Die Teilnehmer der Unternehmerrunde Köln 2022 von immobilienmanager
Die Unternehmerrunde Köln 2022 (v.l.): Roswitha Loibl, Arne Hilbert, Klaus Küppers, Holger Kirchhof, Michael Weidtmann, Jens Hoppe, Udo Girke und Thore Marenbach (Quelle: Steffen Hauser)

Standorte & Märkte

20. July 2022 | Teilen auf:

"Erstmalig über Düsseldorfer Niveau"

Verpasste Chancen in Mülheim, ein boomender Büromarkt und steigende Wohnungspreise: Dies sind einige der Themen, über die sieben Kölner Marktexperten bei der Unternehmerrunde diskutierten.

Mit großem Elan ist man vor mehr als zehn Jahren gestartet. Und nun? Nichts geht voran auf den ehemaligen Industrieflächen in Köln-Mülheim Süd, nichts ist zu sehen von den geplanten Wohn- und Gewerbegebieten. „Wir hatten die Hoffnung, dass es endlich losgeht, aber die Chance, auch den Süden von Mülheim zu pushen, ist vorerst vertan“, bedauert Klaus Küppers, Niederlassungsleiter Köln der Pandion AG. „Wir sind derzeit die einzige große Entwicklung in Mülheim, an der gebaut wird“, sagt Holger Kirchhof, Vorstand von Osmab, die zusammen mit Art-Invest auf dem ehemaligen Güterbahnhofsgelände das Großprojekt I/D Cologne umsetzt.

Porträt Holger Kirchhof
Holger Kirchhof (Quelle: Steffen Hauser)

Kirchhof hätte sich in Mülheim Gesellschaft gewünscht. Doch die Projekte der Gerchgroup und von Consus kommen nicht voran - was im Falle von Consus mit den massiven Finanzproblemen des Unternehmens zu tun hat. Würde endlich gebaut, so bräuchten sich die Entwickler der neuen Wohnungen und Gewerbeflächen keine Sorgen um Abnehmer zu machen. Der Büromarkt in sehr guten Lagen ist weiterhin ein Vermietermarkt - auch wenn niemand in die Glaskugel blicken und sagen kann, wie der Markt sich vor dem Hintergrund von Inflation, Kostensteigerungen, Liefer- und Materialengpässen entwickeln wird. „Es macht Freude, dass nicht mehr nur die öffentliche Hand, sondern auch Unternehmen eine stärkere Nachfrage zeigen“, sagt Jens Hoppe, Geschäftsführer von BNP Paribas Real Estate. Bisher war die öffentliche Hand das Nachfrage-Schwergewicht in Köln. Das bleibt sie auch, aber nicht mehr so dominant, wie die letzten Jahre aufgrund des sehr geringen Angebotes. Zudem „sieht sie sich nach hochwertigen Flächen um, um Mitarbeiter zu halten“ und auch neue zu akquirieren, so Hoppe.

Im Gegensatz zu Düsseldorf ist der Flächennachschub im modernen Bürosegment in Köln überschaubar. „Im Düsseldorfer Central Business District sind in den nächsten Jahren mehr als 40.000 Quadratmeter Fläche projektiert. In Köln sind es rund 20.000“, sagt Arne Hilbert, Geschäftsführer von Art-Invest Real Estate. Seine Schlussfolgerung: „In der Kölner Innenstadt haben wir eine sehr stabile Situation.“

„Er möchte unbedingt nach Köln“

Porträt Michael Weidtmann
Michael Weidtmann (Quelle: Steffen Hauser)

