Nachtaufnahme einer Baustelle, auf der ein Kran ein Raummodul anhebt
Noch liegt im Markt für modulares Bauen vieles im Dunkeln. (Quelle: Cadolto)

Projekte 2023-05-22T12:15:00Z Module im Aufwind

Bauen wird immer teurer, tausende Wohnungen fehlen – modulares Bauen soll ein Lösungsbaustein sein, um diese Probleme zu überwinden. Doch wie groß ist der Markt in diesem Segment eigentlich? Welche Lösungen gibt es und wer sind die Anbieter? Wir haben für Sie eine exklusive Übersicht der Modulbau-Anbieter in Deutschland. Von Bianca Diehl

„Wir wollen schnell bezahlbaren Wohnraum schaffen. Dafür brauchen wir das serielle und modulare Bauen“, stellt Bundesministerin Klara Geywitz fest. Hintergrund sind natürlich die fehlenden Wohnungen in Deutschland und die explodierenden Baupreise. Dazu kommt auch noch der Handwerkermangel, der so manches Bauprojekt verzögert und gar verhindert.
Wie Geywitz fordert beispielsweise auch der ZIA, „serielles und modulares Bauen mit maximalem Schwung zu befördern“. Die Spitzenverbände der Planungs-, Bau-, Immobilien- und Wohnungswirtschaft erwarten „die Möglichkeit des flächendeckend seriellen, modularen und typisierten Bauens“.

Der GDW hat im Zusammenhang mit seiner Rahmenvereinbarung „Serielles und modulares Bauen“ ermittelt, dass die Baukosten für Wohnungsbauunternehmen bei modularer Bauweise zum Stand Ende 2021 zwischen 2.396 Euro bis 3.647 Euro pro Quadratmeter lagen. Die erste Vereinbarung lief vom Mai 2018 bis Mai dieses Jahres. Innerhalb dieser Zeit wurden mit der Rahmenvereinbarung und den dort gelisteten neun Anbietern rund 5.000 Wohnungen gebaut. Das Rahmenwerk wird nun neu aufgelegt.

Hoher Marktanteil bei Einfamilienhäusern

Dabei ist die Idee, ein Gebäude in Einzelteilen vorzubereiten und vor Ort erst zusammenzusetzen, nicht neu. Fertighäuser im Segment Einfamilien-Wohnhäuser gibt es etwa seit den 1960er Jahren. Inzwischen liegt ihr Anteil, laut der EY-Parthenon-Studie „Ausbaufähig“ vom April dieses Jahres, beim Neubau von Ein- und Zweifamilienhäusern in Deutschland bei 24 Prozent – Tendenz steigend. Allerdings ist nicht jeder elementbasierte Bau auch gleich Modulbau. Aber selbst bei mehrgeschossigen Projekten und im Gewerbebau kommt der Modulbau aktuell zum Einsatz. Beim mehrgeschossigen Wohnungsneubau kam das Segment 2022 auf einen Marktanteil von sechs Prozent.

Beim Modulbau werden vollständige Räume inklusive technischer Ausstattung wie Sanitär, Heizung und Elektrik industriell vorgefertigt. So schweben Badezimmereinheiten, komplette Hotelzimmer oder auch OP-Säle fast bezugsfertig am Kran auf der Baustelle an ihren Bestimmungsort. Dies kann bei Bauwerken geschehen, deren tragende Strukturen auf traditionelle Weise entstanden sind (hybrides Bauen), oder auch bei komplett modularen Gebäuden, die durch den Einsatz entsprechender Materialien größere tragende Strukturen erlauben.

Laut der EY-Parthenon-Studie verkürzt die industrielle Vorfertigung den Bauprozess um bis zu 30 Prozent. Am Beispiel eines Mehrfamilien-Fertighauses mit 20 bis 30 Wohneinheiten lasse sich errechnen, dass in den Bereichen Planung, Material und Personal für die Bauausführung bis zu 15 Prozent der Kosten eingespart werden könnten.

Doch wie groß ist der Anteil des Modulbaus am deutschen Projektentwicklungsmarkt aktuell? Und welche Anbieter sind hier unterwegs? Dafür gibt es leider keine Zahlen. Selbst der Bundesverband Bausysteme, in dem einige der Modulbauer organisiert sind, hat keinen Marktüberblick.

Neulinge und alte Hasen

Ein paar wenige Zahlen kann der Strabag-Konzern bieten. Im Unternehmen ist der Modulbau bei Züblin mit dem Konzept Optimus angesiedelt. Für Europa schätzt Strabag das Marktvolumen in diesem Segment derzeit auf 33 Milliarden US-Dollar, was einem Anteil von etwa 4,9 Prozent am Gesamtmarkt ausmacht. Die Ed. Züblin AG erwirtschaftet selbst im Jahr durchschnittlich etwa 30 Millionen Euro mit Modulbau. Bezogen auf die verwendeten Materialien nutzen, laut Strabag, rund 70 Prozent der Anbieter Holz, 20 Prozent Stahl und die übrigen zehn Prozent Beton für ihre Module. Auf dem deutschen Markt hat Strabag etwa 17 bis 20 Mitbewerber identifiziert. Und wie sieht die Zukunft für dieses Segment aus? „Der Modulbau wird nach aktuellen Schätzungen im Vergleich zum sonstigen Baugeschehen in Deutschland um etwa fünf Prozent jährlich wachsen“, erwartet das Unternehmen.

