Eine neue Studie von GdW und InWIS warnt vor sozialen Kipppunkten in vielen Quartieren – und fordert eine bessere politische Steuerung.
Eine neue Studie des GdW-Spitzenverbandes und des InWIS-Instituts zeigt: In zahlreichen Wohnquartieren in Deutschland häufen sich soziale Belastungen – darunter Armut, Migration, Wohnungsmangel und demografischer Wandel. Die Autoren fordern umfassende politische Maßnahmen, um den gesellschaftlichen Zusammenhalt vor Ort zu sichern.
Laut Studie „Überforderte Quartiere. Engagement – Auswege – Lösungen“ sind derzeit 227 Stadtteile im Programm „Sozialer Zusammenhalt“ förderfähig. Doch mindestens 345 weitere Wohnquartiere weisen ebenfalls kritische soziale Indikatoren auf – ohne jegliche Unterstützung. In vielen Fällen geht der soziale Rückzug mit einem Rückgang von Infrastruktur, Bildungszugang und Einzelhandel einher. Betroffen sind häufig Großsiedlungen mit überdurchschnittlich hohem Anteil an Transferleistungsempfängern sowie eine wachsende Zahl älterer Menschen.
„Diese Quartiere sind geprägt von einer Kumulation sozialer Probleme – von Kinder- und Altersarmut über Bildungsmisere bis hin zu Migration und Einsamkeit“, sagt Studienautor Prof. Dr. Torsten Bölting vom InWIS-Institut. Die Wohnungswirtschaft allein könne diese Entwicklung nicht auffangen.
Forderung nach neuen Steuerungsmodellen
Auch der GdW sieht dringenden politischen Handlungsbedarf. „Unsere Wohnungsunternehmen sind so etwas wie seismographische Frühwarnsysteme“, so Verbandspräsident Axel Gedaschko. „Was sie heute melden, ist beunruhigend: Die Spannungen in den Quartieren nehmen zu, die Bereitschaft zur Integration nimmt ab. Viele Kommunen sind längst an der Belastungsgrenze.“
Der GdW schlägt deshalb konkrete Maßnahmen vor: Eine zentrale Kompetenzstelle „Zusammenleben im Quartier“ auf Bundesebene, mehr Mittel für Quartiersarbeit sowie die Flexibilisierung von Förderrichtlinien. Nur so könne sozialer Zusammenhalt langfristig gesichert werden.
Wohnungswirtschaft als zentraler Akteur vor Ort
Die Studie betont die Rolle der Wohnungsunternehmen als Anker in vielen Quartieren. Durch ihre Nähe zur Bewohnerschaft könnten sie einen wichtigen Beitrag zur sozialen Stabilisierung leisten – sofern sie stärker in Steuerung und Förderung eingebunden werden.
Gleichzeitig wird eine bessere ressortübergreifende Zusammenarbeit angemahnt: Kommunen, Wohnungswirtschaft, Pflegekassen, Wohlfahrtsverbände und zivilgesellschaftliche Organisationen müssten gemeinsam an Lösungen arbeiten. Ziel sei es, aus überforderten Quartieren wieder stabile Nachbarschaften zu entwickeln – mit funktionierender Infrastruktur, sozialer Teilhabe und Vertrauen in staatliches Handeln.
Die vollständige Studie finden Sie hier zum kostenfreien Download .
