Liquiditätsprobleme lösen, Notverkäufe vermeiden: Die Fondsbörse Deutschland handelt unter der Marke Private Markets Anteile an Spezialfonds. Von Markus Gotzi
Die Nachrichten von den Immobilienmärkten könnten positiver sein. Die hohen Zinsen bleiben nach der jüngsten EZB-Entscheidung unangetastet, und die angespannte Lage der US-amerikanischen Märkte ist längst auf Europa und Deutschland herübergeschwappt. Die Entwicklung hält die Fachleute in der Europäischen Zentralbank (EZB) schon seit einem Jahr in Atem. Bereits im April 2023 fürchtete sie in ihrem Report Auswirkungen auf die Stabilität des gesamten Finanzsystems.
BaFin-Chef Mark Branson stößt ins gleiche Horn. Ale er kürzlich die Risiken aufzählte, die die Integrität der Finanzmärkte in Deutschland am meisten gefährden, nannte er auch die offenen Immobilienfonds. Geben Anleger verstärkt ihre Anteile zurück, kann das die Fonds in eine Notlage bringen, falls sie Immobilien mit Verlust verkaufen müssten, um die nötige Liquidität zu schaffen. Notverkäufe würden den Druck auf die Immobilienmärkte weiter erhöhen und damit die Stabilität des Finanzsystems bedrohen. Doch es gibt Alternativen zur Kündigung der Fonds – auch für institutionelle Investoren. Die Fondsbörse Deutschland als Marktplatz für Anteile an Publikumsfonds hat ihr Geschäftsmodell ausgeweitet und vermittelt nun unter der Marke „Private Markets“ auch den Handel von Spezialfonds für institutionelle Investoren. Seit dem Startschuss auf der Expo Real im vergangenen Jahr haben sich zahlreiche potenzielle Käufer dort registriert.
Die Sorge der EZB-Fachleute vor einer Negativ-Spirale ist nicht unbegründet. Die Liquiditätskrise bei den offenen Immobilienfonds ist zwar schon rund 15 Jahre her, aber noch nicht vergessen. Im Zuge der Immobilienkrise konnten die Fonds ihre verkaufswilligen Anleger nicht mehr auszahlen und wurden verpflichtet, zu schließen und ihre Portfolios unter Zeitdruck zu liquidieren. Die angeordneten Fire-Sales gelangen nur mit teilweise gewaltigen Einbußen. Die Verluste der insgesamt 17 offenen Immobilienfonds summierte sich auf 8,3 Milliarden Euro und betrugen bis zu 67 Prozent des jeweiligen Fondsvermögens. Und das zu Zeiten damals steigender Immobilienpreise.
Derzeit präsentieren sich die Märkte in einer weitaus kritischeren Verfassung. Krieg und Krise, Inflation und steigende Zinsen und die Nachwirkungen der Corona-Pandemie lassen die Preise für Gewerbeimmobilien bröckeln. Stichwort Homeoffice: Bei den Bürogebäuden dürften sich ausschließlich ESG-fähige Objekte in guten Lagen am Markt behaupten. Immobilien der zweiten Klasse oder schwächer laufen Gefahr, stranded Assets zu werden. Auf den Märkten der Einzelhandelsimmobilien hat Corona die Krise nur verschärft - an Einkaufszentren und High-Street-Lagen findet kaum jemand Interesse. Die Preise für Wohnungen sinken ebenfalls. Wer hier zu teuer eingekauft hat, muss sich Gedanken über sein Investment machen.
Langes Warten auf das Geld lässt sich vermeiden
Was viele institutionelle Investoren jedoch oft nicht wissen: Kündigen sie ihre Anteile an offenen Spezialfonds, würden sie lange auf ihr Geld warten, wenn die Fonds ihre Assets verkaufen müssen, um die Anleger auszuzahlen. Und was sie letztlich für ihre Anteile bekommen, ist fraglich. „Verkaufen die Institutionellen Anleger ihre Anteile an der Börse, bekommen sie den Erlös schon nach wenigen Wochen und zwar den Wert, den sie selbst ausgehandelt haben“, sagt Alex Gadeberg, Vorstand der Fondsbörse Deutschland Beteiligungsmakler AG.
