Eine Gruppe von Geschäftsleuten unterhält sich im Freien auf der Mipim 2025. Im Vordergrund ist eine Frau am Telefon zu sehen.
Das Wetter passte zur Stimmung der Mipim: wechselhaft – nasskalt mit Gewittern, aber auch sonnigen Abschnitten. (Quelle: S. d'HALLOY / IMAGE&CO)

Mipim 2025-03-18T07:44:53.967Z Wie Hannover nur auf Französisch

Die Mipim 2025 zeigt die neue Realität an der Croisette. Es wird deutlich mehr gearbeitet als gefeiert. Das Wetter ließ kaum etwas anderes zu. Von André Eberhard

Es war wohl eine der trübsten Messen an der französischen Croisette, die ich seit 2007 erlebt habe. Sowohl das Wetter als auch die Stimmung waren so gar nicht Croisette-mäßig. Die wilden Zeiten, in denen Horden angelsächsischer Dienstleister auf den Straßen feierten, sind ohnehin längst vorbei. Ein neuer Realismus ist eingekehrt. Man redet wieder über konkrete Geschäfte statt über Partylocations, die Größe der Yachten oder den empfohlenen Lichtschutzfaktor unter der französischen Sonne.

Am Ende besuchten rund 20.000 Menschen das Palais de Festival in Cannes – offiziell eine ähnliche Zahl wie im Vorjahr, doch subjektiv wirkte es deutlich leerer. Bereits am Donnerstag sollen die Messestände deutlich leerer gewesen sein. Auch für die Redaktion von immobilienmanager ist die Messe fast nur noch ein 48-Stunden-Besuch.

Genutzt wird die Messe vor allem von deutschen Teilnehmern, die internationale Geschäfte machen. Hier bietet die Messe unschlagbare Möglichkeiten, in kürzester Zeit alle wichtigen internationalen Geschäftspartner in entspannter Atmosphäre zu treffen.

Apropos International: Hier war die arabische Halbinsel sowohl mit prominenten Messeständen als auch positiver Aufbruchsstimmung sehr präsent. Ansonsten waren eher die üblichen Stände der Städte aus UK (Manchester teilte sich die Fläche mit Berlin) und Ägypten am auffälligsten.

Menschen auf einer geschäftlichen Veranstaltung im Freien mit weißen Zelten und bunten Bannern.
Nicht das klassische Mipim-Wetter. (Quelle: S. CHAMPEAUX / IMAGE&CO)

Das Wetter machte die Einordnung der Mipim leicht: nasskalt mit Gewittern, aber auch sonnigen Abschnitten. Nasskalt und stürmisch ist vor allem der Kapitalmarkt. Hier könnten alternative Finanzierer wie Debt Funds wieder für sonnigere Abschnitte sorgen. „Cash Flow is King“, argumentiert Holger Hosang, Managing Partner und Co-Head of Transaction & Asset Management bei Sonar Real Estate.

Diese könnten am Investitionshimmel auch von in- und ausländischen Investoren kommen, die wieder Lust auf Wohninvestments haben. Allerdings trüben die derzeitigen politischen Unsicherheiten und 500-Milliarden-Wumms Überlegungen den Himmel hier wieder etwas ein. „Wir spüren trotzdem wieder eine stärkere Nachfrage, vor allem nach Wohninvestments“, sagt Jens Lütjen, geschäftsführender Gesellschafter von Robert C. Spies.

Das neue „Normal“

Die Mipim findet in einer Zeit der wirtschaftlichen und geopolitischen Unsicherheit statt. Insbesondere die deutschen Marktteilnehmer befinden sich nach wie vor in einer eher depressiven Phase. Der Markt bewegt sich irgendwo zwischen Chancen- und Kapitalsuche.

Das klingt nach einem normalen Marktmechanismus, aber die letzten zehn Jahre haben ihre Spuren hinterlassen, vor allem in den Portfolios von Banken, Bestandshaltern und Projektentwicklern. Refinanzierung und Kapital sind das Gebot der Stunde. Um die Probleme der Akteure in den Griff zu bekommen, ist vor allem Phantasie gefragt. „Die fehlt den Bankern derzeit“, so ein Marktteilnehmer im vertraulichen Gespräch. Durch die Regulierung, die durch Basel IV nicht einfacher wird, sind die Banker quasi zu passiven Akteuren geworden. „Anschlussfinanzierungen bleiben eine Herausforderung, insbesondere bei Projekten mit erhöhtem Risiko oder geringem Cashflow“, ergänzt Ronny Pifko von BlueRock.

Beispiel gefällig?

Beim Verkauf der Therme Erding kam keine deutsche Bank zum Zug. Argument: mangelnde Drittverwendungsfähigkeit. Dabei ist die Therme Erding seit 25 Jahren ein Garant für den wirtschaftlichen Erfolg eines solchen Spaßtempels. Schließlich sprang Kapital aus Australien ein.

