Expo Real 2024 – Special Teil 3: Sind Sie froh, dass sich der Entwicklermarkt konsolidiert? Und welche Assetklasse ist perspektivisch im Aufwind? Diese Fragen haben wir ausgewählten Branchenakteuren gestellt.
Die Expo Real ist der Gradmesser für das immobilienwirtschaftliche Handeln der nächsten zwölf Monate. Neben Deals, Geschäftsanbahnungen und Networking ist für uns Journalisten vor allem die Stimmungslage entscheidender Faktor.
In diesem Jahr sind wir jedoch ein bisschen anders auf Stimmenfang gegangen. Wir haben – teils provokante – Thesen aufgestellt, auf die wir Marktteilnehmer gebeten haben zu antworten. Für den dritten Teil unserer Serie wollten wir von namhaften Marktteilnehmern wissen, ob sie froh sind, dass sich der Entwicklermarkt gerade konsolidiert.
Steffen Wittwer, Managing Director von Sonar Development: „Ja und Nein. Zwar wird der dadurch in den letzten Jahren überhitzte Grundstücksmarkt wieder auf den Boden der Tatsachen geholt – Stichwort Grundstückshandel ohne echte Realisierungsabsichten. Weiterhin werden die Unternehmen mit nachhaltigem und professionellem Entwickler-Know-how profitieren, gleichzeitig aber die Banken noch restriktiver in der Finanzierungspolitik.“
Martin Hantel, Geschäftsführer von Benchmark Real Estate: „Grundsätzlich ist eine Konsolidierung positiv für den Markt. Wichtig wird sein, dass die ‚richtigen‘ Marktteilnehmer aus dem Markt ausscheiden, deren Handeln Teile der aktuellen und vergangenen Krise begünstigt hat.“

Reinhold Knodel, Vorstandsvorsitzender und Inhaber der Pandion AG: „Auf keinen Fall. Die zu beobachtende Konsolidierung ist eine Folge verschlechterter Rahmenbedingungen. Wir sind aber auf eine vitale, funktionstüchtige Development-Branche angewiesen, um die Städte ausreichend mit Wohnungen versorgen zu können. Positiv für uns wirkt sich aus, dass die Grundstücksakquisition entspannter abläuft. Und auch die Märkte beleben sich etwas. Im Wohnsegment, zunehmend aber auch im Bürosegment zeigen sich Investoren wieder interessiert und sind gesprächsbereit. Das war Anfang des Jahres noch nicht der Fall. Darüber freuen wir uns natürlich. Und mehr noch darüber, dass sowohl Investoren als auch Banken allmählich erkennen, welche Angebotsengpässe den Märkten bevorstehen. Denn es werden nicht nur viel zu wenige Wohnungen neu gebaut. Auch die Neubaupipeline für Bürogebäude ist fast ausgetrocknet. Und das in einer Phase, in der Unternehmen zunehmend ESG-konforme und hochwertige Flächen in guten A-Lagen suchen, um Mitarbeiter zu binden und zu finden und die Vorgaben der EU-Taxonomie zu erfüllen.“
Pepijn Morshuis, CEO Trei Real Estate: „Froh kann man über diese Entwicklung nicht sein. Denn erstens verlieren Investoren und Unternehmen Geld und zweitens bedeutet das auch, dass viele Projekte stehenbleiben oder sich verzögern, was – angesichts des Wohnungsmangels – auch keine gute Nachricht ist. Wir beobachten diese Entwicklung eher aus einer neutralen Perspektive. Als eigenkapitalstarker Entwickler und Asset-Manager bieten sich uns vielleicht Chancen auf neue Projekte.“
