Eine ältere Frau steht mit einem Rollator auf einem Balkon, umgeben von Blumen und einem gelben Sonnenschirm.
Statt stationärer Pflege setzt Sontowski & Partner auf betreutes Wohnen: barrierefreie Wohnungen mit individuell zubuchbaren Serviceleistungen. (Quelle: iStockphoto)

Standorte & Märkte 2025-08-01T10:48:02.863Z „Betreutes Wohnen ist das Zukunftsmodell“

Betreutes Wohnen gilt als zunehmend relevante Wohnform in einer alternden Gesellschaft – doch steigende Kosten, uneinheitliche Regulierung und Insolvenzen in der Pflegebranche sorgen für Unsicherheit im Markt. Im Interview erklären Dr. Tilman Engel (Sontowski & Partner Group) sowie Günther Marzog und Christopher Kunze (BayernCare), warum sie dennoch am Segment festhalten, welche Konzepte tragfähig sind und welche politischen Weichenstellungen sie sich wünschen.

Warum investiert die Sontowski & Partner Group trotz zunehmender Insolvenzen anderer Anbieter gezielt in Seniorenwohnanlagen wie den Schwanenhof in Schwandorf, was macht Ihre Investitionsentscheidung tragfähig?

Porträt Dr. Tilman Engel
Dr. Tilman Engel, Geschäftsführer der S&P Group. (Quelle: Christine Blei)

Dr. Tilman Engel: Wir sehen das Thema nach wie vor als absolut wichtiges Zukunftsprodukt. Vor dem Hintergrund der Demografie ist ganz klar: Produkte für die alternde Gesellschaft werden mit zunehmender Dringlichkeit benötigt und entstehen aktuell noch viel zu wenig. Um das Thema wirklich voranzubringen, wäre eine stärkere politische Unterstützung wünschenswert, sowohl in der Flächenbereitstellung als auch in der rechtlichen Ausgestaltung. Aufgrund der Rahmenbedingungen fokussieren wir uns aktuell stärker auf betreutes Wohnen, also eine barrierefreie Wohnform ergänzt um Servicedienste.

Eine große Schwierigkeit sind die rechtlichen Vorgaben, die ja auch von Bundesland zu Bundesland unterschiedlich sind. Wie muss man mit diesen umgehen, um Seniorenwohnen wirtschaftlich zu betreiben?

Günther Marzog: Da wir unsere Projekte überwiegend in Bayern realisieren, ist die Rechtslage für uns gut kalkulierbar. Eine aktuelle Herausforderung stellt allerdings die kommunale Ausgestaltung der Stellplatzsatzung dar. Hier wurde die Zuständigkeit vom Land an die Gemeinden übergeben, was zu einer Vielzahl individueller Regelungen führt - nicht immer zum Vorteil der Baupraxis. Einheitliche Vorgaben, etwa mit einem Stellplatzschlüssel zwischen 0,2 und 0,5 je Wohneinheit, wären sinnvoll. Unsere Erfahrung zeigt, dass in betreuten Wohnanlagen deutlich weniger Stellplätze benötigt werden. Das sollte bei der Planung berücksichtigt werden.

Was ist aus Ihrer Sicht das größte Risiko bei der Entwicklung von Seniorenwohnanlagen – und wie steuern Sie aktiv dagegen?

Foto von Günther Marzog und Christopher Kunze
Günther Marzog und Christopher Kunze, beide Geschäftsführer der BayernCare. (Quelle: Christine Blei)

Christopher Kunze: Das größte Risiko sehen wir aktuell im Bereich stationärer Pflege: Betreiber stehen vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen, insbesondere durch Personalmangel und hohe Betriebskosten. Das wirkt sich auch auf die Finanzierbarkeit solcher Projekte aus. Deshalb konzentrieren wir uns derzeit verstärkt auf betreutes Wohnen. Dieses Modell kombiniert barrierefreie Wohnungen mit individuell zubuchbaren Leistungen wie ambulanter Pflege oder haushaltsnahen Diensten. Die Hauptaufgabe liegt hier in der Balance zwischen hochwertiger Bauqualität - etwa durch die DIN-gerechte Barrierefreiheit - und wirtschaftlicher Leistbarkeit für die Bewohnerinnen und Bewohner.

Wie unterscheidet sich das Konzept des Schwanenhofs von klassischen Seniorenwohnanlagen? Wie gehen Sie auf die veränderten Bedürfnisse der älteren Generation ein?

Christopher Kunze: Unsere Seniorenwohnanlagen sollen zunächst einmal wie moderne Neubauanlagen wirken - hell, freundlich, lebensnah. Die barrierefreien Elemente, wie breitere Türen oder Haltegriffe, sind dezent integriert und prägen nicht das Gesamtbild. Gleichzeitig legen wir großen Wert auf Begegnungsmöglichkeiten, um Einsamkeit im Alter aktiv entgegenzuwirken. So verfügt der Schwanenhof nicht nur über einen Gemeinschaftsraum, sondern auch über eine hochwertig gestaltete Außenanlage mit Aufenthaltsmöglichkeiten.

