Porträt Stephan Winn
Stephan Winn, Geschäftsführer Apoprojekt GmbH (Quelle: Apoprojekt / Lars Jacobsen)

Projekte 16. September 2022 Transparenz schaffen, Komplexität reduzieren

Es ist keine leichte Übung, bei einem Revitalisierungsprojekt Termine und Kosten im Griff zu behalten. Wie es funktionieren kann, erläutert Stephan Winn, Geschäftsführer von Apoprojekt.

Welche Maßnahmen haben für Sie oberste Priorität bei der Revitalisierung von Bestandsimmobilien?

Stephan Winn: An erster Stelle stehen immer die Strategieziele und Bedürfnisse unserer Kunden. Daran orientieren sich auch unsere Prioritäten, die projektindividuell angepasst werden müssen. Eine unsere gesamte Branche verbindende Triebfeder sind die Ziele der EU-Taxonomie.  Fokussieren wir uns an dieser Stelle ausschließlich auf den Aspekt der CO²-Reduktion im Betrieb einer Immobilie, so ist die Planung eines intelligenten Klimakonzeptes wichtigstes Fundament für weitere Maßnahmen – egal von welcher Projektgröße wir sprechen. Bei einem Großprojekt, in dem wir die Chance haben, ein gesamtes Objekt inklusive der Gebäudetechnik zu revitalisieren, erreichen wir die Ziele natürlich schneller als bei einem Multi-Tenant-Objekt, in dem wir erst durch die Summe einzelner Mieterausbauten echte „ESG-Mehrwerte“ generieren.

Welches Vorgehen ist bei einem Objekt sinnvoll, wenn man nicht alle Arbeiten auf einen Schlag erledigen kann?

Stephan Winn: Es gilt, zunächst einen Maßnahmenplan festzulegen, der auf die projektindividuell zugeschnittene Dekarbonisierungsstrategie einzahlt.  So sollten sich die budgetorientierten Maßnahmen über die nächsten 15 bis 25 Jahre strecken. Vor allem die Mieterausbauten in einem Multi-Tenant-Objekt sollten als wichtige Einzelmaßnahme verstanden werden.   

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Welche Vorarbeiten sind nötig?

Stephan Winn: Ganz wesentlich ist es, durch eine professionelle Grundlagenermittlung und Bestandsaufnahme Transparenz zu schaffen. Das gilt für versteckte Mängel in der Gebäudesubstanz ebenso wie für die Objektdokumentation und Daten – soweit überhaupt vorhanden. Aufgrund der in Deutschland noch häufig gelebten Praxis der Trennung von Planen und Bauen wird in der Planungsphase häufig zu wenig Wert auf die Bestandsaufnahme gelegt, obwohl sie für die erfolgreiche Projektumsetzung fundamental ist.  

Die Komplexität ist hoch – sowohl technisch als auch bei der Koordination und Steuerung, weil es so viele Beteiligte gibt. Wie beherrscht man das?

Stephan Winn: ESG-Anforderungen generieren heute sogar zusätzliche Projektkomplexität. Daher steht für uns umso mehr im Fokus, Komplexität zu reduzieren. Das funktioniert immer dann, wenn das richtige Team mit den richtigen Kompetenzen zum richtigen Zeitpunkt zusammengebracht wird. Es geht um den Design-and-Build-Ansatz, die frühe Einbindung von Beratungs-, Planungs- und Umsetzungskompetenz. Das bedeutet anfangs zwar Mehraufwand, zahlt sich am Ende aber aus. Die Kunst ist, die professionelle Zusammenarbeit und Kollaboration innerhalb des Teams sicherzustellen. Aus 20 Jahren Erfahrung eines verantwortlichen Projektleiters müssen wir 200 Jahre Erfahrung durch intelligente Einbindung aller Teammitglieder machen. Lean Management ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.

Das Gespräch führte Roswitha Loibl.

zuletzt editiert am 20.09.2022