Wohnimmobilien in Düsseldorf
Der neue Trendbarometer der Berlin Hyp beschäftigt sich mit dem Thema Wohnen. (Quelle: Pixabay)

Standorte & Märkte 26. April 2023 Kosten steigen, Renditen unter Druck

Was sind die aktuellen Trends am Immobilienmarkt? Die Berlin Hyp hat eine neue Umfrage mit dem Fokusthema "Wohnen" durchgeführt.

Das Zinsniveau und hohe Baukosten prägen das Immobilienjahr. Bezahlbarer Wohnraum braucht flexibles Baurecht und Fördermittel. Mieter sind nur wenig zu Kompromissen bereit. Die Nachfrage nach Immobilien im Umland steigt, der Wohnflächenbedarf bleibt gleich. Das "neue Normal" am Immobilienmarkt: Kosten steigen, Renditen unter Druck.
Das sind die Kernergebnisse einer aktuellen Umfrage der Berlin Hyp im Rahmen ihres regelmäßig durchgeführten Trendbarometers, diesmal unter dem Fokusthema "Wohnen". Nahezu 215 Immobilienfachleute aus dem In- und Ausland haben ihre Einschätzung zu den Trends der deutschen Immobilienbranche abgegeben. Dem gegenübergestellt wurde die Meinung der Bevölkerung, die über das Umfragetool Civey erhoben wurde.

Zinsniveau als prägendster Faktor

Nichts hat die Immobilienbranche in den vergangenen zwölf Monaten so sehr bewegt, wie die Zinserhöhungen der Europäischen Zentralbank, die in einer lange nicht gesehenen Schnelligkeit und mit großem Ausmaß kamen sowie die daraus resultierende Verteuerung von Kreditkosten. Insofern ist es nicht verwunderlich, dass bei der Frage nach den prägendsten Faktoren das Zinsniveau von allen Befragten angekreuzt und somit einen Zustimmungswert von 100 Prozent erreicht - ein Novum in der neunjährigen Geschichte der Trendbarometer-Umfrage.

Weitere bestimmende Faktoren sind die Baukosten mit 73 Prozent Zustimmung, gefolgt von politischen Rahmenbedingungen (58%) und der Kaufpreisentwicklung (46%). Der Krieg in der Ukraine wird lediglich von elf Prozent der Befragten als bestimmender Faktor gesehen, die Wirtschaftskrise folgt mit neun Prozent, die demografische Entwicklung mit zwei Prozent und andere exogene Schocks mit ein Prozent Zustimmung. Deutschland als "sicherer Hafen" findet sich mit null Prozent Zustimmung auf dem letzten Platz ein und zeigt einen deutlichen Rückgang zu früheren Umfrageergebnissen. Nach Ansicht der Berlin Hyp bedeute dies jedoch nicht, dass Deutschland seine Rolle als sicherer Immobilien- und Investitionsstandort verloren hat. Es sei vielmehr davon auszugehen, dass andere Faktoren in ihrer Wichtigkeit und Präsenz so massiv zugenommen haben, dass es zu Überlagerungseffekten kam. Diese Annahme werde auch durch die hohen Zustimmungswerte der ersten vier platzierten Faktoren unterstützt.

Trend zu einem sparsameren Umgang mit Wohnfläche?

41 Prozent der Befragten gehen mittel- bis langfristig von einem gleichbleibenden Wohnflächenbedarf pro Person aus, wohingegen 32 Prozent einen sinkenden Wohnflächenbedarf erwarten. Einen zunehmenden bis stark zunehmenden Wohnflächenbedarf prognostizieren 24 Prozent der Immobilienfachleute.

Diese Frage hatte die Berlin Hyp bereits in ihrer Trendbarometer-Ausgabe aus dem zweiten Halbjahr 2020 gestellt. Damals gingen 56 Prozent der Befragten noch davon aus, dass der Platzbedarf pro Person zunimmt, beziehungsweise stark zunimmt. Die damalige Diskussion war noch stark vom Trend hin zum mobilen Arbeiten geprägt und dem Bedürfnis nach einem Rückzugsort für den Arbeitsplatz. Angesichts der aktuellen Diskussionen zum Thema ESG und der steigenden Heizungs- und Energiekosten scheint nun ein gegenläufiger Trend entstanden zu sein, nämlich hin zu einem bewussteren und sparsameren Umgang mit Wohnfläche.

