Ulrich Höller über Tempo, Vertrauen und die Zukunft des Immobilienmarkts. Von André Eberhard
Der 20. Journalistenabend mit Ulrich Höller hatte nicht nur Jubiläumscharakter, sondern auch programmatische Tiefe. Im traditionsreichen Palais am Rossmarkt, das 1903 errichtet wurde und einst die Deutsche Bank als Mieter beherbergte, diskutierte der geschäftsführende Gesellschafter der ABG Real Estate Group mit Branchenjournalist:innen über die aktuelle Lage und künftige Perspektiven des Immobilienmarkts. Es war ein Abend mit klaren Worten, strategischen Impulsen und einem Ort mit Symbolkraft.
Das Palais, ein geschichtsträchtiges Objekt im Herzen Frankfurts, wird von der ABG ab 2026 zu einem Büroobjekt umgebaut, bei dem, außer der Außenhaut, nichts mehr übrig bleibt. Mit einem 1.700 Quadratmeter Dachgarten, größtenteils öffentlich zugänglich, wird nach der Revitalisierung Frankfurts größtes Dachgrün entstehen. Es zeigt beispielhaft, wie bestehende Stadtimmobilien nachhaltig transformiert und gleichzeitig sozialräumlich aufgewertet werden können. Diese Projektentwicklung spiegelt nicht nur die gestalterische Handschrift der ABG wider, sondern auch das Selbstverständnis Höllers als Impulsgeber für innovative Stadträume.
Strategie: Stabilität durch Portfolioausgleich
Die strategische Ausrichtung der ABG unterstreicht die Reaktion auf sich verändernde Marktbedingungen. Während der Büromarkt volatil bleibt – mit einem Leerstandszuwachs bei gleichzeitig steigenden Spitzenmieten (über 55 Euro/qm in Frankfurt) –, rückt Wohnen verstärkt in den Fokus. Der Wohnanteil im Portfolio der ABG soll von bislang 20 Prozent auf 25 Prozent erhöht werden. Dennoch bleibt Büro ein zentraler Bestandteil des Geschäftsmodells. Neubau wird derzeit kritisch gesehen – Investoren setzen zunehmend auf Bestandsimmobilien mit laufendem Cashflow.
„Aus einem Oldtimer machen Sie kein neues Auto“, so Höller pointiert zur Limitierung energetischer Aufwertung im Altbestand.
Marktbeobachtung: Positive Signale
Nach einem schwierigen Vorjahr verzeichnet der Transaktionsmarkt im ersten Quartal 2025 mit rund 9 Mrd. Euro erste Erholungstendenzen. Besonders bemerkenswert: Internationales Kapital kehrt zurück – auch getrieben durch geopolitische Verschiebungen. Die USA, so Höller, verlören durch politische Unsicherheiten an Attraktivität, was Europa zugutekommt. Private Equity und Family Offices zeigen sich wieder aktiver, die Gesprächsbereitschaft unter Investoren nimmt zu. Dennoch bleibt die Marktlage polarisiert.
Politik: Erfrischende Worte, entscheidende Tests stehen aus
In Bezug auf die Bundespolitik herrschte ein vorsichtig-positiver Ton. Die Regierung vermittele aktuell den Eindruck, die Herausforderungen erkannt zu haben. Erste Impulse wie die Erhöhung der degressiven Afa und die geplante Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren seien wichtige Signale. Doch Höller mahnt zur Geduld: „Der Lackmustest steht noch aus.“ Klar sei: Tempo, Verlässlichkeit und Struktur müssten zur neuen DNA der politischen Flankierung werden.
Gleichzeitig forderte er konkrete Entlastungen, etwa beim Thema Bauvorschriften und Lärmschutzverordnung (TA Lärm), um Genehmigungsprozesse praxistauglich zu machen.
Perspektive: 2025 wird zum Jahr der Marktberuhigung
Höllers mittelfristiger Ausblick fällt vorsichtig optimistisch aus: 2025 markiere das Jahr der Marktberuhigung, 2026 eine erste Erholung, und 2027 könne eine weitgehende Normalisierung eintreten. Die Projektpipeline der ABG ist mit 3,5 Milliarden Euro solide gefüllt, das Unternehmen bleibt investiv – mit Augenmaß. ESG-Themen werden erfüllt, aber ohne Überhöhung: Nachhaltigkeit ja, grüne Inszenierung nein.
