Auf Gewerbegebäuden gibt es viel Platz für Photovoltaik. Alessandro Mauri, Geschäftsführer von Voltaro, spricht über Mieterstrom, Renditen und Werte.
Herr Mauri, um die nötigen Genehmigungen für Photovoltaik-Anlagen zu bekommen, gilt es einige bürokratische Hürden zu überwinden. Welche Tipps können Sie dafür geben?
Alessandro Mauri: Wir befassen uns vorwiegend mit Gewerbegebäuden im Bestand, und hier gilt generell: Sämtliche Genehmigungsprozesse möglichst früh starten. Denn es gibt so vieles, was im Verlauf Zeit kostet, angefangen von den Entscheidungsprozessen der Eigentümer bis hin zur Errichtung. Zu berücksichtigen sind auch die Themen Denkmal- und Architektenschutz, spezielle Vorschriften für Hochhäuser oder Vorgaben zu Gründächern. Ein Standardprozess lässt sich dabei aber leider nicht aufsetzen, denn viele Genehmigungen sind lokal einzuholen.
Welche Rolle spielt das Thema Mieterstrom bei Gewerbegebäuden?
Alessandro Mauri: Im Vergleich zu Wohngebäuden spielt der „typische Mieterstrom“ (also die Belieferung von mehreren Verbrauchern mit einer PV-Anlage) eine untergeordnete Rolle. Viel wichtiger sind hier der Allgemeinstrom sowie Einzelmieter. Der allgemeine Verbrauch ist bei großen Bürogebäuden oder Einkaufszentren häufig so hoch, dass eine PV-Anlage damit gut ausgelastet ist.
Die Bedeutung der Einzelmieter ist darin begründet, dass vor allem große Unternehmen als Mieter ihren Netzstrom selbst einkaufen möchten, weil sie gute Konditionen von den Versorgern erhalten. Sie haben also gar kein Interesse an typischen Mieterstrom, bei dem im Rahmen einer sogenannten Vollversorgung auch der Netzstrom geliefert wird.
Es gibt auch noch keinen rechtlichen Rahmen dafür, wenn man in einem Multi-Tenant-Gebäude mehrere Mieter mit Mieterstrom versorgen wollte und ihnen gleichzeitig erlauben würde, zusätzlich selbst Netzstrom einzukaufen. Bei der Belieferung nur eines Einzelmieters ist dies jedoch möglich.
Wäre es denn überhaupt möglich, mehrere Mieter mit Strom aus der hauseigenen PV-Anlage zu versorgen?
Alessandro Mauri: Das ist zwar grundsätzlich möglich, bei Multi-Tenant-Gebäuden im Gewerbe aktuell jedoch eher schwierig. Denn es entsteht einiges an Zusatzaufwand und -kosten, um dies messtechnisch abzudecken. Hinzu kommt eben der Wunsch nach einer getrennten Netzstrombelieferung. Aus diesem Grund wird in der Praxis im Gewerbe häufig entweder ein Ankermieter oder der Allgemeinstrom beliefert. In jedem Fall sollte der Stromverbrauch hoch genug sein, damit sich die Investition in eine PV-Anlage lohnt.
Hoch genug? Steht das nicht im Widerspruch zum sparsamen Umgang mit Energie?
Alessandro Mauri: Das könnte man meinen. Aber wenn man Ladesäulen für E-Mobilität an den Allgemeinstrom hängt oder Wärmepumpen, dann wird der Strom sinnvoll eingesetzt.
Kann ein Eigentümer, der mehrere benachbarte Gebäude besitzt, sie alle mit einer PV-Anlage versorgen, die nur auf einer der Immobilien steht?
Alessandro Mauri: Das geht und ist sogar vorteilhaft, wenn die Gebäude „elektrotechnisch“ miteinander verbunden sind, denn damit ist der Verbrauch höher. Der Strom vom Dach eines Gebäudes kann auch komplett in ein anderes geleitet werden, in dem zum Beispiel ein Rechenzentrum sitzt.
