wir sehr positiv. Es gilt jetzt gemeinsam zukunftsfähige Konzepte für eine weiterhin lebenswerte Stadt zu entwickeln.“
„Seit der Expo Real hat sich wenig verändert: Die Branche befindet sich noch immer in Lauerstellung“, kommentiert Sven Sontowski, Geschäftsführer von Sontowski & Partner. „Für Developments bin ich der Meinung, wenn Qualität und Nachhaltigkeit stimmen, findet ein gutes Produkt auch zur richtigen Zeit seinen Abnehmer, wir müssen nur die Ärmel hochkrempeln und partnerschaftlich agieren.“
„Die Sonne in Cannes machte die verhaltene Stimmung wett. Wir als Property Manager sind im Vergleich zu anderen Marktteilnehmern relativ entspannt – kleinere Margen beinhalten halt auch ein kleineres Risiko“, so Dirk Tönges, Geschäftsführer MVGM Deutschland.
Antje Lubitz, Gründerin & CEO von 3PM Services: „Zum ersten Mal hatte ich drei Einladungen zum Austausch mit Frauen auf Führungsebene. Zum einen von Frauen selbst organisiert zum anderen von namhaften Investoren wie PGIM. Dafür einen Daumen hoch! Aber warum sind die Start-ups wieder im Keller, wo keiner vorbeikommt? Was ist mit unserem Auftrag zur Klimarettung? An der Stelle wirkt die ganze Veranstaltung aus der Zeit gefallen.
"Unternehmen müssen in ihre Büros investieren"
„Die Stimmung bei Projektentwicklern war eher verhalten, doch der Bedarf für Büroneubauten und Bestandsentwicklungen bleibt hoch“, kommentiert Norman Kustos, Geschäftsführender Gesellschafter bei Neotares. „Unternehmen müssen in ihre Büros investieren, um für Mitarbeitende interessant zu bleiben und ESG-Vorgaben einzuhalten. Wir sind davon überzeugt, dass nachhaltige Gebäude und eine gute Lage langfristig die Nase vorn haben werden. Die Diskussionen über die staatlichen Nachhaltigkeitsvorgaben und deren Umsetzung waren kontrovers. Wir sind aber zuversichtlich, dass Bestandshalter und Entwickler mit gezielten und planbaren Maßnahmen langfristig Erfolge in der CO2-Diskussion erzielen können. Alles in allem war es ein gelungenes Wiedersehen in Cannes mit einer entspannten Atmosphäre, die dazu anregt, ‚out of the box‘ zu denken.“
Sander van de Rijdt, Co-Founder und Co-CEO bei PlanRadar: „Die Mipim ist wieder zu alter Größe zurück, die Hallen waren voll und es herrschte ein positives Networking-Klima. Dennoch war die Stimmung spürbar von großer Verunsicherung geprägt. Vor allem die Zinserhöhung, die hohe Inflation und die jüngsten Probleme aus der Reihe der Banken sorgen in der Branche für Unsicherheit. Daher waren auch die weitere Zinsentwicklung, der Ausblick auf das aktuelle Geschäftsjahr und eine sich vielleicht abzeichnende Bankenkrise, die am meist diskutierten Themen auf der Messe. Aber wie immer gilt auch hier: Manche Marktteilnehmer verharren und möchten die veränderten Rahmenbedingungen und die erforderlichen Adjustierungen einfach nicht wahrhaben, andere sind bereits aktiv ganz nach dem Motto: Wandel birgt Chancen.“