Für 2025 zeichnet sich zudem eine nicht unerhebliche Refinanzierungslücke ab. „Warum spricht eigentlich niemand darüber?“, betont Francesco Fedele von BF.direkt. Das werde vor allem Debt Funds auf den Plan rufen. Sie könnten künftig eine größere Rolle auf dem Finanzierungsmarkt spielen.

International statt national

Hätte man sich die Reise an die Croisette sparen können? Wenn man nur im deutschen Markt tätig ist, reicht derzeit die Expo Real als großer Stimmungsindikator. Wenn man aber auch international tätig ist, bleibt die Mipim ein wichtiger Marktplatz. Wo steht Deutschland eigentlich als internationaler Investitionsstandort? Diese Frage konnte zumindest ansatzweise beantwortet werden. Internationale Investoren sehen Deutschland deutlich positiver, so die einhellige Meinung der Gesprächspartner.

Für Grossinvestoren wie Swiss Life Asset Managers sind hingegen die vier L's interessante Investments. Diese stehen für Living, Life Science, Logistics und Light Industrial. Hier werde man nach Opportunitäten Ausschau halten, so Holger Matheis, Deutschlandchef der Schweizer.

„Wir sind einer der wenigen hier, die über Technik sprechen. Darum ist die Mipim für uns der Ort, um in vielen Gesprächen eine Roadmap für das restliche Jahr festzulegen“, argumentiert Stefan Klepzig, Strategic Sales Director, Schneider Electric und dürfte damit eine derzeitige Nische besetzen, denn über Technik sprach in der Tat niemand mit uns.

Aus grün wird olivgrün

ESG rückt immer mehr in den Hintergrund. Gerade für Investoren mit „Problemimmobilien“ sind ESG-Maßnahmen kaum kalkulierbar. Das könnte sich am Ende rächen, denn kaum jemand spricht über die steigenden regulatorischen Anforderungen, die die Branche in den nächsten Jahren noch stärker beschäftigen werden.

Olivgrün ist auch die Forderung nach deutlich weniger Auflagen beim Bauen. Der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA) schlägt schon seit geraumer Zeit vor, zumindest zahlenmäßig zu den Bauvorschriften der 90er-Jahre zurückzukehren, um das Bauen deutlich zu beschleunigen. Auch die Einführung einer Sonder-Afa würde dem Wohnungsbau helfen, fordert Architekt Tobias Nöfer. Die gestiegenen Baupreise würden zu einer mangelnden Bauqualität führen.

Anders sieht das übrigens Karin Teichmann, Vorstand Euref AG: „Die Mipim ist ein Ort, um gemeinsam an den europäischen Klimazielen zu arbeiten. Die Energiewende in der Immobilienbranche ist mehr denn je ein gesamteuropäisches Projekt.“

Auch Michael Henn, Global Head of Green Deal Infrastructure, ergänzt: „Die Messe zeigte einmal mehr, dass die Bereiche Real Estate und Infrastructure nicht zu trennen sind. Die Marktakteure erkennen, dass insbesondere Renewables eine attraktive Beimischung zum Portfolio sind und sehen in der Diversifikation den Mehrwert. Dies zeigt sich auch in der Vielzahl von Gesprächen zu dem Thema.“

Mipim-Fazit

Eine große Gruppe von Menschen steht auf einer Bühne bei den MIPIM Awards, alle jubeln und lächeln in die Kamera.
Das Preisträger-Foto der Mipim Awards. (Quelle: S. d'HALLOY / IMAGE&CO)

Die Messe ist richtig und wichtig. Bietet sie doch einen Blick über den deutschen Tellerrand hinaus. Effizienz, Zuverlässigkeit, Kostendruck und Kapital sind die Themen der Stunde. Schade, dass diesmal kein deutscher Politiker den Weg nach Frankreich gefunden hat. Die Prioritäten scheinen derzeit woanders zu liegen. Die Mipim ist zur Arbeitsmesse auf der Suche nach Lösungen geworden, der sich leider auch negativ behaftete Persönlichkeiten, die derzeit eher staatsanwaltliche Probleme haben, nicht entziehen wollen.

Peter Ulm, Geschäftsführer Allora Immobilien aus Wien fasst zusammen: „Die Branche kommt zur Ruhe. Auch auf der Mipim wird sehr ernsthaft gearbeitet, so wie auf der Expo Real.“ Pifko ergänzt: „Auffällig war die Rückkehr der Einkommensstrategien – Investoren suchen wieder verstärkt nach stabilen Cashflow-Objekten, u. a. aus Data Centers.“

Übrigens: Hamburg scheint nicht nur dank der immobilienmanager-Awards die Speerspitze der Immobilienwirtschaft zu sein. Auch in Cannes konnten gleich zwei Hamburger Projekte die begehrten Preise mit nach Hause nehmen. Herzlichen Glückwunsch an Green Bunker und The Beehive.

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zuletzt editiert am 18. März 2025