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Christoph Rieboldt ist Head of Facility Management bei Seybold FM in Stuttgart.  (Quelle: Seybold FM)

Digitalisierung 2024-05-03T07:04:42.584Z Facility Management neu denken: KI deckt Potenziale auf

Wie Facility Management mit Hilfe von Künstlicher Intelligenz revolutioniert werden kann, erklärt Christoph Rieboldt von Seybold FM.

Ob eine ausgefallende Klimaanlage bei tropischen Außentemperaturen, kaputte Regale, eine defekte Eingangstür oder Stromausfall – Facility Manager in Filialbetrieben sehen sich täglich neuen Herausforderungen gegenüber, wobei die genannten Aspekte nur einen Teil der vielfältigen Problematik darstellen. Es sind die stetig steigenden Kosten, ein immer größer werdender Berg an gesetzlichen Anforderungen von Bund, Länder und Kommunen, der Fachkräftemangel bei Handwerksbetrieben sowie das steigende Kostenbewusstsein auf Kundenseite bei gleichbleibendem Qualitätsbewusstsein. Dazu gesellen sich aufwändige Verwaltungsprozesse wie das Prüfen von Rechnungen, Fristen und Verträgen, fehlende Transparenz für alle Parteien und ein optimierungsbedürftiger Einsatz von Dienstleistern.

Gleichzeitig muss man feststellen: Die Digitalisierung des Facility Managements steckt noch in den Kinderschuhen. Dabei könnten mithilfe von Künstlicher Intelligenz Prozesse erheblich erleichtert und Kosten gespart werden.

Klarheit schaffen

In vielen Fällen gibt es kein gläsernes System zwischen Facility Management und dem Kunden. Fällt beispielsweise die Heizung in einer Filiale aus, zieht es zahlreiche organisatorische Aufgaben mit langen Kommunikationsschleifen nach sich. Wurde das Problem bereits gemeldet? Wann ist ein Handwerker vor Ort? Gibt es eine Übergangslösung? Wie viel Kosten dürfen maximal für die Reparatur anfallen? Diese und viele weitere Fragen müssen geklärt und an den richtigen Ansprechpartner weitergegeben werden – und das beansprucht Zeit.

Darüber hinaus werden viele Entscheidungen durch individuelle Erfahrungen getroffen oder erfordern einen umfangreichen administrativen Aufwand. Im Fall eines Heizungsausfalls müsste festgestellt werden, welcher Dienstleister am schnellsten vor Ort sein könnte, ob noch Garantien für technische Geräte gelten, ob die Heizung in den Zuständigkeitsbereich von Mieter oder Vermieter fällt und welcher Handwerker letztendlich die kostengünstigste Lösung bietet.

Umso wichtiger ist ein automatisiertes Tool, auf das alle Beteiligten in Echtzeit Zugriff haben. Grundlage dafür ist, dass jegliche Dokumente, Informationen und zukünftige Post dort einlaufen. Eine KI-gestützte Software kann dann selbstständig erkennen, um was für ein Schriftstück es sich handelt und öffnet ein Ticket, das dann von einem Mitarbeitenden, dem Prozess Schritt für Schritt folgend, bearbeitet werden kann.

Da nicht jede Aufgabe umgehend gehandhabt wird, können farbliche Markierungen dabei helfen, die Übersicht zu behalten. Per Ampelsystem weiß sowohl der Facility Manager als auch der Kunde, ob eine Aufgabe bereits bearbeitet wird oder ob noch Handlungsbedarf besteht. Dadurch entfällt zusätzlich die manuelle Überwachung und viele Aufgaben können digital abgewickelt werden. Anstatt kostspielige Ressourcen für solche Routineaufgaben zu verwenden, kann der Fokus auf proaktive Verbesserungen gelegt werden.

Workflows digitalisieren und neu denken

Damit das System auch seinen Zweck erfüllen kann, ist die Pflege sowie die stetige Weiterentwicklung das A und O. Mit dem nötigen technischen Knowhow sind der Effizienz somit keine Grenzen gesetzt.

Je mehr Informationen und Daten im Tool hinterlegt werden oder bereits automatisch einfließen, desto leichter fällt es der KI, Potenziale aufzuzeigen und damit Kosten zu sparen. Dazu gehört die Identifikation langjähriger Kostentreiber wie fehlerhafte Wartungsintervalle, überhöhte Stundensätze, unpassende Leistungskataloge oder Fehlbedienungen durch Nutzer. Aber auch Variablen wie Fahrtkosten, Fachkenntnis, Zuverlässigkeit, Rückmeldequalität und Termintreue erleichtern die Suche nach dem bestmöglichen Dienstleister für eine Ausschreibung. Auf der anderen Seite kann auch der Kunde jederzeit alle Handlungsschritte nachvollziehen und sich sicher sein, dass jede Entscheidung zu seinem besten getroffen wurde, was wiederum die Customer Experience verbessert.

Auch im Falle einer Störmeldung oder beim Defekt eines technischen Gerätes ist die KI schnell zur Stelle. Fällt beispielsweise die Heizung aus, wird das der Software gemeldet, die innerhalb von Sekunden ermitteln kann, wer für die Reparatur verantwortlich ist und ob noch Garantie besteht. Im nächsten Schritt kann die KI dann auch den Dienstleister mit dem besten Preis-Leistungs-Verhältnis ermitteln und abschließend die Rechnungsprüfung übernehmen.

20 Prozent Zeitersparnis

Schließlich spielt auch der Fachkräftemangel im Facility Management eine große Rolle und vor allem die unbeliebte Rechnungsprüfung nimmt rund 20 Prozent der Zeit eines Facility Managers in Anspruch. Setzt man für diese Aufgaben KI-Systeme ein, die den angegebenen Stundensatz auf der Rechnung mit dem Angebot oder Rahmenvertrag vergleichen, spart man Zeit und Ressourcen bei gleichbleibender Qualität.

Generell gilt der Grundsatz, dass 80 Prozent der Kosten im Lebenszyklus einer Immobilie auf die Betriebskosten wie beispielsweise Energie oder die Instandhaltung entfallen. Auch wenn diese Kosten bereits maßgeblich in der Planungsphase beeinflusst werden können, gibt es erhebliche Hebel, die dem Facility Management mit Hilfe von digitalisierten Prozessen zur Verfügung stehen. Von der Steuerung des Strom- oder Gasverbrauchs, der Einhaltung der Wartungszyklen, dem Einsatz des individuell passenden Handwerkers, bis hin zu bewusstem Wasserverbrauch – wenn die Kosten der Instandhaltung nur 20 Prozent reduziert werden können, lassen sich Einsparungen in Höhe von 50 Prozent der Baukosten erzielen. Somit ist die Digitalisierung des Facility Managements eine treibende Kraft, wenn es um die Einsparung von Kosten und dem Vorantreiben einer smarten Immobilienwirtschaft geht.

Ein Beitrag von Christoph Rieboldt, Head of Facility Management bei Seybold FM in Stuttgart. 

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zuletzt editiert am 03. Mai 2024