Ein leerer Büroraum mit großen Fenstern, durch die Sonnenlicht hereinfällt.
Was tun mit den letzten unvermieteten Quadratmetern? (Quelle: Nursyazana Izzati Ramzi/unsplash)

Management 2025-07-07T08:58:26.530Z Was tun mit dem „kleinen“ Leerstand?

Bleibt die letzte Restfläche leer, stehen Vermieter vor einer Herausforderung – und brauchen oft unkonventionelle Ideen.

Nils Larsen sucht seit drei Monaten einen Mieter für die Bürofläche im Zentrum Hamburgs. Der Leiter der Bürovermietung beim Hamburger Makler Grossmann & Berger geht aber davon aus, dass es noch einige Zeit dauern kann, bis er die Fläche vermietet hat. Eine längere Vermarktungsdauer sei in der aktuellen Marktlage keine Seltenheit.

Das Besondere an der Fläche, auf der zuvor die Tochterfirma einer Beteiligungsgesellschaft residierte: Sie wird zur Untervermietung angeboten. Es handelt sich um eine der zahlreichen Restflächen in Büroimmobilien, die in Deutschland ihre Eigentümer sowohl in guten als auch in weniger guten Lagen plagen. Zwar sagt Larsen, dass ein gewisser Leerstand und eine Fluktuation normal seien, aber: „Die Vermarktungsdauer ist gestiegen, wir sehen viele Prolongationen – Mieter warten häufig lieber ab.“

Damit werden solche Restflächen zum Problem für Eigentümer und Vermieter. Ohnehin drückt CBRE zufolge ein Leerstand in Deutschlands Top-5-Märkten von 7,3 Prozent beziehungsweise 7,2 Millionen Quadratmetern auf den Büromarkt.

Und dann sind da noch die hartnäckigen Flächen: die letzten ein bis fünf Prozent Leerstand, die letzte 150-Quadratmeter-Fläche in vielen Gebäuden, die lange auf einen Mieter warten müssen. Teilweise so lange, dass Eigentümer kreativ werden müssen.

Denn: „Leerstand bedeutet nicht nur fehlende Mieteinnahmen, sondern er kostet den Vermieter laufend Geld. Doch nicht nur aus reiner Renditekalkulation heraus sind leere Restflächen suboptimal. Bestandsmieter wollen das Gefühl haben, auf gefragten und lebendigen Flächen zu arbeiten“, sagt Thorsten Diepold, Director of Strategic Letting Management bei Wealthcap.

Kreative Nutzungen

Auf lebendige Flächen ist Florian Joeckel von der Frankfurter Massif Central Projektentwicklung spezialisiert. Er ist wohl einer der ungewöhnlichsten Projektentwickler Deutschlands, statt im Anzug ist er meist in modischer Streetwear unterwegs, und auch seine Projekte sind anders als herkömmliche.

Mit seinem Unternehmen hat er etwa den zum Abriss geweihten Bethmannhof in Frankfurt am Main zu einer ikonischen Kultur-, Event- und Bürolocation umgenutzt, auch den ehemaligen E-Kinos hat er unter dem Namen „Massif-E“ neues Leben eingehaucht. Sein jüngstes Projekt ist das „Massif W“ – ein Altbau in der Taunusstraße 21 mitten im Frankfurter Bahnhofsviertel, der zum Work-Office-Space umgewandelt wurde.

Porträtfoto von Florian Joeckel
Florian Joeckel (Quelle: Massif Central)

Zu den gängigen Ideen, Restflächen kreativ zu bespielen, hat Joeckel eine klare Meinung: „Nur Kreativbranche und Talks funktioniert nicht. Eine kreative Nutzung muss sich selbst tragen. Subventionierte Nutzungen funktionieren langfristig nicht. Entweder die Mieter tragen die hohen Nebenkosten nicht mehr, städtische Förderungen laufen aus oder der Eigentümer verhagelt sich die Kalkulation.“

Eine Ausnahme sieht er in Nutzungen, die einen echten Mehrwert für die Mieter bieten. So sei etwa ein kleiner Fahrradladen auf einer bisher unvermieteten Fläche in einem Bürohochhaus für die Mieter im 30. Stock vielleicht so wichtig, dass sie dafür einige Euro mehr Miete zahlen würden.

„Wir haben die Erfahrung gemacht, dass den Themen Markenbildung und Repräsentanz eine große Bedeutung zukommt. Kurz gesagt, auch der Mieter einer Randfläche muss sich vorkommen wie ein Ankermieter. Gerade Gemeinschafts- und Eingangsbereiche spielen hierbei eine wichtige Rolle“, sekundiert Diepold von der Wealthcap.

„Der ,Social Kick‘ gibt der Immobilie einen emotionalen Wert. Der wird auch bezahlt“, sagt auch Joeckel. Helfen könne bei der Schaffung dieser Community ausgerechnet die Restfläche. „Kleinere Büroflächen können etwa als Gemeinschaftsfläche, als Küche oder Ähnliches genutzt werden“, erklärt er. Die Investitionskosten ließen sich auf die Mieter umlegen, schließlich erhielten diese damit eine eigene Kantine.

