Ein großes Logistikzentrum mit mehreren LKWs, die an einer Lagerhalle andocken. Die Umgebung ist weitläufig und grün.
Bulwiengesa hat gemeinsam mit Bremer, Garbe und Savills die Ergebnisse der neuen Kurzstudie „Logistik und Immobilien 2024“ veröffentlicht. (Quelle: iStockphoto)

Standorte & Märkte 2024-10-22T09:00:20.883Z „Unsere Arbeit hat sich enorm verändert“

Flächenknappheit, kaum spekulativer Neubau, stagnierende Mieten – Bulwiengesa untersucht in einer aktuellen Studie den Markt für Logistikimmobilien.

Die schwächelnde Konjunktur sorgt dafür, dass viele Logistikunternehmen größere Ausgaben und damit auch mögliche Anmietungen oder Käufe verschieben. Das spiegelt sich in der mancherorts rückläufigen Nachfrage nach Logistikimmobilien wider: Wo das Flächenangebot nach wie vor sehr knapp ist, gibt es keinen Leerstand. Dagegen sind in einigen regionalen Märkten Überkapazitäten zu verzeichnen, da dort in den letzten Jahren sehr viel gebaut wurde.

Dass es sich um eine rein regionale Gemengelage handelt, belegen die weitgehend stabilen Fertigungszahlen: So deutet derzeit alles darauf hin, dass 2024 mehr als fünf Millionen Quadratmeter Logistikfläche fertiggestellt werden (2023: 4,8 Mio. qm) und sich das Fertigstellungsvolumen auch im kommenden Jahr auf diesem hohen Niveau einpendeln dürfte.

Trotz Unsicherheiten im Markt setzen Projektentwickler, Investoren und Finanzierer weiterhin großes Vertrauen in die Assetklasse, die sich im Vergleich mit anderen Immobiliensegmenten in wirtschaftlich unsicheren Zeiten als widerstandsfähig erwiesen hat. Dennoch ist die Zurückhaltung der Investoren auch im Segment der Logistikimmobilien spürbar. Das Investmentvolumen von 2,7 Milliarden Euro für Industrie- und Logistikimmobilien des ersten Halbjahres 2024 deutet erneut auf ein vergleichsweise schwaches Investmentjahr hin, wenngleich Logistikimmobilien im ersten Halbjahr unter allen gewerblichen Assetklassen das höchste Volumen auf sich vereinigen konnten.

Das sind die wichtigsten Ergebnisse der neuen Kurzstudie „Logistik und Immobilien 2024“, die Bulwiengesa zum zehnten Mal in Folge in Partnerschaft mit Bremer, Garbe Industrial Real Estate und Savills veröffentlicht hat. Für die Untersuchung wurden die Daten von mehr als 3.000 im Bau befindlichen und geplanten Logistikobjekten sowie Bestandsobjekten ausgewertet.

„Nach Jahren des Wachstums in der Logistikbranche erleben wir jetzt eine Konsolidierungsphase, die sich auf dem hohen Niveau von 2019 einpendeln wird. Ausreißerzahlen wie in den Jahren 2020/2021 werden wir aber vorerst nicht mehr sehen“, fasst Felix Werner, Bereichsleiter Industrie- und Logistikimmobilien bei Bulwiengesa, zusammen.

Flächenbedarf wird sukzessive steigen

Tobias Kassner, Mitglied der Geschäftsleitung und Research-Chef bei Garbe Industrial Real Estate, geht von einem „natürlichen Limit“ im jährlichen Fertigstellungsbereich von Logistikflächen aus, sieht aber in den kommenden Jahren durchaus zusätzlichen Flächenbedarf durch neue Marktteilnehmer. Kassner: „E-Commerce wird wieder stärker wachsen und die Nachfrage nach Logistikflächen anfeuern. Mit Picnic etabliert sich beispielsweise zurzeit ein neuer Online-Supermarkt, zu dessen Hauptinvestoren inzwischen sogar Edeka gehört.“

Aber auch Sondereffekte werden laut Kurzstudie zum Flächenwachstum beitragen: Etwa die Diskussion in der Automobilindustrie um Benziner versus Elektrofahrzeuge. „Da niemand sagen kann, wohin die Reise künftig gehen wird, müssen die Autobauer Flächen für beide Varianten vorhalten“, so Kassner.

Peripherie versus etablierte Lagen

Entsprechende Flächen zu finden ist und bleibt eine der großen Herausforderungen der Logistikbranche, wie auch die jüngsten Untersuchungsergebnisse zeigen: Erstmals rückt die Region Halle/Leipzig im Ranking auf Platz drei vor – mit dem in diesem Jahr höchsten Fertigstellungsvolumen in Höhe von 418.000 Quadratmetern. Im Gegensatz zur Region Rhein-Ruhr, wo hauptsächlich Brownfield-Flächen projektiert wurden, konnten im Raum Halle/Leipzig auch noch zahlreiche „grüne Wiesen“ überbaut werden.

