KI kann schon jetzt einen erheblichen Mehrwert bei Investitionsentscheidungen bieten. (Quelle: Pixabay)

Digitalisierung 2023-09-21T14:14:02.610Z "Wir müssen offen sein für digitale Innovationen"

Welches Potenzial hat Künstliche Intelligenz für die Immobilienwirtschaft? Und wie wird KI bereits heute in der Branche genutzt? Sven Scherbetitsch gibt einen Überblick.

Die Immobilienwirtschaft befindet sich schon seit Längerem im Wandel. Der anhaltende Megatrend Digitalisierung hat unsere Arbeitsweise bereits grundlegend verändert. Künstliche Intelligenz (KI) gibt dieser Entwicklung einen weiteren Schub. KI-Tools sind keine exotischen Nischenprodukte. Ganz im Gegenteil, sie sind schon längst in der Immobilienbranche angekommen und halten immer mehr Einzug in den Arbeitsalltag. Dabei bieten sie immense Chancen, für die gesamte Branche, die nicht unterschätzt werden sollten.

Porträtbild Sven Scherbetitsch
Sven Scherbetitsch ist Leiter Forschung & Investitionsstrategie bei der Real I.S. AG. (Quelle: Real I.S.)

Ein bemerkenswerter Hype rund um das Thema KI wurde durch die Markteinführung der Chatbot-Software ChatGPT im November 2022 ausgelöst, bei der innerhalb von nur fünf Tagen eine Million Nutzer gewonnen wurden. Die rasante Entwicklung der vergangenen Monate verdeutlicht, dass KI nicht nur vorübergehend ist, sondern zahlreiche Anwendungsmöglichkeiten bietet und die Branche weiterentwickeln kann.

KI auch beim Investment und Fondsmanagement hilfreich

Das Potenzial von KI in der Immobilienwirtschaft ist enorm. Hierbei geht es nicht nur um Programme wie ChatGPT, die Informationen schnell zusammenführen und intelligente Texte erstellen können, sondern auch um andere KI-Lösungen. Beispielsweise gibt es Softwarelösungen zum Auslesen relevanter Daten aus Immobilien-Exposés und für die effiziente Verarbeitung großer Datenmengen. Das kann die Angebotsanalyse erheblich verbessern und ein schnelleres Reagieren auf Marktschwankungen ermöglichen. Prozesse werden beschleunigt und Entscheidungen im Investment- und Fondsmanagement werden unterstützt.

KI bietet auch Potenziale für das Risikomanagement von Unternehmen oder Fonds. Denn sie kann bereits so trainiert werden, dass sie Marktdaten auswertet, Trends erkennt und auf mögliche Risiken hinweist. Auch bei der Automatisierung von Verwaltungsaufgaben kann virtuelle Assistenz hilfreich sein, da KI-Tools durch die Analyse vorhandener Daten lernen können, Aufgaben zu vereinfachen.

Darüber hinaus ist der Einsatz von künstlicher Intelligenz bei der Umsetzung von ESG-Kriterien und Energiesparmaßnahmen nicht zu unterschätzen. Angesichts der EU-Klimaziele hat die Immobilienbranche eine entscheidende Rolle beim Übergang zur Dekarbonisierung. KI-gestützte Tools können die nachhaltige Transformation von Immobilienbeständen voranbringen, ohne dass zwangsläufig große Modernisierungsmaßnahmen in Gang gesetzt werden müssen. Durch die Optimierung der Gebäudetechniksteuerung kann der Energieverbrauch und der CO2-Fußabdruck beispielsweise von Heizungen, Lüftungen und Klimaanlagen innerhalb kurzer Zeit erheblich reduziert werden.

Die Grenzen der KI-Nutzung

ChatGPT und andere KI-Technologien können zweifellos eine große Hilfe sein. ChatGPT wurde speziell darauf trainiert, menschenähnliche Konversationen zu führen. Dennoch kann es die persönliche Kommunikation, menschliche Expertise und Empathie nicht ersetzen. Diese sind allerdings besonders wichtig in der Kunden- und Mieterkommunikation sowie bei der Berücksichtigung individueller Bedürfnisse und Anforderungen.

Es ist auch zu beachten, dass selbst KI-Tools wie ChatGPT noch in der Entwicklung und nicht fehlerfrei sind. Es gibt Fälle, in denen Texte generiert werden, die teilweise auf Fakten basieren, teilweise jedoch völlig falsch sind. Daher müssen alle automatisch generierten Texte von fachkundigen Personen überprüft und gegebenenfalls korrigiert werden. Zudem kann ChatGPT nur innerhalb eines Chats mit Bezug auf den zuvor geführten Dialog auf einen speziellen Kontext trainiert werden.

Der Umgang mit Datenschutz und Urheberrechtsverletzungen wird ebenfalls kritisch betrachtet. Da ChatGPT Informationen aus vorherigen Quellen verwendet und umformuliert, ist oft unklar, welche Quellen den Antworten zugrunde liegen. Die italienische Datenschutzbehörde sperrte die KI-Software im März 2023 sogar vorübergehend, da nicht klar war, welche Informationen von Nutzern gespeichert wurden, und es keine ausreichenden Filter oder Sperren für Kinder unter 13 Jahren gab.

Fazit: KI wird die Immobilienwirtschaft langfristig verändern

Obwohl die technischen Fortschritte im Bereich KI beeindruckend sind, werden ChatGPT und andere KI-Technologien niemals die menschliche Expertise vollständig ersetzen können. Diese Softwareprogramme werden vielmehr als Werkzeuge dienen, um die Effizienz und Genauigkeit vieler Arbeitsprozesse zu verbessern und bei Routineaufgaben zu unterstützen. Ähnlich wie die Nutzung des Internets oder von Smartphones im Arbeitsalltag wird auch KI bald zu einem selbstverständlichen technischen Hilfsmittel gehören. Wir müssen die Chancen und Risiken sorgfältig abwägen und offen sein für digitale Innovationen, um uns weiterzuentwickeln.

In Zukunft wird es weniger darum gehen, was KI ersetzt, sondern vielmehr darum, wie KI-Tools uns bei unseren Aufgaben helfen können. Neben ChatGPT von OpenAI gibt es eine Vielzahl anderer leistungsfähiger KI-Tools. Diese Technologien stehen noch am Anfang ihrer Entwicklung und werden zweifellos die Arbeitswelt und die Gesellschaft weiter verändern. Künstliche Intelligenz kann bereits jetzt einen erheblichen Mehrwert bei Investitionsentscheidungen bieten und die Nachhaltigkeit von Immobilienportfolios vorantreiben.

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zuletzt editiert am 22. September 2023