Diese Aussichten locken auch Neulinge auf den Markt. Mod21 ist erst dieses Jahr mit modularer Holzbauweise in Deutschland gestartet. Aktuell betreut das Unternehmen drei Bauprojekte mit einem Umsatzvolumen von 12,7 Millionen Euro: je eine Kindertagesstätte in Eisingen und Reutlingen sowie eine Gemeinschaftsunterkunft in München. Bis zum Ende des Jahres ist ein Umsatz von rund 75 Millionen Euro geplant. Das Modulbau-Start-up wurde 2021 gegründet und fusionierte Anfang 2022 mit der Erbud-Tochterfirma GWI Baunternehmung. Im Programm sind Holzmodule für Gebäude der Assetklassen Bildung, Wohnen, Büro und Gesundheit. Ende November vergangenen Jahres wurde das eigene Produktionswerk im polnischen Ostaszewo bei Torun eröffnet. Bis 2033 will Mod21 einen jährlichen Umsatz von 300 Millionen Euro erreichen.

Das im Frühjahr 2022 gegründete österreichische Start-up Kiubo hat für seine Modulbau-Ideen sogar schon einen Fiabci Prix d’Excellence erhalten und hat nun auch den deutschen Markt im Blick. „Unsere Marktforschung in Deutschland hat ergeben, dass die Akzeptanz von Modulwohnungen in Deutschland nochmal deutlich höher liegt als in Österreich, nämlich bei 84,4 Prozent im Vergleich zu durchschnittlich 74,5 Prozent. Im Schnitt käme es für über zehn Prozent mehr deutsche Kunden in Frage, ein Modul zu kaufen oder zu mieten“, erklärt Florian Stadtschreiber, Geschäftsführer von Kiubo. Bisher berichtet er von einem engen Austausch mit potenziellen Kunden in Deutschland. „Aktuell sind wir an der Ausarbeitung von zwei aufschlussreichen Studien an repräsentativen Standorten in Deutschland. Es befinden sich bereits Projekte in Deutschland in Prüfung.“

Andere Modulbauer sind bereits „alte Hasen“ auf dem Markt. Cadolto ist bereits seit 50 Jahren in diesem Segment tätig als Spezialist für medizinische Gebäude, mit denen Cadolto bei fünf bis sieben Projekten jährlich einen Umsatz von etwa 100 Millionen Euro erreicht. Der Modulbauer hat zwei Fertigungswerke, beide in Deutschland: in Cadolzburg und in Krölpa.

Das Unternehmen Liwood ist seit etwa 20 Jahren im Bereich Modulbau in Deutschland tätig, seit 15 Jahre auch unter dieser Marke. Aktuell sind vier Projekte im Bau mit einem Gesamtvolumen von 30.000 Quadratmetern Bruttogrundfläche, im Jahr zuvor wurden fünf Modulbauten fertiggestellt. Das Unternehmen bietet Lösungen für sozialen Wohnungsbau, Bildungsobjekte, (studentisches) Wohnen und Büro an. „Unsere Markteinschätzung in Deutschland für den Holzmodulbau sind rund eine Million Quadratmeter Bruttogrundfläche pro Jahr – mit steigender Tendenz“, berichtet Stefan Stenzel, Head of Development bei Liwood.

Kostenvorteil durch hohe Stückzahlen

Im Angebot der ADK Modulraum sind Büros, Bildungs- und Gesundheitsimmobilien, Pflegeheime und Laborgebäude. In den 18 Jahren seines Bestehens hat das Unternehmen bereits rund 400 Projekte umgesetzt, mit denen etwa 80 bis 120 Millionen Euro pro Jahr erwirtschaftet wurden. Derzeit sind 25 neue Projekte im Bau. „Momentan befindet sich der Modulbau im einstelligen Prozentbereich der möglichen Projekte. Insbesondere im Schul-, Büro- und Wohnbau muss eine vorgefertigte Bauweise zunehmend eingesetzt werden, da klassische Gebäude aufgrund des Fachkräftemangels künftig nicht mehr bezahlbar sein werden“, meint Robert Kohler, Geschäftsführer der ADK Modulraum.

„Da modulare Gebäude momentan nur in wenigen Einheiten gefertigt werden, hat sich ein Kostenvorteil noch nicht durchgesetzt. Sollte jedoch eine Steigerung der Stückzahlen eintreten, wie etwa beim Fertighausbau, so wird diese Bauweise zunehmend mehr Akzeptanz finden und die Kostenvorteile werden sich durch Steigerung der Automatisierung und Digitalisierung zunehmend bemerkbar machen", so Kohler. Um effizient zu sein, sei es aber notwendig, dass die Bauvorschriften vereinheitlicht würden, sodass Vorschriften bundesweit gleich seien, gleich ausgelegt und auch gleich gehandhabt würden.

"Wir erwarten ein starkes Wachstum"

AH Aktivhaus realisierte sein erstes Projekt in Holzmodulbauweise 2016. Das Unternehmen ist auf den gewerblichen Wohnungsbau spezialisiert. Auftraggeber sind kommunale Wohnungsbaugesellschaften oder private Investoren, die in der Regel ihre größeren Immobilienbestände selbst bewirtschaften. Im vergangenen Jahr wurden drei Projekte fertiggestellt, die einen Umsatz von knapp 30 Millionen Euro realisierten. Aktuell hat AH Aktivhaus vier Projekte in der Bauphase. „Wir erwarten ein starkes Wachstum im Bereich des seriellen und modularen Bauens mit Holz“, ist sich Geschäftsführer Hubert Nopper sicher.

Semodu ist mit Modulen für Wohnen und wohnnahe Nutzungen in Deutschland mit großen Erwartungen unterwegs, denn bis 2030 prognostiziert das Unternehmen ein Marktanteil von 20 bis 25 Projekt für Modulbauten am Neuprojektgeschäft in Deutschland.

zuletzt editiert am 22. Mai 2023