Adrian Zellner, Mitglied der Geschäftsleitung bei Garbe: „Wenn Unternehmen zu hohe Risiken eingehen und der Markt dreht, sind Insolvenzen die Konsequenz und in Zeiten der Rezession fast schon als normal einzustufen. Ich bin darüber weder froh noch traurig und es spielt auch keine übergeordnete Rolle. Grundsätzlich kann man sagen, dass es schwieriger ist neue Projekt umzusetzen und gerade eine professionelle und wieder deutlich detailliertere Betrachtung einer jeden Opportunität das Gebot der Stunde ist. Die Gründe für die Konsolidierung ist die schlechte Finanzierbarkeit, Bewertungsabschläge und die allgemein stockende Nachfrage.“
David Tschörner, Geschäftsführer von Red Square: „Gegenfrage: Sind viele Insolvenzen denn schon eine Konsolidierung?“
Matthias Dötsch, Geschäftsführender Gesellschafter der Complemus Real Estate: „Der Entwicklermarkt als Ganzes steht gerade am Anfang der Konsolidierung. Die herausfordernden Zeiten sind noch nicht überstanden. Aber die letzte Senkung des Leitzinses der europäischen Zentralbank ist ein gutes Signal. Bei der Konsolidierung des Marktes sind wir bei Logistikimmobilien dem restlichen Markt ein Stück voraus. Das liegt an der an vielen Standorten vorhandenen chronischen Unterversorgung mit Logistikflächen. Daher ist nach wie vor ein gewisser Nachfragedruck vorhanden. Dennoch ist eine deutliche Zurückhaltung der Mieter weiter spürbar, auch wenn die Anmietungsaktivität sich im Vergleich zum Vorjahr langsam steigert. Aktuell schauen sich zum Beispiel Logistiker nach Untermietern für nicht genutzte Flächen um.“
„Logistikimmobilie bleibt langfristig attraktiv“
Außerdem haben wir verschiedene Branchenakteure gefragt, welche Assetklasse sie perspektivisch im Aufwind sehen.
Simon Jeschioro, Head of Capital Markets & Investment Advisory bei Cushman & Wakefield: „Retail, denn die Assetklasse ist krisenerprobt, Abwertungen von Eigentümern haben vielfach bereits über die letzten Jahre stattgefunden und Miethöhen haben sich auf einem stabilen Niveau eingependelt. Investoren können so mit einem nachhaltig erzielbaren Cashflow und einem attraktiven Risiko-Rendite-Profil planen. Genauso liefert die Assetklasse Wohnen, aufgrund zu geringer Bauaktivität bei gleichzeitig steigender Mieternachfrage, eine spannende Dynamik. Hiermit lässt sich langfristig mit steigenden und sicheren Cashflows kalkulieren.“
Frank Kindermann, Leiter Asset-Management und Mitglied Executive Board HIH Real Estate: „Momentan interessieren sich Investoren vor allem für Logistik- und Wohnimmobilien. Aber auch Büros in gutem Zustand und 1-A-Lagen sind gefragt.“

Marc Drießen, CEO Evolv Asset Management: „Das kommt auf die Perspektive an: Kurzfristig ist das Interesse an Wohnen und Logistik sicherlich stärker als an Büro und Retail. Datacenter scheinen für viele Entwickler ein spannendes Feld zu sein. Wir schauen auf das lange Ende und makroökonomische Trends und da zeichnet sich ab, dass sowohl Wohnen wie auch Logistik und Datacenter langfristigen Trends unterliegen, die diese Assetklassen unterstützen. Ergänzt um Büros in ausgewählten Lagen sind das die für uns die spannendsten Anlageklassen.“
Robert Schneider, Geschäftsführer von DeA Capital Real Estate Germany: „Die Logistikimmobilie bleibt langfristig attraktiv. Trotz der aktuell leichten Abkühlung gibt es aufgrund langfristiger struktureller Treiber nach wie vor eine gesunde Nachfrage auf der Nutzerseite. Das führt zu einem signifikanten Appetit auf der Kapitalseite, was in der Finanzierung sowie im Exit stabilisierter Produkte Vorteile mit sich bringt.“
