Moderne Wohngebäude am Flussufer mit klarer Architektur und blauen Himmel im Hintergrund.
Neues Nutzungskonzept am Havelufer: Projektentwickler setzen auf hybride Quartiere wie das „Spandauer Ufer“. (Quelle: FAY Projects)

Standorte & Märkte 2025-05-28T13:10:33.855Z Berliner Büromarkt im Wandel: Nutzer fordern, Entwickler reagieren

Trotz hoher Investitionen bleibt der Berliner Bürovermietungsmarkt unter Druck – Entwickler setzen zunehmend auf flexible Mischnutzungskonzepte.

Mietersuche und Mieterbindung sind aktuell die zentralen Herausforderungen der am Berliner Gewerbeimmobilienmarkt tätigen Akteure. Das bestätigten die Teilnehmer einer vom Beratungsunternehmen Rueckerconsult organisierten Pressekonferenz: Ulf Buhlemann, Geschäftsführer & Head of Capital Markets bei Colliers in Berlin, Martin Schubert, Head of Letting Management Berlin und Prokurist bei HIH Real Estate, und Manuel Oltersdorf, Prokurist bei Fay Projects.

Investoren setzen weiter auf Büro

Der Berliner Gewerbeimmobilienmarkt steht vor einer doppelten Herausforderung: Während Investoren verstärkt in Büroimmobilien investieren, bleibt die Vermietungsseite unter Druck. Laut Colliers lag das Transaktionsvolumen im ersten Quartal 2025 bei rund 853 Millionen Euro – ein Plus von 84 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Allein der Verkauf des „Upper West“ machte dabei rund 400 Millionen Euro aus. „Büro ist mit dem stärksten Quartal seit 2022 wieder klarer Spitzenreiter unter den Nutzungsarten“, so Ulf Buhlemann. Die Spitzenrendite blieb stabil bei 4,90 Prozent, mit leichten Abschlägen außerhalb zentraler Lagen.

Schwacher Jahresstart für den Bürovermietungsmarkt 

Auf der Vermietungsseite zeigt sich ein anderes Bild. Mit 120.300 Quadratmetern war der Flächenumsatz im ersten Quartal so niedrig wie seit fünf Jahren nicht. Die Leerstandsquote stieg auf 7,7 Prozent, ein Anstieg um 1,4 Prozentpunkte im Vergleich zum Vorjahr. Auffällig ist die Spreizung zwischen Spitzen- und Durchschnittsmiete: Während erstere auf 47,50 Euro/m² anstieg, sank die Durchschnittsmiete auf 27,70 Euro/m².

Buhlemann erklärt dieses Phänomen mit einer sehr hohen Nutzernachfrage nach zentral gelegenen Flächen in Neubauten oder neubaugleich sanierten Gebäuden. „Es gibt allerdings nur ein stark limitiertes Angebot, das diese Kriterien erfüllt.“ Anker des Berliner Flächenumsatzes blieben unverändert die Öffentliche Hand mit einem Marktanteil von 24 Prozent, die ITK-Branche mit 14 Prozent Marktanteil und Beratungsunternehmen mit zehn Prozent Marktanteil.

Bestandshalter setzen auf Mieterbindung

Auch Vermietungsmanager spüren die veränderten Rahmenbedingungen. „Anders als vor fünf Jahren ist es angesichts der aktuellen Marktsituation kein Selbstläufer mehr, Büroflächen in Berlin zu vermieten“, sagt Martin Schubert. Die HIH Real Estate verwaltet in der Hauptstadt rund 250.000 Quadratmeter Mietfläche mit rund 622 Mietern und einem Leerstand von sechs Prozent. Die Flächennachfrage sei rückläufig, Neuvermietungen gestalteten sich zunehmend komplex. Standort, Zuschnitt, Ausstattung und ESG-Faktoren würden stärker in den Fokus rücken – Anforderungen, die in Neubauten leichter umzusetzen seien als im Bestand.

Schubert betont zudem die wachsende Bedeutung der Mieterpflege: „Es ist entscheidend, eine gute Beziehung zu seinen Mietern aufzubauen und nicht erst kurz vor einer anstehenden Mietvertragsverlängerung den Kontakt zu suchen. Nur so ist es uns möglich, frühzeitig zu antizipieren, ob ein Unternehmen plant, seine Flächen zu vergrößern, beizubehalten oder zu verkleinern, ob technische Modernisierungen anstehen und gegebenenfalls eine Neuaufteilung von Flächen erforderlich ist."

Unternehmen reagieren auf die hybride Arbeitswelt

Viele Unternehmen versuchen aktuell ihre Mitarbeiter zu motivieren, wieder häufiger aus dem Homeoffice ins Büro zurückzukehren. Das Credo laute nach Schubert aktuell ‚Das Büro muss schöner sein als das Homeoffice‘: „Unternehmen versuchen die Attraktivität ihrer Büroflächen zu steigern, indem sie einerseits die Ausstattung der Arbeitsplätze verbessern, zum Beispiel durch höhenverstellbare Schreibtische oder zwei Bildschirme, und andererseits, indem sie mehr soziale und Community-Flächen für den Austausch schaffen. Es gibt auch immer wieder Wünsche wie Ruhezonen mit Massage-Sessel oder Gaming-Bereiche mit PlayStations oder ein Barista auf der Dachterrasse.“

Projektentwicklungen setzen auf Mischnutzung

Sinkende Flächennachfrage und steigende Nutzeransprüche verändern auch die Entwicklungspraxis. Rein auf Büro fokussierte Neubauten werden seltener – stattdessen dominieren gemischte Konzepte. Ein aktuelles Beispiel ist das Projekt „Spandauer Ufer“ von Fay Projects und Merz Objektbau. Mit rund 72.000 Quadratmetern Bruttogeschossfläche entsteht ein gemischt genutztes Quartier mit Büro-, Hotel-, Wohn- und Praxisflächen sowie öffentlichen Freiräumen. Zudem ist ein Hörsaal mit bis zu 600 Plätzen geplant.

Bei Planung und Technik orientiert sich das Vorhaben an der EU-Taxonomie. "Die Stromerzeugung wird aus erneuerbaren Primärenergiequellen erfolgen. Zudem haben wir ein Heiz- und Kühlungskonzept entwickelt, das weitestgehend ohne fossile Brennstoffe auskommt“, erklärt Manuel Oltersdorf, Prokurist bei Fay Projects. Der Baustart ist spätestens für das erste Quartal 2026 vorgesehen. Der Vermietungsstand liegt bei über 50 Prozent.

Fazit: Der Berliner Gewerbeimmobilienmarkt zeichnet ein zweigeteiltes Bild. Das Investoreninteresse – insbesondere an Büroimmobilien – ist hoch. Der Bürovermietungsmarkt auf der anderen Seite schwächelt, da die spezifische Nachfrage nach modernen Flächen in Top-Lagen auf ein stark begrenztes Angebot trifft. Dies hat zur Folge, dass Entwickler abseits der CBD-Lagen vermehrt auf Mischnutzungen setzen.

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zuletzt editiert am 28. Mai 2025