Aus 150 mach 30

Auch die Aufteilung der übrig gebliebenen Flächen kann Maximilian Tholl vom Bauunternehmen Tholl Gruppe zufolge eine Lösung sein. „Viele Solounternehmer suchen kleine Büros – vielleicht 30 Quadratmeter – und sind bereit, dafür auch eine höhere Miete zu bezahlen. Eine unvermietbare 150-Quadratmeter-Fläche kann so als fünf kleine Flächen dem Markt zugeführt werden.“

Eigentümer dürfen sich das laut Tholl aber nicht zu einfach vorstellen. So muss etwa der Wasserverbrauch mit neuen Zählern für jede einzelne Fläche erfasst werden. Alternativ könnten die Verbräuche im Mietvertrag flächenweise umgelegt werden.

Die Mieterauswahl muss zudem gut kuratiert sein, gibt Florian Joeckel zu bedenken. Setzt man fünf Konkurrenten auf die Fläche, sei Ärger vorprogrammiert. „Die Mieter müssen zueinander passen. Steuerberater und Künstler passen vielleicht auch aus Sicht von Lärm und Gestaltung der Gemeinschaftsflächen nicht zusammen.“ Im Massif W im Frankfurter Bahnhofsviertel konnte er mit einer solchen Aufteilung der Fläche innerhalb von ein bis zwei Wochen drei Mieter auf einer zuvor als unvermietbar geltenden Fläche ansiedeln.

„Manche Flächen muss man bei der Aufteilung gar nicht anfassen, bei anderen sehr viel Geld investieren“, sagt Tholl. Es brauche außerdem ein durchdachtes Konzept: Welche Nutzungsmischung macht Sinn – und wie muss die Fläche dafür aufbereitet werden? „Einfach aufzuteilen und abzuwarten, ob es passt, funktioniert nicht.“

Passt die Bürogemeinschaft?

Teilweise stehen aber nicht nur Eigentümer, sondern auch Mieter vor dem Problem verwaister Flächen. Gemäß dem Schweizer Start-up Deskbird lag die Auslastungsquote in den acht größten deutschen Städten im Jahr 2024 im Durchschnitt bei nur knapp 46 Prozent. Diesen verdeckten Leerstand haben Unternehmen wie ShareDnC, aber auch klassische Makler wie Grossmann & Berger längst als Geschäftsmodell entdeckt:

„Das ist ein Nischengeschäft“, sagt Nils Larsen, „Untermietflächen machen weniger als fünf Prozent des gesamten Leerstands aus.“ Allerdings sind viele Mieter und auch Eigentümer zurückhaltend beim Thema Untervermietung: „Wenn nur eine Teilfläche untervermietet wird, dann wird es oft kompliziert, gerade wenn ich als Unternehmen sensible Daten verarbeite. Dann muss ich ein Sicherheitskonzept aufsetzen, Zugangsberechtigungen erteilen, und ich brauche vor allem die Zustimmung des Vermieters. Prinzipiell sind private Eigentümer hier flexibler als die streng regulierten institutionellen Investoren.“

Auch eine Vermietung unter Marktwert ist schwierig. „Ich mache dem Vermieter ja Konkurrenz, wenn er selbst leerstehende Flächen hat. Daran scheitert schon so mancher Versuch, die leerstehende Teilfläche attraktiv am Markt zu platzieren“, schließt Larsen.

Dass es für manche Vermieter unter diesen Umständen vielleicht sogar besser sei, eine Fläche leer stehen zu lassen, weist Larsen zurück: „Leerstand ergibt nur Sinn, wenn der Vermieter umfangreiche Investitionen wie zum Beispiel Sanierungen oder einen Abriss und Neubau plant.“

Dino Kirchmeier, Chief Asset- und Portfoliomanagement bei BEB+, sieht das ähnlich: „Die vollen Leerstandskosten und deren indirekte Folgen, nämlich geringere Jahresnettokaltmiete, geringerer Immobilienwert und gegebenenfalls unattraktive äußere Erscheinung mit entsprechenden Folgewirkungen für den Standort sind oft die teurere und damit schlechtere Option als eine Vermietung unter Marktwert. Es ist theoretisch möglich, dass die Leerstandszeit und der darüber in Abzug gebrachte negative Sonderwert durch den Ansatz der Nachvermietungskondition überkompensiert werden.“

Das würde aber für Restflächen nur dann Sinn ergeben, wenn diese tatsächlich schlecht nutzbar und kaum vermietbar wären. „Dann könnte man sich vielleicht über diese Bewertungsmethode im Immobiliengutachten einen Marktwert einhandeln, den solch eine ‚Restfläche‘ in der Realität gar nicht einspielen könnte“, so Kirchmeier. Sein Rat bleibt aber: Leerstand ist nach Möglichkeit zu vermeiden, denn auch kleine Flächen können mehr kosten als die entgangene Miete.

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zuletzt editiert am 07. Juli 2025