Wenn die Rede schon auf den Städtevergleich kommt, so möchte Arne Hilbert einen weiteren Punkt festhalten: „Erstmalig liegt Köln bei der Neubaumiete über dem Düsseldorfer Niveau.“ Auf der Investorenseite zeige sich zudem, dass institutionelle Investoren in Düsseldorf eher über- und in Köln eher unterallokiert sind. „Ich würde in Düsseldorf nur in sehr wenigen ausgewählten Lagen aktuell etwas kaufen“, sagt Klaus Küppers in Bezug auf das Bürosegment. Michael Weidtmann, Geschäftsführer von Alfons & Alfreda Advisors, blickt weiter nach Osten: „Ein Berliner Eigentümer sagte mir kürzlich, dass er unbedingt auch nach Köln möchte. Denn in Köln sind die Bonitäten hoch und die Mieten niedrig. In Berlin ist es anders herum.“ Eine weitere Aufwärtsbewegung der Büromieten ist also zu erwarten, wenn sich die wirtschaftliche Situation nicht deutlich verschlechtert. Michael Weidtmann berichtet: „Bei unserem Projekt Ovum haben wir festgestellt, dass nicht der Mietpreis, sondern die Qualität das Entscheidende ist. Wir sind bei den Mieten 30 Prozent über dem gelandet, was wir kalkuliert hatten.“ Trotzdem musste Mietinteressenten abgesagt werden.

Jens Hoppe kann mit konkreten Preisen aufwarten. „Es ist ein sehr gutes Zeichen, dass wir bei kleineren Flächen am Kaiser-Wilhelm-Ring schon bei knapp 35 Euro sind.“ In zentralen Lagen werden alle guten Objekte bei Neuvermietungen mehr als 30 Euro erreichen. Im Durchschnitt liege die City über alle Objektqualitäten hinweg bei 20 Euro, bei 27 Euro in der Spitze und in Einzelfällen sogar bei 35 Euro. Bei Neubauprojekten in Mülheim und Ehrenfeld „werden wir in jedem Fall die Grenze von 20 Euro überschreiten.“ Der Cityrand sei gefragt. „Momentan muss man viel falsch machen, um nicht zu vermieten.“

Unternehmerrunde Köln 2022

  • Udo Girke, Head of Construction Management and Distribution, Swiss Life Asset Managers
  • Arne Hilbert, Geschäftsführer, Art-Invest Real Estate
  • Jens Hoppe, Geschäftsführer, BNP Paribas Real Estate
  • Holger Kirchhof, Vorstand, Osmab
  • Klaus Küppers, Niederlassungsleiter Köln, Pandion AG
  • Thore Marenbach, Geschäftsführer, Cube Land Development
  • Michael Weidtmann, Geschäftsführer, Alfons & Alfreda Advisors

Gastgeber:

BNP Paribas Real Estate, Köln

Moderation:

Roswitha Loibl, Senior Management Programm, Immobilien Manager Verlag

Eindeutiger Nachholbedarf besteht in einem Spezialsegment, das an der Schnittstelle zwischen Büro und Produktion liegt: Labore. Holger Kirchhof sieht bei den Flächen für Forschung einen „beträchtlichen Bedarf“. Im Gegensatz zu Köln - zum Beispiel auf dem Biocampus Bocklemünd - gebe es das „weder in Aachen noch in Bonn oder Düsseldorf“. Die Attraktivität kann Thore Marenbach, Geschäftsführer bei Cube Land Development, bestätigen: „Urbane Produktion treibt alle Entwickler um. Sie hat den Vorteil, Nachfrage aus sich selbst zu generieren“. Er sieht den idealen Platz dafür in gemischt genutzten Quartieren mit Wohnen und Arbeiten.

Nachholbedarf in Leverkusen

Eine Stadt vor den Toren Kölns mit hoher Produktionsaffinität ist Leverkusen, wo Cube schon etliche Projekte realisiert hat oder gerade entwickelt. Was für ansiedlungswillige Unternehmen interessant ist: „Nur drei S-Bahn-Stationen von Mülheim entfernt halbiert sich die Gewerbesteuer.“ Bei den Cube-Projekten in der Neuen Bahnstadt Opladen, einem Stadtteil Leverkusens, „ist das Mietniveau fast auf Mülheimer Niveau angekommen“, so Marenbach und fügt an: „Wir würden dort gerne noch viel mehr Büroflächen realisieren.“ Jens Hoppe sieht in der Stadt Nachholbedarf, denn „Leverkusen hat zu wenig qualitätvolles Büroangebot“.

Porträt Thore Marenbach
Thore Marenbach (Quelle: Steffen Hauser)

So richtig brummt es momentan und in der kommenden Dekade im Kölner Westen. „Auch in Ossendorf ist eine große Nachfrage entstanden, unsere Projekte sind weitgehend voll vermietet“, berichtet Holger Kirchhof. Die größten Umwälzungen finden aber in Ehrenfeld/Braunsfeld statt, wo auf einer Achse zwischen Gürtel und Militärringstraße ganze Quartiere neu entstehen oder sich grundlegend verändern.

