Der Diskurs über Diversität in der Arbeitswelt wird zunehmend polarisiert, stellen Dr. Pamela Hoerr MRICS, ICG-Vorstandsmitglied sowie Leiterin der ICG Women on Boards-Initiative, und Karin Barthelmes-Wehr, ICG-Geschäftsführerin, fest.

Was in den USA mit der Abwertung von Diversity-Programmen durch konservative politische Stimmen begann, ist zunehmend auch in Europa spürbar. Unternehmen, die bislang als Diversity-Vorreiter galten, ziehen sich zurück. Diversity-Programme werden stillgelegt, Budgets gekürzt. Werteorientierte Unternehmenspolitik verliert nach außen hin immer mehr an Sichtbarkeit.
Häufig lautet das Argument, man müsse sich in der aktuellen Krisenlage auf das Wesentliche konzentrieren und international wettbewerbsfähig bleiben. Doch was bedeutet das für die Zukunftsfähigkeit von Unternehmen – und damit für ihre Fähigkeit, in einer komplexen, sich wandelnden Welt mit Unsicherheit umzugehen?
Diverse Teams sind erfolgreicher
Vielfalt ist Zukunftskompetenz, denn diverse Teams sind kreativer, treffen fundiertere Entscheidungen und sind wirtschaftlich erfolgreicher. Sie spiegeln die Realität einer vielfältigen Kundschaft und bringen Perspektiven ein, die blinde Flecken aufdecken. Gerade in Aufsichtsgremien und Führungspositionen ist das entscheidend – dort, wo die strategischen Weichen gestellt werden.
Aber es gibt noch einen weiteren Aspekt, der das Thema Diversity auf die Agenda aller Unternehmen der Immobilienwirtschaft bringen sollte: Der „War for Talents“. In einer Zeit, in der Fach- und Führungskräfte knapp sind, Unternehmen sich neu aufstellen und gleichzeitig immer komplexeren Anforderungen begegnen müssen, ist klar: Wer Potenziale ungenutzt lässt, verspielt Zukunft. Hinzu kommt, dass Maßnahmen zur Förderung der Diversität der gesamten Belegschaft zugute kommen und so die Attraktivität als Arbeitgeber stärken. Auch vor diesem Hintergrund ist es kritisch zu sehen, dass einige Unternehmen aktuell ihre Diversity-Strategien zurückfahren.
Erwartungen der jungen Generationen
Die Hälfte der Bevölkerung stellt auch die Hälfte des Talentpools. Trotzdem sind Frauen oder auch Menschen mit Migrationshintergrund oder aus anderen marginalisierten Gruppen in Führungsetagen und Aufsichtsräten noch immer deutlich unterrepräsentiert. Die Generationen Y und Z haben hier klare Erwartungen an Unternehmen: Diversität, Chancengerechtigkeit und echte Entwicklungsmöglichkeiten stehen ganz oben auf der Liste. Sie suchen nach Unternehmen, die Haltung zeigen und sich an Werten orientieren. Wer dies nicht liefern kann, verliert – an Anziehungskraft, an Innovationskraft, an Zukunftsfähigkeit. Bunte Bilder auf Karriereseiten reichen nicht aus. Es braucht sichtbare Vorbilder, glaubwürdige Programme und den spürbaren Willen zur echten Veränderung.
Vielfalt ist also kein Risiko, sondern eine Ressource. Und Frauenförderung ist keine Sonderaufgabe, sondern integraler Bestandteil moderner Talentstrategien. Mit dem Mentoring-Programm „Diversity on Boards“ setzt das Institut für Corporate Governance in der deutschen Immobilienwirtschaft (ICG) seit Jahren genau hier an: Nachwuchstalente mit diversen Hintergründen werden von erfahrenen (weiblichen und männlichen!) Führungspersönlichkeiten der Immobilienwirtschaft gezielt gefördert, vernetzt und auf ihre Rolle in Entscheidungsgremien vorbereitet. Die Resonanz ist beeindruckend – von Seiten der Mentees, aber auch von den Unternehmen, die davon profitieren.
Die neue Mentoring-Runde von „Diversity on Boards“ startet mit einem klaren Signal: Es gibt viele Frauen, die führen können und wollen. Jetzt liegt es an uns allen, ihnen die Räume zu öffnen.