Bezahlbares Bauen ist die Grundlage für stabile Immobilienpreise. Peter Burnickl erklärt in seinem Expertenbeitrag, wie Sie kosteneffizient bauen.
Seit einiger Zeit macht sich unter Bauherren und Bauträgern große Unsicherheit breit: Schließlich steigen die Baupreise immer weiter. Wie das Statistische Bundesamt berichtet, ergibt sich allein von August 2023 bis November 2023 eine Erhöhung der Baupreise um 0,4 Prozent. Auch die Preise für Rohbauarbeiten ergaben im November 2023 eine Erhöhung um 1,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Hinzu kommen erhöhte Bauzinsen, neue Umweltauflagen, Rohstoffknappheit und der Fachkräftemangel, was die Kosten für Bauvorhaben weiter in die Höhe zu treiben droht – eine Verbesserung der Situation ist bislang allerdings nicht in Sicht. Die gestiegenen Anforderungen an Qualitäts- und Umweltstandards beim Bauen sowie durch EU-Taxonomie, ESG und Gebäudezertifizierung (DGNB, LEED, BREEAM), kommen erschwerend hinzu– so etwas kostet den Bauherrn natürlich extra. Um auch weiterhin bauen zu können, wird es damit immer wichtiger, Kosten zu sparen und möglichst effizient zu bauen.
An den Material- und Arbeitskosten lässt sich nicht viel ändern. An der Koordination des Vorhabens und seiner Durchführung, als auch an der teilweise sinnvollen Abweichungen von Normen, insbesondere im Hinblick auf die quantitativen Anforderungen (wie zum Beispiel DIN 18015), der jetzt durch den Gebäudetyp E immer mehr in den Vordergrund rückt, aber sehr wohl. Einsparpotenziale sind somit durchaus vorhanden. Ziel der Projektentwickler, Bauträger und Bestandshalter muss es dabei sein, Bauprojekte ökonomisch tragfähig und gleichzeitig umweltfreundlich zu gestalten, um sowohl bezahlbaren Wohnraum als auch bezahlbare Gewerbeobjekte zu realisieren. Wie das gelingt, erfahren Sie im Folgenden.
Ein perfekter Sturm für das Bauwesen?
Preissteigerungen und eine stagnierende Nachfrage, aber auch ständig verändernde Auflagen und hohe Unsicherheiten bei Fördermitteln sind unter den treibenden Faktoren der aktuellen Entwicklung im Bauwesen. So tritt 2024 die Neufassung des Gebäudeenergiegesetzes (GEG) in Kraft, die in vielen Bereichen strengere Anforderungen an die Energieeffizienz von Gebäuden stellt, während sich die KfW aufgrund häufiger Unstimmigkeiten und plötzlicher Stopps von heute auf morgen nicht mehr als zuverlässiger Partner erweist. Insbesondere für größere Bauträger und Projektentwickler, die Projekte durch teils komplexe Konstrukte finanzieren, wird das Bauen dadurch deutlich erschwert: Die Kalkulationssicherheit nimmt ab und es bleibt kaum noch Spielraum für notwendige Puffer.
Die Folge ist, dass immer weniger neu gebaut und stattdessen immer mehr saniert wird, damit Bestandsimmobilien den neuen Anforderungen gerecht werden. Zum Beispiel ist die Zahl der Aufstockungen und Nachverdichtungen im Vergleich zum Vorjahr massiv gestiegen. Darüber hinaus rücken bei sämtlichen Bauprojekten kosten- und effizienzorientierte Überlegungen stärker denn je in den Mittelpunkt: Standards müssen eingehalten werden, während Kosten und Bauzeit nach Möglichkeit reduziert werden sollen, damit Projekte nicht nur umweltfreundlich ablaufen, sondern auch wirtschaftlich tragbar bleiben.
Effektivität und etwas Mut sind dringend erforderlich
Um diese Ziele zu erreichen, ist unter Bauträgern zwangsläufig ein Umdenken erforderlich. Anders als in der Vergangenheit dürfen Bauprojekte nicht mehr als Selbstläufer betrachtet werden, sondern müssen gesteuert, besser geplant und optimiert werden, um maximale Effizienz und Nachhaltigkeit zu gewährleisten. Eine besondere Rolle spielt dabei die sogenannte integrierte Planung, kurz IPA – eine Methode, bei der Architekten, Ingenieure und idealerweise alle anderen am Projekt beteiligten Baufirmen dieses in enger Zusammenarbeit planen. Diese Methode gewinnt zunehmend an Beliebtheit und Bekanntheit. Im weiteren Verlauf des Vorhabens lohnt es sich zudem, LEAN-Methoden in die Steuerung des Projekts zu integrieren.
Diese Anpassungen am Ablauf reduzieren die Reibung zwischen einzelnen Disziplinen bereits enorm und ermöglichen es so, Verschwendungen bei Material und Arbeitszeit zu minimieren. Sie sorgen somit dafür, dass vermeidbare Verzögerungen und die damit verbundenen Kosten großteils verhindert werden.
Bauen neu denken, um Zeit und Geld zu sparen
Weiteres Einsparpotenzial besteht bei der Art und Weise, wie gebaut wird – modulares Bauen und serielles Sanieren sind hier die wichtigsten Stichwörter. Werden Bauelemente vorgefertigt und vor Ort zusammengesetzt, lässt sich der Bauprozess deutlich beschleunigen, sodass zusätzliche Kosten vermieden werden. Es ist jedoch wichtig, sorgfältige Kalkulationen anzustellen, da die Gesamtkosten derzeit oft nicht wesentlich von herkömmlichen Bautechniken abweichen. Dennoch bieten Faktoren wie Kalkulationssicherheit und verkürzte Bauzeiten klare Vorteile. Insbesondere die Möglichkeit, schneller vermieten zu können, ist dabei von erheblicher Relevanz. Bei Sanierungsarbeiten hingegen lassen sich viele der Abläufe und Methoden standardisieren, sodass nach einem einheitlichen Verfahren eine große Zahl an Objekten den geltenden Standards angeglichen werden kann.
Darüber hinaus sollten Bauprojekte an Bestandsobjekten so realisiert werden, dass sie die laufende Nutzung möglichst wenig beeinträchtigen. Gerade bei Aufstockungen an Wohnimmobilien stellt dies oftmals eine Herausforderung dar, die nur mit innovativen Lösungen zu überwinden ist. Dennoch ist es möglich, eine Aufstockung bei laufendem Betrieb in kürzester Zeit und mit nur minimalen Störungen für die Mieter durchzuführen, wenn diese sachgerecht geplant und vorbereitet wird.
Trotz steigender Kosten günstig bauen
Sicher ist eines: Die Baubranche kann es sich angesichts von Fachkräftemangel, vielen schwer kalkulierbaren Problemen und neuen Regelungen nicht mehr leisten, Verschwendung in Kauf zu nehmen, die bislang größtenteils als selbstverständlich akzeptiert wurde. Bauprojekte müssen heutzutage so realisiert werden, dass sie sowohl für die Umwelt als auch für den Geldbeutel verträglich bleiben.
Glücklicherweise ist dies für die meisten Bauherren kein völliges Neuland: Die Mittel und Werkzeuge für effizientere Bauabläufe existieren bereits und sind vielen Bauherren bekannt – sie müssen jedoch in wesentlich größerem Maße genutzt werden als bisher üblich.
Ein Beitrag von Dr. Peter Burnickl, Gründer und Geschäftsführer der Pro Bauherr GmbH.