imFokus-Gipfeltreffen: Wie schaffen wir die Klimawende? Welche Mittel setzen wir schon heute um? Und wie sieht eine nachhaltige Zukunft aus? Von Thorsten Schnug
Sommer, Sonne, Nachhaltigkeit: Am 5. Juli kamen rund 80 Entscheiderinnen und Entscheider der Immobilienwirtschaft am Kölner Flughafen Butzweilerhof zusammen. Nicht etwa, um sich gemeinsam in den nächsten Urlaubsflieger zu setzen – das „Luftkreuz des Westens“ wird bereits seit 1980 nicht mehr betrieben – sondern um in der historischen Empfangshalle über das zukunftsweisende Thema ESG zu diskutieren. Rund 500 Zuschauerinnen und Zuschauer verfolgten die zahlreichen Vorträge und anschließenden Diskussionen im Livestream und nahmen an den Umfragen und Trenddiskussionen Teil.

Nach einer Begrüßung durch das Moderations-Duo Roswitha Loibl und André Eberhard von immobilienmanager machte Arnaud Cipierre, Director Infrastructure Projects bei Siemens Smart Infrastructure, den Anfang des imFokus-Gipfeltreffens. Er stellte Lösungsansätze vor, wie wir das Net-Zero-Rennen noch gewinnen können. Mit Rüdiger Hornung, Geschäftsführer von Wüest Partner Deutschland, betrat der zweite Redner die Bühne. „Wollen wir überhaupt CO2-neutral werden?“, stellte er zunächst die Frage in den Raum. Bei all den hochmotorisierten Sportwagen und dem Steak-Restaurant, das er auf dem Weg zur Event-Location an der Kölner Motorworld passierte, müsse man diese gesellschaftliche Frage erst einmal klären. Inhaltlich zeigte er anschließend auf, dass zur Erreichung der ESG-Ziele ein radikales Umdenken erforderlich sei und lieferte einen zukunftsweisenden Bewertungsansatz. Pia Maria Goossens, Real Estate Digitalization Evangelist bei Buildingminds, bezog sich mit dem Impuls „Datenmission Apollo 13“ auf den wichtigen Schlüsselfaktor Digitalisierung und erklärte, was wir schon heute mit Daten bewegen können. Ihr Appell: „Datenbasiert CO2-Ausstoß senken!“
"Zeit, dass wir endlich handeln"
Die anschließende Umfrage vor der Mittagspause richtete sich direkt an alle Zuschauerinnen und Zuschauer: Was passiert, wenn die Energiepreise wieder sinken? Wird der Elan beim Energiesparen wieder abnehmen? „Ja!“ – waren sich 51 Prozent der Zuschauer sicher. 30 Prozent gingen davon aus, dass die Preise nicht wieder sinken werden, 14 Prozent stimmten für „Teilweise“ und nur fünf Prozent wählten optimistisch die Antwort „Nein“.

An der mittäglichen Panel-Diskussion mit dem Titel „Die Technik ist der Trumpf“ stellten sich drei Experten den Fragen von Moderatorin Roswitha Loibl: Uwe Großmann, Geschäftsführer Meteoviva, Jannik Bounin, Geschäftsführer Voltaro Energy, und Alexander Ubach-Utermöhl, Head of Strategic Business Development von Techem, der digital dazugeschaltet war. Die Quintessenz der Runde lieferte Großmann: „Es ist Zeit, dass wir endlich handeln.“ Aber wie kann man den Energieverbrauch schnell senken, wollte Roswitha Loibl wissen. Dabei helfen niedrig investive Maßnahmen wie smarte Thermostate im ganzen Haus, aber auch komplexere Systeme wie ein vorausschauender Gebäudebetrieb, der auf einer Künstlichen Intelligenz basiert. Die Potenziale von Gebäuden als Energiespeicher und Energieerzeuger seien auch noch nicht ausreichend gehoben, lautete ein weiterer Aspekt. Für die Optimierung des Gebäudebetriebs gebe es – zumindest im Wohnbereich – noch nicht genug Spezialisierung, lautete eine These. Darin stecken Chancen für neue Geschäftsmodelle nach dem Prinzip „as a service“. Das Investor-Nutzer-Dilemma ließe sich durch solche Dienstleister auch teilweise lösen, denn deren Arbeit sei auf die Miete umlegbar.
"Transformieren, transformieren, transformieren"
Der folgende Impuls kam von einem Experten in Sachen Bestandsimmobilien: Stephan Winn, Geschäftsführer Apoprojekt. Er veranschaulichte unter anderem, wie wichtig eine echte Zusammenarbeit nach dem Design & Build-Prinzip ist, um auch in Sachen ESG die gesteckten Ziele zu erreichen. Er plädierte für Vertrauen in die Dienstleister und andere Vertragspartner und zeigte auf, dass auch eine Krisenzeit eine Gründerzeit sein könne.