Ob Pandion, Art-Invest, Alfons & Alfreda oder Swiss Life, sie alle sind entlang der Widdersdorfer Straße und darüber hinaus aktiv. Auch weitere Unternehmen haben in Entwicklungsgrundstücke oder bestehende Immobilien investiert wie DIC Asset und die israelische Shlomo-Group im Technologiepark sowie ABG Real Estate mit dem Campus M auf der gut 14.000 Quadratmeter großen Fläche eines ehemaligen Opel-Autohauses, der aus fünf Gebäuden mit Büros, Handel, Gastronomie, Kultur und einer Kita bestehen soll.  Nehmen sie sich da nicht gegenseitig die Butter vom Brot? „Ganz im Gegenteil, wir befruchten uns gegenseitig“, sagt Michael Weidtmann. Durch die Mischung von Büro, Wohnen und Kultur kommt mehr Urbanität in diese Gegend, die früher stark von Gewerbe und Produktion geprägt war.

450.000 Quadratmeter neue Flächen im Westen

Auf mehr als 450.000 Quadratmeter neue Flächen im gewerblichen Bereich kommt Michael Weidtmann. Mit Blick auf die Gesuche im Markt zeigt er sich optimistisch: Allein die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben werde im Teilmarkt in den nächsten Jahren im oberen fünfstelligen Quadratmeter-Bereich Flächen abnehmen können. Dazu komme die Stadt als Nachfragerin, die neue Bildungseinrichtungen auf dieser Achse schaffen wolle.

Porträt Klaus Küppers
Klaus Küppers (Quelle: Steffen Hauser)

„Mittelfristig betrachtet werden wir eine dynamische Entwicklung wie in Mülheim erleben“, wo Beos mit dem Carlswerk-Gelände der First Mover war, sagt Klaus Küppers. Ehrenfeld/Braunsfeld sei „kein Schnelldreher. Die Umsetzungen werden über zehn bis 15 Jahre laufen“, unterstreicht er. Arne Hilbert gibt zu bedenken: „Nur wenn es ein Flächenangebot gibt, kann es Zuzüge von Unternehmen geben. Wir müssen die Angebotspipeline am Laufen halten.“ Damit spielt er auf den Umzug des Renault-Deutschlandsitzes von Brühl in das ID/Cologne in Mülheim an. Hier habe sich Köln gegen Städte wie Berlin durchgesetzt. Gibt es einen Trend aus dem Umland in die Kernstadt? Udo Girke, Head of Construction Management and Distribution bei Swiss Life Asset Managers, bejaht das: „In Zeiten des Fachkräftemangels sind Städte einfach attraktiver für Unternehmen.“

Momentan läuft im Gebiet Ehrenfeld/Braunsfeld ein sogenannter „Zielbildprozess“ als Grundlage für die nächsten städtebaulichen Schritte. „Die Stadt organisiert das hochprofessionell“, lobt Klaus Küppers. In die öffentliche Kritik an der Bau- und Planungsbehörde möchte die Runde nicht einstimmen. „Wir haben in den vergangenen Jahren neun Developments erfolgreich in Zusammenarbeit mit der Stadtverwaltung umgesetzt und sehen keinen gravierenden Unterschied in den Genehmigungsprozessen im Vergleich zu den anderen Top-Sieben-Städten“, sagt Arne Hilbert. „Wir hadern wie alle, aber wenn es Verzögerungen gibt, liegt es nicht nur an der Stadt“, betont Udo Girke.

„Ich habe vor einigen Wochen um 00:02 Uhr nachts eine Mail von einer Sachbearbeiterin im Stadtplanungsamt erhalten“, berichtet Thore Marenbach, um zu illustrieren, dass es äußerst engagierte Mitarbeitende gibt. In Leverkusen allerdings gehe manches schneller: „Wir konnten innerhalb von 14 Monaten den Bebauungsplan für ein Urbanes Gebiet aufstellen. In Köln dagegen sind die Kapazitäten begrenzt, und wir sind gezwungen auf den Start eines Verfahrens mehrere Monate zu warten.“ Das liegt offenbar an der internen Rollenverteilung zwischen Politik und Verwaltung.

