Realogis-Geschäftsführer Bülent Alemdag über die Rolle chinesischer Unternehmen im Logistikimmobilienmarkt und ihre langfristige Strategie.
Im ersten Halbjahr 2025 blieb der Markt für Logistik- und Industrieimmobilien in Nordrhein-Westfalen stabil – 461.400 Quadratmeter Flächenumsatz entsprechen einem leichten Plus gegenüber dem Vorjahr. Doch während die Gesamtentwicklung nur wenig Bewegung zeigt, verändert sich die Struktur des Marktes spürbar: Asiatische Logistikunternehmen treten mit großvolumigen Abschlüssen immer stärker in Erscheinung – und prägen zunehmend das Marktgeschehen.
Markt im Wandel: Flächen bleiben stabil – Nutzer verändern sich
Laut einer aktuellen Analyse von Realogis blieb das Marktvolumen in NRW auf dem Niveau der Vorjahre. Die Teilmärkte entwickelten sich jedoch unterschiedlich: Düsseldorf legte deutlich zu und überholte das Ruhrgebiet sowie Köln, wo die Nachfrage deutlich einbrach.
Die stärkste Nutzergruppe waren Logistik- und Speditionsunternehmen mit 288.400 Quadratmetern – ein Plus von 59 Prozent. Bemerkenswert: Mehr als zwei Drittel des Umsatzes entfielen auf Big-Box-Objekte über 10.000 Quadratmeter. Bei den größten Abschlüssen traten auffallend viele asiatische Anbieter auf den Plan – darunter Goodcang, JD Logistics, Shaoke und Nordlicht.
„Das Engagement asiatischer Player ist kein Einzelfall, sondern Teil einer strategischen Marktverlagerung“, sagt Bülent Alemdag, Geschäftsführer von Realogis. Im exklusiven Interview ordnet er die Entwicklungen ein – und erklärt, warum chinesische Logistiker gekommen sind, um zu bleiben.
„Wir wissen, dass noch einige Großgesuche in der Pipeline sind“
Bülent Alemdag
Herr Alemdag, chinesische Unternehmen haben laut Ihres NRW-Marktberichts durch eine große Anzahl von großvolumigen Mietvertragsabschlüssen in modernen Logistikimmobilien die Märkte geprägt. Sind das Ausreißer?
Bülent Alemdag: Beim detaillierten Blick auf die Teilmärkte in Nordrhein-Westfalen wird das starke Engagement von asiatischen Logistikunternehmen wie Shaoke, SFI oder Nordlicht deutlich. Wir wissen, dass noch einige Großgesuche in der Pipeline sind und gehen davon aus, dass die Dynamik des Wachstums chinesischer Unternehmen in Deutschland anhalten wird.
Wodurch wird diese Entwicklung begünstigt?
Bülent Alemdag: Asiatische Logistikunternehmen schauen derzeit auf zwei Kontinente: Den Heimatmarkt, in dem jedoch die bisher gewohnten Wachstumsraten nicht mehr sehr hoch sind, und auf Europa. Der US-amerikanische Markt ist durch die Strafzölle weniger attraktiv. Viele asiatische Onlinehändler haben sich in den vergangenen Jahren erfolgreich in Deutschland etabliert. Ihnen folgen jetzt hoch professionalisierte, asiatische Logistik-Player aus Asien und erbringen für sie klassische Versanddienstleistungen oder das Retourengeschäft.
Gleichzeitig bieten Logistiker wie JD ihre Dienstleistungen auch Unternehmen an, die langjährig in Deutschland ansässig sind oder hier ihre Wurzeln haben. Als Door Opener für Kontrakte in der Industrie rekrutieren sie erfahrene Manager und werben Logistikleiter, Supply Chain Manager oder Leiter der Kontraktlogistik von in Deutschland seit Dekaden etablierten Logistik- und Speditions-Unternehmen ab.
Welche weiteren Entwicklungen erwarten Sie?
Bülent Alemdag: Es handelt sich nicht um eine kurzfristige Opportunität. Im Gegenteil: Sie kommen, um zu bleiben – und wissen genau, was sie tun. Teil der Wachstumsstrategie der asiatischen Logistiker ist es, auch an Ausschreibungen in Deutschland teilzunehmen. Damit konkurrieren sie mit vielen lokalen Platzhirschen wie K+N, Dachser, Hammer oder Vetten.
Was bedeutet dies für den deutschen Logistikimmobilienmarkt?
Bülent Alemdag: Die asiatischen Logistiker haben in den vergangenen Jahren stark an ihrer Qualität gearbeitet und sich mittlerweile einen sehr guten Ruf erworben. Jetzt konkurrieren sie mit den großen lokalen Wettbewerbern. Für den Immobilienmarkt bedeutet dies, dass sie sich – unter anderem frei von Überhängen im Portfolio, die abgebaut werden müssen – die neuesten nachhaltig errichteten Immobilien in den besten Lagen sichern können. Einerseits, um asiatische E-Commerce-Unternehmen zu bedienen – andererseits, um ihren Anteil am deutschen Kontraktlogistikmarkt zu erhöhen.