In der anschließenden Umfrage wollten wir wissen, was die Teilnehmer von der Aufteilung des CO2-Preises ab 2023 zwischen Mietern und Vermietern halten, die sich nach dem energetischen Zustand des Wohngebäudes richtet. „Top Idee!“ – „Richtig so!“ – „Generell sinnvoller als 50/50 Regelung“, lauteten die Antworten einhellig. Oder ausführlicher: „Das wäre ein Anreiz für Immobilieneigentümer im Bestand und beim Neubau, unbedingt in Energieeinsparungen zu investieren und den Bestand zu optimieren. Das würde etwas bewirken und die Motivation erhöhen.“
Als „Speerspitze der Finanzierer“ kündigte André Eberhard den nächsten Referenten an: Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp. Er zeigte auf, wie Banken als Schrittmacher für die ESG-Transformation fungieren werden. Sie sind diejenigen, die durch ihre Konditionen ESG-Maßnahmen incentivieren. Die Immobilienbranche müsse sich darauf einstellen, dass die Banken auch mehr Daten von ihr einfordern werden. „Ich kann Sie nur ermuntern: Transformieren, Transformieren, transformieren“, so sein Schlusswort.
"ESG is a scam"
Dr. Martin C. Wolff ist Leiter des Internationalen Clausewitz-Zentrum an der Führungsakademie der Bundeswehr, Lehrbeauftragter an der Humboldt-Universiät Berlin, Philosoph und Autor. Komplexe Organisationen wie die deutschen Kirchen tun sich schwer mit Digitalisierungsprojekten, so seine Erfahrung aus der Praxis. Daraus leitete er Empfehlungen ab, wie die Arbeit mit Daten dennoch zum erwünschten Ziel geführt werden kann: Nicht kapitulieren in Diskussionen mit Datenschützern – das spare später viel Aufwand. Man solle vor allem unterscheiden zwischen Datenschützern und Datenschutz. Während er Datenschutz für äußerst wichtig hält, ist er bei manchen Datenschützern nicht von deren Fortüne überzeugt. Durchhalten, war seine Devise. Jeder noch so kleine erfolgreiche Schritt beim Thema Datenschutz, exponenzieren den langfristigen Erfolg.
Dass das Thema ESG sich längst vom Trend zur Notwendigkeit gewandelt hat, zeigte Johanna Hofmann, Rechtsanwältin für Immobilienrecht und Partnerin bei Ebner & Stolz. Sie startete in ihren Beitrag mit einem provozierenden Zitat von Elon Musk: „ESG is a scam. It has been weaponized by phony social justice warriors.“ Anschließend behandelte Hofmann ausführlich die Frage: Wie bewältigen wir die Herausforderung, dass vergleichbare Standards geschaffen und definiert werden müssen?

Für den letzten Programmpunkt nahm ICG-Vorstandsvorsitzende Susanne Eickermann-Riepe neben André Eberhard auf der Bühne Platz. Für die Panel-Diskussion zum Thema Impact Investing wurden Sebastian Renn, International Key Account Manager bei Drooms, und Fritz Stoessel, Managing Director von Sector Seven Investors, zugeschaltet. Sie machten deutlich, dass ESG eben nicht nur Nachhaltigkeit bedeutet, sondern, dass auch „S“ eine richtige und wichtige Rolle einnimmt. An die Politik appellierten die Panelisten: Regulatorik und Bürokratie abbauen. Eickermann-Riepe macht aber wenig Hoffnung, dass der politische Druck geringer werden könnte. Eher das Gegenteil werde der Fall sein. „Alle wollen unbedingt. Aber irgendwo ist Sand im Getriebe“, resümierte Eberhard die Inhalte des Tages. Susanne Eickermann-Riepe hielt fest: „Wir brauchen noch viel mehr politische Impulse.“ Und: „Wir werden unsere Beine in die Hand nehmen müssen, um ein bisschen schneller zu laufen.“
Am Ende des Tages wurde deutlich: Nachhaltigkeit & ESG hängt in vielen Punkten direkt mit Digitalisierung zusammen. Nicht durch Zufall ist dies das Thema unseres ersten imFokus-Gipfeltreffens des Jahres 2023 am 24. Januar. Seien Sie dabei!