„Wir handeln an unserer Zweitmarktbörse in Hamburg seit mehr als 20 Jahren Anteile an Publikumsfonds mit Immobilien, Infrastruktur, Schiffen und Private Equity. So schaffen wir Liquidität bei den Verkäufern und sorgen für ein Angebot an Finanzanlagen mit Historie bei den neuen Investoren. Ende 2023 haben wir den Handel auf offene und geschlossene Spezialfonds für professionelle und semiprofessionelle Anleger ausgeweitet“, berichtet Gadeberg.
Handelsplatz kann Probleme zahlreicher institutionellen Investoren lösen
Für die Asset-Manager ist der Handel ebenfalls ein gewaltiger Vorteil, denn so können sie Fire-Sales vermeiden. Und auch die Service-Kapitalverwaltungsgesellschaften begrüßen die Alternative zur Kündigung. Denn sollten die Asset-Manager nicht in der Lage sein, ihre Immobilien innerhalb bestimmter Fristen zu veräußern, müsste die Verwahrstelle die Verwaltung übernehmen – was niemand möchte. Und nicht zuletzt beruhigt der Anteilshandel auch die verbleibenden Fondszeichner, denn der Wechsel der Anleger ändert nichts an der Rentabilität des Fonds. Davon profitieren auch die neuen Investoren, die zum aktuellen Niveau in Fonds mit nachgewiesener Performance einsteigen können.
„Wir haben im vergangenen Jahr mit vielen Asset-Managern und Service-KVGs gesprochen. Auch wenn sie zunächst skeptisch waren, hat fast jeder schließlich doch eingeräumt, dass ein Handelsplatz nötig ist und die Probleme zahlreicher institutionellen Investoren lösen kann“, berichtet Gadeberg. In Kooperation mit der Service KVG Hansainvest hat die Fondsbörse daher Standards und Verträge erarbeitet, um den Handel zu strukturieren, zu beschleunigen und zu vereinfachen. „Noch ist vielen potenziellen Verkäufern gar nicht bewusst, dass es die Möglichkeit gibt, Anteile vorzeitig zu verkaufen. Sobald sich das ändert, werden Angebot und Nachfrage steigen, ist sich Gadeberg sicher: „Ähnlich war die Entwicklung seinerzeit beim Handel von Publikumsfonds.“
Wobei sich die Märkte für Publikumsfonds und Spezialfonds grundlegend voneinander unterscheiden. Beim Handel von Publikumsfonds ist vor allem Transparenz gefragt. Die Verkäufer wollen wissen, zu welchen Kursen andere Anleger ihre Anteile verkauft haben. Darum veröffentlicht die Fondsbörse die Handelspreise nach jeder Transaktion. „Das werden wir bei den Spezialfonds niemals machen“, versichert Gadeberg. Hier müsse Diskretion gewahrt werden. Jeder Investor muss sich registrieren und wird in einem persönlichen Interview als potenzieller Kunde überprüft. Interessiert er sich für ein konkretes Angebot, erhält er zunächst nur einen Teaser mit Eckdaten, die keine Identifikation des Fonds ermöglichen. Bestätigt er seine ernsthafte Kaufabsicht, bekommt er Zugang zu einem Datenraum, ähnlich wie bei einer direkten Transaktion. Dort können beide Handelspartner den Preis für die jeweiligen Anteile individuell aushandeln – moderiert durch die Fondsbörse.
In Zeiten weltweiter Marktturbulenzen und Änderungen in der Vermögensbewertung haben die gebrauchten Fonds erheblich an Bedeutung gewonnen. Im Vergleich zum internationalen Markt für Secondaries steht der Handel mit Anteilen an offenen und geschlossenen Spezialfonds für Institutionelle hierzulande jedoch noch am Anfang. Gadeberg: „Auf der Expo Real im vergangenen Jahr in München haben wir den Handelsplatz Private Markets erstmals der Branche präsentiert. Seitdem haben sich rund 50 Interessenten als potenzielle Investoren registriert. Wir haben den ersten Deal vermittelt und arbeiten an weiteren Transaktionen.“