Visualisierung eines Wohngebäudes
In Deutschland und Europa steigen die Nachfrage nach Wohnraum und die Mietpreise. Gleichzeitig gibt es immer weniger Wohn-Neubauten wie etwa das Canvas Living in Hamburg im Bild. (Quelle: Moka Studio)

Standorte & Märkte 2023-11-09T12:57:51.337Z Wohnen: Mieten in Deutschland und Europa steigen weiter

Catella und Empira sehen kein Ende beim Mietanstieg und der hohen Nachfrage am deutschen und den europäischen Wohnungsmärkten.

Im zweiten Quartal 2023 wurden 33,2 Prozent weniger Wohnungen in neu zu errichteten Wohngebäuden genehmigt als noch im Vorjahresquartal, stellt die Empira Group in ihrem vierteljährlichen Forschungsbericht fest. Die Zahl der genehmigten Wohnungen in Gebäuden mit drei oder mehr Wohneinheiten sank um mehr als 28 Prozent. Das von der Bundesregierung ausgelobte Ziel 400.000 Wohnungen in 2022 neu zu schaffen, wurde mit 258.764 Einheiten deutlich verfehlt.  Die Investmentvolumen in Wohnportfolios der ersten drei Quartale 2023 betragen nur ca. 3,9 Milliarden Euro, was der niedrigste Wert seit 2010 ist und deutlich hinter den 10,2 Milliarden Euro aus 2022 liegt. 

Die Nettokaltmieten in Deutschland steigen über alle Top-7 Standorte hinweg und entwickeln sich auch in der gesamten Bundesrepublik positiv. Die Kaufpreise hingegen sind in den Top-7-Standorten gesunken oder stagniert. Nur Köln und Hamburg verzeichnen steigende Kaufpreise. Diese grundsätzlich sinkende Tendenz gilt für die Kaufpreise im gesamten Bundesgebiet. Damit einher gehen negative Wertberichtigungen für die große Mehrheit von Liegenschaften. Der Häuserpreisindex ist im zweiten Quartal 2023 um 9,9 Prozent gegenüber dem Vorjahr zurückgegangen. Der Rückgang für Bestandsbauten um circa 10,7 Prozent war dabei signifikant stärker als für Neubauten, wo die Preise um etwa 4,8 Prozent sanken. Dies ist der stärkste Rückgang dieses Indikators jemals, betont Empira.

Catella sieht die deutsche Entwicklung in einer einer aktuellen Analyse von 63 Wohnungsmärkten in 20 europäischen Ländern ähnlich in ganz Europa gespiegelt: Die Wohnungsmieten steigen deutlich an, während sich der Rückgang bei den Preisen für Eigentumswohnungen fortsetzt. Trotz sinkender Preise und teils kräftiger Lohnerhöhungen hat sich die Leistbarkeit von Wohneigentum verschlechtert. Grund dafür ist die gestiegene Zinsbelastung bei der Immobilienfinanzierung in Folge der Anhebung des Leitzinses durch die EZB. Professor Dr. Thomas Beyerle, Head of Research der Catella Group, kommentiert: „Die Zeitenwende am europäischen Wohnungsmarkt setzt sich fort. Steigende Renditen machen Wohninvestitionen in europäischen Städten wieder attraktiver, jedoch wird ein Anziehen der Baudynamik nach wie vor vom hohen Zinsniveau sowie den gestiegenen Baukosten und Nachhaltigkeitsanforderungen ausgebremst. Insgesamt ist die Schaffung bezahlbarer Wohnungen unter diesen Voraussetzungen kaum mehr möglich. Angesichts der hohen Nachfrage nach Wohnraum und der geringeren Leistbarkeit von Wohneigentum wird dies zu einem weiteren Mietenwachstum führen.“ Dr. Lars Vandrei, Senior Research Manager, ergänzt: „Die Preisfindungsphase für Wohnimmobilien in den europäischen Städten ist vermutlich noch nicht beendet, vielmehr befinden wir uns in einer Phase der Neubewertung. Die fundamentalen Rahmendaten für Wohnimmobilien - hoher Bedarf und Nachfrage - sind weiter positiv, wir gehen aber davon aus, dass die Spitzenrenditen vielerorts noch leicht steigen werden.“

Die Ergebnisse im Einzelnen:

  • Die Mieten sind in fast allen 63 untersuchten europäischen Städten zum Teil deutlich gestiegen. Die durchschnittliche Wohnungsmiete (alle Baujahre) liegt im dritten Quartal 2023 bei 18,16 Euro pro Quadratmeter und Monat und damit rund fünf Prozent höher als noch im ersten Quartal 2023.
  • In Irland, Litauen und Polen sind die Mieten innerhalb eines Jahres jeweils um mehr als zehn Prozent gestiegen.
  • Die niedrigste Miete wird im belgischen Lüttich mit zehn Euro pro Quadratmeter aufgerufen, gefolgt von Graz in Österreich mit durchschnittlich 10,50 Euro pro Quadratmeter.
  • Mit einer Durchschnittsmiete von 34,00 Euro pro Quadratmeter bleibt London die teuerste europäische Stadt. Die britische Hauptstadt liegt damit vor dem schweizerischen Genf, das mit 32,00 Euro pro Quadratmeter den zweiten Platz belegt, und Luxemburg sowie Paris, die sich den dritten Rang mit 30,50 Euro pro Quadratmeter teilen.
  • Die Kaufpreise für Eigentumswohnungen haben sich zwischen dem dirtten Quartal 2022 und dem dritten Quartal 2023 sehr unterschiedlich entwickelt, sowohl auf Landes- als auch auf Stadtebene. Die Spanne reicht von knapp minus 10,0 Prozent in Deutschland bis hin zu einem Plus von 9,0 Prozent in Litauen. Im EU-Schnitt ist ein leichter Anstieg um 0,6 Prozent zu konstatieren.
  • Der durchschnittliche Kaufpreis für eine Eigentumswohnung in den untersuchten Städten (alle Baujahre) im dritten Quartal 2023 beträgt 5.268 Euro pro Quadratmeter. Die Spanne reicht von 1.730 Euro pro Quadratmeter in Lahti (Finnland) bis 15.650 Euro pro Quadratmeter in Genf (Schweiz).
  • Die Spitzenrenditen für Mehrfamilienhäuser befinden sich weiter auf Wachstumskurs. Im europäischen Mittel lagen sie im dritten Quartal 2023 bei 4,35 Prozent und damit 38 Basispunkte über dem Wert aus dem ersten Quartal 2023.
  • In Stockholm wird mit 1,90 Prozent die niedrigste Rendite aller europäischen Wohnungsmärkte erzielt (plus 15 Basispunkte zum ersten Quartal 2023), gefolgt von Zürich und Genf mit jeweils 2,20 Prozent (Zürich: plus 20 Basispunkte zum ersten Quartal 2023; Genf: plus zehn Basispunkte).
  • Die höchsten Spitzenrenditen bieten Vilnius mit 5,85 Prozent (plus 35 Basispunkte zum ersten Quartal 2023) und Riga mit 5,60 Prozent (plus 20 Basispunkte zum ersten Quartal 2023).
  • Es wird für alle untersuchten Städte mit Ausnahme von Breslau, Krakau und Warschau mit einem weiteren Anstieg der Renditen gerechnet.
  • Die Leistbarkeit von Wohneigentum hat sich trotz gestiegener Löhne und sinkender Preise verschlechtert, da sich die Zinsbelastung bei der Immobilienfinanzierung im Zuge der Anhebung des Leitzinses durch die EZB deutlich erhöht hat.
zuletzt editiert am 09. November 2023