Steffen Wittwer, Managing Director von Sonar Development: „Wir sehen neben der schon länger anhaltenden Expansionsentwicklung bei den Betreibern der Business-Hotels eine, wenn auch noch zaghaft, wachsende Nachfrage bei Investoren nach dieser Assetklasse; ebenso nach wie vor bei der Ferienhotellerie in Toplagen.“
Peter Anthuber, Vorstand und CIO der Caerus Debt Investment: „Data-Center, Logistik und Light Industrial, (Mikro-)Wohnen sind diejenigen Assetklassen, die derzeit sowohl von Nutzern wie auch von Investoren stark nachgefragt werden.“
Curth-C. Flatow, Managing Partner FAP Group: „Wohnen im Neubau und in der Transformation zu einem nachhaltigen Gebäude. Das Thema Data Center wird u.E. eine verstärkte Nachfrage erfahren, worauf insbesondere internationale Finanzierer fokussieren.“

Boris Schran, Managing Partner bei Peakside Capital: „Neben Logistik sehen wir perspektivisch vor allem Chancen im Bereich Wohnen und der Nahversorgung. Der Bereich Wohnen trägt allein schon aufgrund des akuten Mangels vor allem in den urbanen Zentren viel Potenzial in sich. Vor dem Hintergrund der gestiegenen ESG-Anforderungen betrifft das sowohl Bestands- als auch Neubauprojekte, da sowohl für Mieter als auch für Investoren die energetischen Eigenschaften immer wichtiger werden.“
Carl Jobst Junicke, Geschäftsführender Gesellschafter Junicke Gruppe: „Wir sehen mittelgroße Logistikhallen als eine aufstrebende Assetklasse. Durch die gestiegene LKW-Maut wird eine dezentralere Lagerung zunehmend attraktiv. Unseren Fokus liegt verstärkt auf den deutschen Mittelstand, auch da große Onlinehändler aktuell nicht mehr so stark wachsen wie in den letzten Jahren.“
„Ungerechtfertigt zu hoch abgestraft“
Jan Phillip Daun, Geschäftsführer Garbe: „Persönlich bin ich optimistisch für ‚Beds and Sheds‘, also für Logistikimmobilien und jegliche Art von Wohnen. Bei Logistikobjekten geht der Trend bei Neubauimmobilien hin zu voller ESG-Ausstattung mit Wärmepumpe und PV-Anlage und bei Bestandsgebäuden sind Objekte attraktiv, die mit überschaubarem Aufwand an die Nachhaltigkeitsanforderungen angepasst werden können.“

Professor Dr. Nico B. Rottke, CEO der RQI Immobilien AG: „Büroimmobilien, da sie ungerechtfertigt zu hoch abgestraft wurden. Sie sind die einzige Assetklasse, die kumuliert die Auswirkungen der Jahre 2020 bis 2023 von Einmalschocks, Langfriststrukturtrends, Wandel von Modeerscheinungen und aktueller Wirtschaftslage verkraften musste. Da diese Entwicklung mit hoher Unsicherheit, Investmentangst und Investivmaßnahmen behaftet war und ist, waren die Abschläge, oft zu hoch.“
Michael Eisenmann, Geschäftsführer Real Blue KVG: „Neben dem Thema Logistik nehmen aus unserer Sicht insbesondere auch die Sozial- und Gesundheitsimmobilien eine zunehmende Bedeutung ein. Auch hier liegen mit dem Thema Demografie, Bildung bzw. auch der Gesundheitsversorgung langfristige Treiber zugrunde, zudem sind diese im Fokus von Politik und Gesellschaft. Mit dem Thema ESG und dem dadurch gestiegenen Bedarf an nachhaltigen Kapitalanlagen kommt ein weiterer Treiber hinzu, der geraden bei Investitionen in die vorgenannten Nutzungen auch einen gesellschaftlichen Beitrag ermöglicht. Weiterhin sehen wir zwischenzeitlich das Wohnsegment als wieder im Kommen. Spannend sind weiterhin innerstädtische sich ergänzende Mischnutzungen im Hinblick auf Lösungen für ‚die Innenstädte von morgen‘.“
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