Rhein-Ruhr und Berlin rangieren langfristig betrachtet weiterhin auf den beiden vorderen Plätzen, während Regionen wie Hamburg, Rhein-Main/Frankfurt oder auch Köln sukzessive ihre Platzierungen verlieren. „Die Ergebnisse spiegeln das Problem der Flächenknappheit deutlich wider“, sagt Bertrand Ehm, Director Industrial Investment beim Studienpartner Savills. „Im Ranking rücken die Regionen nach oben, die überhaupt noch Flächen zur Verfügung haben.“

Generell schauen auch Finanzierer wieder genauer auf die Lage potenzieller Standorte: Zwischen 2019 und 2023 wurden rund 27 Prozent aller Investments außerhalb etablierter Logistikregionen getätigt. Aktuell liegt die Zahl nur noch bei 18 Prozent. „Das entspricht der allgemeinen Beobachtung, dass die Lage eines potenziellen Objekts aus Sicht der Finanzierer wieder an Bedeutung gewinnt“, so Felix Werner von Bulwiengesa.

Automatisierung verändert das Bauen

Die Dauerbrenner unter den künftig zu bewältigenden Aufgaben bleiben neben der Standortfrage nachhaltiges Bauen, ESG-Anforderungen, Automatisierung, Robotisierung und KI sowie Arbeitskräftemangel, sagt Studienpartner Michael Dufhues, Vorstand bei Bremer SE: „Unsere Arbeit hat sich enorm verändert. Früher gab es einen relativ festen Standard, nach dem gebaut wurde. Heutzutage müssen jede Menge Regularien und technische Innovationen berücksichtigt werden. Damit gibt es auch immer weniger standardisierte Gebäude.“

Die höheren Anforderungen an die Gebäudequalität, das individualisierte Innen- und Außenleben der Immobilien sowie die fortschreitende Automatisierung verteuern nicht nur das Bauen, sondern erfordern auch vollkommen neue Planungen. Dufhues: „Inzwischen entwickeln wir die Gebäude immer häufiger um die Maschinen herum.“

Bestandsimmobilien ertüchtigen

Spekulativ wird zurzeit kaum noch gebaut. Das rückt auch den Bestand mehr in den Vordergrund. Zwar können ältere Hallen, die technisch und logistisch nicht mehr auf dem neuesten Stand sind, im Regelfall nur mit deutlichem Abschlag zur Spitzenmiete vermietet werden. Andererseits macht es aus Sicht der Branchenkenner aber auch keinen Sinn, alle älteren Objekte durch neue zu ersetzen, weil jeder Neubau enorme Mengen an CO2 produziert.

Den Lebenszyklus einer Immobilie zu verlängern und sie energetisch fit zu machen, ist daher eine Aufgabe, die Entwickler in den kommenden Jahren beschäftigen wird, ist Bertrand Ehm sicher: „Die Ertüchtigung einer älteren Logistikimmobilie ist eine hochkomplexe Sache. Das beginnt schon mit der Frage, ob das Dach des Objekts überhaupt PV-tragfähig ist.“

Baukosten stagnieren

Positive Signale für die Projektentwickler von Logistikimmobilien sind bezüglich der Baukosten zu vernehmen. Nach Jahren mit stetigem Anstieg der Baukosten, teilweise im zweistelligen Prozentbereich per anno, stagnieren diese seit 2023 oder gehen sogar leicht zurück. Aufgrund gestiegener Anforderungen macht dies die Errichtung einer Logistikimmobilie zwar nicht günstiger, dennoch erhöht es den Spielraum für Projektentwickler und treibt sicherlich auch die nach wie vor stabilen Fertigstellungszahlen.

Mietpreise in Seitwärtsbewegung

Die Spitzenmieten sind in den vergangenen Jahren kontinuierlich gestiegen. Nach Einschätzung der Studienpartner werden die Mieten im laufenden Jahr weitestgehend auf dem aktuellen Niveau verbleiben. Mögliche Ausnahmen: Aufgrund von Überkapazitäten könnte es in Bremen, Halle/Leipzig und Berlin zu leichten Mietpreissenkungen kommen. Im Gegenzug sind Hamburg und auch Köln potenzielle Kandidaten für leicht steigende Mieten. Denn dort sind freie Flächen Mangelware. Langfristig wird auch flächendeckend mit einem weiteren Anstieg der Mieten gerechnet.

Panattoni bleibt vorn

Panattoni, Garbe und VGP bleiben in der Langzeitbetrachtung seit 2018 die stärksten Akteure unter den Projektentwicklern. Mit fast zwei Millionen fertiggestellten Quadratmetern seit 2019 führt Panattoni das Ranking weiterhin an. Durch das Fertigstellungsvolumen von 477.000 Quadratmetern in diesem Jahr schließt Garbe aber auf und kommt insgesamt auf 1,7 Millionen Quadratmeter. Auch für die Jahre 2024/25 führt Panattoni das Ranking mit insgesamt 1,33 Millionen Quadratmetern Fläche an, die entweder im Bau oder in konkreter Planung sind.

Für Überraschung im Ranking sorgt der Versicherer Swiss Life, der noch nicht lange im Logistikimmobiliensegment aktiv ist, aber zurzeit mit 386.000 Quadratmetern das dritthöchste Flächenvolumen in Planung hat. Das inhabergeführte Unternehmen Bauwo kommt als nicht-institutioneller Entwickler aktuell auf 312.000 Quadratmeter, die im Bau oder Planung sind.

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zuletzt editiert am 22. Oktober 2024