Bei Wohngebäuden wird der Mieterstrom mittlerweile mit einem Zuschlag gefördert. Wie sieht das bei Gewerbegebäuden aus?
Alessandro Mauri: Hier gibt es noch nichts, aber es wäre ein guter Schritt, der den Mieterstrom interessanter machen würde. Mittlerweile ist bei Wohnimmobilien auch die Obergrenze von 100 Kilowatt gefallen. Wenn das auf Gewerbe ausgeweitet würde, wäre es super.
Wenn man sich eine PV-Anlage auf das Dach stellt, dann droht die gewerbesteuerliche Infizierung des Kerngeschäfts Immobilienvermietung. Welche Lösungen gibt es hier?
Alessandro Mauri: Das ist zwar immer noch eine Hürde, aber kein Dealbreaker. Man versucht, die Einnahmequellen durch Photovoltaik immer möglichst nah am Kerngeschäft zu halten und den Betrieb oder die Solarstromlieferung durch Eigentümer zu vermeiden. Ein Weg ist die Verpachtung der Dachfläche durch den Immobilieneigentümer an einen externen Betreiber.
Attraktiver ist es aber, wenn die Immobiliengesellschaft selbst in die PV-Anlage investiert und sie an einen Betreiber verpachtet, der sämtliche Pflichten und Risiken übernimmt. Dieser verkauft den Strom an den Allgemeinstrom und/oder auch an die Mieter. Der Eigentümer behält die Kontrolle über das Dach und die Assets, aber die (steuerlichen) Risiken werden vom Betreiber übernommen. Bei Fonds beispielsweise funktioniert das gut, bei REITs ist es etwas schwieriger.
Wie sieht es mit den Renditen bei einem solchen Modell aus?
Alessandro Mauri: Eine Gesamtkapitalrendite von sechs bis zehn Prozent ist realistisch, auch bis zu zwölf Prozent sind möglich. Das ist häufig höher als normale Mieteinnahmen. Die Anlage hat sich damit in acht bis zwölf Jahren amortisiert, obwohl sie 25 bis 30 Jahre betrieben werden kann.
Wie wirkt sich die Installation einer Solaranlage auf den Wert einer Immobilie aus?
Alessandro Mauri: Es gibt zwei Wege der Wertsteigerung: einen direkten und einen indirekten. Der direkte Weg ist, dass sich die Einnahmen aus dem Gebäude durch die Dach- oder Anlagenpacht erhöhen, auch wenn deren absolute Höhe natürlich geringer ist als die Mieteinnahmen. Zudem fragen Mieter immer häufiger nach Solarstrom, und wenn man ihn anbieten kann, erhöht das die Attraktivität des Gebäudes und damit die Kaltmieten.
Die indirekte Wertsteigerung ist aber fast noch relevanter. Es geht um die Steigerung der Nachhaltigkeit eines Objekts, seinen verbesserten Primärenergieverbrauch, die Erfüllung von regulatorischen Anforderungen und eine Verschiebung des Stranding-Zeitpunkts nach hinten. So können beim Verkauf bestenfalls 0,5 bis eine Jahresmiete mehr erzielt werden. Es gibt noch nicht ausreichend Studien zu diesem Effekt, aber die Tendenz ist erkennbar.
Und wie wirkt sich die PV-Anlage auf das Dach selbst aus?
Alessandro Mauri: Wir prüfen zunächst immer, ob die Installation einer Anlage ohne eine statische oder andere Ertüchtigung des Daches möglich ist. Nur dann schlagen wir die Installation überhaupt vor, um die Gesamtkosten lediglich auf die Kosten für die PV-Anlage zu beschränken. In den allermeisten Fällen funktioniert dies auch. Wir arbeiten durchdringungsfrei und mit dem vorhandenen Blitz- und Brandschutz. Das Dach muss auch nicht komplett frei sein von anderen Aufbauten. Die Module kann man gut beispielsweise um Kühlaggregate herum aufstellen.
Das Gespräch führte Roswitha Loibl.