Porträt Jens Hoppe
Jens Hoppe (Quelle: Steffen Hauser)

Nicht klar ausgesprochen, aber faktisch existent ist die städtische Linie bei der Umwandlung von Gewerbe- in Wohnflächen. „Wir spüren ein sehr klares Commitment zum Gewerbe“, sagt Thore Marenbach, der dies grundsätzlich für richtig hält. Es sollte aber kleinteilig betrachtet werden, wo was funktioniert. „Wir haben ein Projekt in der Longericher Straße, wo reines Gewerbe aus unserer Sicht nicht sinnvoll ist. Aber es wird um jeden Quadratmeter Gewerbefläche hart gekämpft.“

Swiss Life Asset Managers wandelt gerade zwei Areale um, wie Udo Girke berichtet: „Beim früheren Sitz der Zürich-Versicherung bot sich Wohnen an, weil es eine gewachsene Wohnlage ist.“ Bei den ehemaligen Siemens-Büros in Ehrenfeld, die Wohnungen weichen, bedauert er, dass der Bebauungsplan länger dauere „als wir uns das wünschen“.

Wohnbau-Grundstücke im Erbbaurecht

Porträt Arne Hilbert
Arne Hilbert (Quelle: Steffen Hauser)

Ihre eigenen Wohnbau-Grundstücke vergibt die Stadt immer häufiger im Erbbaurecht. Das Instrument sei „nicht neu, damit kann man wunderbar umgehen, es ist eine smarte Idee“, meint Arne Hilbert, der allerdings darauf hinweist, dass die Rahmenbedingungen auch frühzeitig festgelegt werden müssten. Zudem stellt er fest: „Es hilft aber nichts, wenn Erbbaurechte nicht investmentfähig sind.“ Klaus Küppers sieht es als einen möglichen Baustein, um die Wohnungspreise in den Griff zu bekommen - aber es dürfe nicht „nach und nach überreguliert werden“. Das sieht auch Holger Kirchhof so: „Man weiß nicht so richtig, für welche Grundstücke es gilt.“

Unterdessen werden die Wohnungspreise weiter steigen. „Der Bedarf ist da“, sagt Klaus Küppers, der darauf hinweist, dass die Preise in Düsseldorf höher seien, „obwohl die Nachfrage und Kaufkraft in Köln nicht unbedingt geringer sind“. Die Steigerung werde sich aber verlangsamen. Udo Girke erwartet Veränderungen der Grundrisse: „Sie werden kompakter, sodass eine gut geschnittene Drei-Zimmer-Wohnung nicht mehr 85, sondern 75 Quadratmeter hat.“ In guten Lagen seien die Kölner weiterhin bereit, viel zu bezahlen. „Signifikanten Bedarf“ sieht Thore Marenbach beim kleinteiligen Wohnen.

Porträt Udo Girke
Udo Girke (Quelle: Steffen Hauser)

Ein Gebiet, auf das die Branche große Hoffnungen setzt, ist der Deutzer Hafen. „Ich bin ein absoluter Fan davon, wir werden dort aktiv“, auch wenn die Umsetzung komplex sei, sagt Klaus Küppers. Jens Hoppe findet die 50:50-Mischung von Wohnen und Gewerbe „eine sehr vernünftige Quote“ - „das Konzept ist klasse“. Auch die Parkstadt Süd „ist ein absolutes Vorzeigeprojekt“, findet Klaus Küppers. Thore Marenbach bedauert aber das mangelnde Tempo und vergleicht die Parkstadt mit der Neuen Bahnstadt Opladen: „Vor 15 Jahren war es eine große Bahnausbesserungsanlage, heute ist fast alles fertig. In Köln dagegen hat man acht Jahre allein für ersten Bebauungsplan gebraucht.“ Das Expertengespräch endet dennoch fast euphorisch mit Arne Hilberts Resümee: „Mit all den anstehenden Projekten hat Köln das deutschlandweit einmalige Potenzial, sich in der Kernstadt  nochmals komplett neu zu erfinden.“

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zuletzt editiert am 20.07.2022