Zudem ist die enge Anbindung an einen ambulanten Pflegedienst - in diesem Fall das Bayerische Rote Kreuz Schwandorf - zentraler Bestandteil unseres Konzepts. Neben Pflegeleistungen werden auch hauswirtschaftliche Unterstützungsangebote vermittelt. Ziel ist es immer, dass die Bewohner so lange wie möglich eigenständig leben können. In dem Zusammenhang liegt übrigens auch ein weiterer Fokus auf Digitalisierung: WLAN-Grundversorgung, LAN-Anschlüsse und E-Bike-Stellräume gehören zum Standard.

Welche konkreten Maßnahmen sorgen in Ihren Projekten für langfristige Wirtschaftlichkeit und Nachhaltigkeit – auch im Betrieb?

Günther Marzog: Für uns ist entscheidend, dass sowohl betreute Wohnanlagen als auch Pflegeimmobilien durch hohe bauliche Qualität und die Anbindung guter Dienstleister langfristig attraktiv bleiben – damit ist auch die langfristige Wirtschaftlichkeit garantiert.

Darüber hinaus ist natürlich auch die Lage für die langfristige Attraktivität sehr entscheidend. Nahversorgung und eine gute medizinische Versorgung in erreichbarer Nähe sind wichtige Aspekte, genauso wie eine gute Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr – da in höherem Alter oftmals auf das Auto verzichtet wird.

Mit Blick auf das Thema Nachhaltigkeit setzen wir auf regionale Partner - ob Generalunternehmer, Finanzierungspartner oder ambulante Dienstleister. In Schwandorf haben wir ein Heizkonzept mit Fernwärme. Bei künftigen Projekten wird die Integration von Wärmepumpen und Photovoltaik sowie eine Umsetzung im KfW 40-Standard realisiert.

Wie wichtig ist die architektonische Gestaltung – etwa Barrierefreiheit und Begegnungsräume – für den Erfolg einer Seniorenwohnanlage heute?

Christopher Kunze: Sehr wichtig. Die architektonische Gestaltung ist zentral für das Funktionieren einer Seniorenwohnanlage. Barrierefreiheit muss dabei selbstverständlich in allen Bereichen mitgedacht werden, von den Wohnungen über die Verkehrsflächen bis hin zu den Außenanlagen. Gleichzeitig geht es nicht nur um Funktion, sondern auch um Atmosphäre: Helle Räume, moderne Gestaltung und wohnliche Materialien schaffen eine Umgebung, in der man sich gern aufhält. Unser Anspruch ist immer, dass die neue Wohnanlage schöner, komfortabler und einladender als das jetzige Zuhause sein soll. Denn die Trennung von langjährigen Häusern oder Wohnungen fällt natürlich nicht leicht.

Ganz wichtig sind auch Begegnungsräume und schön gestaltete Außenanlagen. Sie fördern das Miteinander in der Hausgemeinschaft, ermöglichen soziale Teilhabe und wirken Einsamkeit im Alter aktiv entgegen. Daher verzichten wir in unseren Projekten bewusst auf zusätzliche Wohneinheiten, um stattdessen Gemeinschaftsflächen zu schaffen.

Wie stellen Sie sicher, dass soziale Aspekte wie Gemeinschaft, Teilhabe und Integration in Ihren Anlagen auch langfristig gelebt werden – jenseits der reinen Architektur?

Christopher Kunze: Hier spielen gute ambulante Dienstleister eine Schlüsselrolle. Sie geben der Hausgemeinschaft – insbesondere in der Anfangszeit – Impulse durch Angebote, Aktivitäten und Alltagshilfe. Mit der Zeit vernetzt sich die Gemeinschaft dann auch zunehmend selbständig. Trotzdem bleibt der Pflegedienst zentraler Ansprechpartner und Koordinator. Wir setzen dabei gezielt auf renommierte Partner wie das Bayerische Rote Kreuz, das über breite Erfahrung in der sozialen Begleitung verfügt.

Inwiefern beeinflusst die demografische Entwicklung Ihre Projektplanung im Bereich Seniorenwohnen (z.B. bezüglich Nachfrageentwicklung und zukünftigen Marktchancen)?

Günther Marzog: Die demografischen Zahlen sprechen für sich: Der Bedarf an altersgerechtem Wohnraum, sowohl im betreuten Wohnen als auch in der Pflege, wächst rasant. Leider hinkt die Realisierung hinterher, insbesondere im Pflegebereich, wo Finanzierung und Betreiberstrukturen zunehmend schwierig werden. Daher liegt unser Fokus aktuell auf betreutem Wohnen.

Welche Rolle spielt die BayernCare als Beteiligung innerhalb der S&P Group (z.B. bezüglich interner Struktur, Zuständigkeit und Synergien)?

Dr. Tilman Engel: Die BayernCare ist mit einem strategischen Blick eine tragende Beteiligung der S&P Group und wird, wie all unsere spezialisierten Beteiligungen, durch eine eigene Geschäftsführung gesteuert, die in Abstimmung mit der S&P Holding agiert. Bei Querschnittsthemen, wie sie z.B. in der technischen Projektentwicklung vorkommen, arbeiten die Beteiligungen zusammen. Übergreifende Funktionen wie Finanzen und Controlling, Compliance, Personal, Kommunikation, Nachhaltigkeit und Digitalisierung sind in der Holding angesiedelt.

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zuletzt editiert am 01. August 2025