Ende des Städtebooms?

Vor Beginn der Corona-Pandemie und dem verstärkten Aufkommen des mobilen Arbeitens war der Megatrend Urbanität eine feste Größe. Viele Menschen, vor allem Jüngere, zog es in die Städte. In Ballungsräumen, wie zum Beispiel Berlin und München, wurde Wohnraum zunehmend knapper und auch teurer. Die Großstädte platzten aus allen Nähten.

Wenn man jedoch die Ergebnisse der Umfrage zugrunde legt, könnte es mit dem Städteboom bald zu Ende sein. 60 Prozent der Umfrageteilnehmer gehen von einem zunehmenden, beziehungsweise stark zunehmenden Zuzug ins Umland aus, vorausgesetzt, der Status des mobilen Arbeitens hält an. 32 Prozent der Befragten schätzen den Zuzug ins Umland gleichbleibend ein, wohingegen acht Prozent diesen Trend für sinkend beziehungsweise stark sinkend erachten.

Flexibilisierung, Digitalisierung und Vereinheitlichung des Baurechts

Nie war der Wohnungsmarkt so heiß umkämpft wie heute, nie war es so schwierig, eine bezahlbare Wohnung zu finden. Auf dem Mietmarkt trifft eine steigende Nachfrage auf ein stagnierendes Angebot und gerade in den Ballungszentren nimmt das Wohnungsdefizit weiter zu. Gleichzeitig drängt der Käufermarkt auf den Mietmarkt, weil es kein Angebot gibt und sich dieses kaum noch ein Normalverdiener leisten kann.

Abhilfe könnte hier nur zunehmender Neubau bringen. Doch dieser ist gehemmt durch hohe Finanzierungskosten, einen Mangel an Baugrundstücken und einen Baukräfte- und Materialmangel. Welche Maßnahmen müssen nach Meinung der Befragten ergriffen werden, um hier Abhilfe zu schaffen? Ganz weit vorne mit 70 Prozent Zustimmung liegt hier die Flexibilisierung, Digitalisierung und Vereinheitlichung des Baurechts, dicht gefolgt von der Bereitstellung von Fördermitteln mit 65 Prozent. Das Forcieren von seriellem und modularem Bauen sehen 49 Prozent der Befragten als mögliche Maßnahme, um bezahlbaren Wohnraum zu schaffen.

Steuerliche Erleichterungen kommen auf 41 Prozent Zustimmungswert, gefolgt von der Incentivierung von Krediten für bezahlbaren Wohnraum mit 37 Prozent, der Aktivierung von Bauland (28%), der Zurückstellung von Anforderungen an die energetische Sanierung (20%), der Ermöglichung von Sozialbindung auch für Bestandsimmobilien (17%), der Stärkung von Genossenschaften (12%) und einen stärkeren Fokus auf Hochhäuser in der Großstadt mit elf Prozent Zustimmung.

Wenig Kompromissbereitschaft bei den Mietern

Aber nicht nur die Immobilienwirtschaft ist in der Pflicht. Auch Wohnungssuchende müssen in Zeiten des Wohnungsmangels bereit für Kompromisse sein. Daher wurden über das Umfrage-Portal Civey rund 5000 Personen befragt.

Das Ergebnis zeigt jedoch ein anderes Bild. Mit 46,2 Prozent ist die überwiegende Mehrheit der Befragten nicht bereit, Kompromisse einzugehen. 17,4 Prozent würden für bezahlbaren Wohnraum die Wohnfläche reduzieren, 11,3 Prozent eine weniger hochwertige Einrichtung akzeptieren und fünf Prozent sogar auf ein Zimmer verzichten. Eine schlechtere Lage wäre für 3,2 Prozent der Befragten ein möglicher Kompromiss, gefolgt von der Zahlung einer höheren Provision mit 1,3 Prozent und 1,2 Prozent der Befragten würde mehr Lärm akzeptieren, gefolgt von höheren Nebenkosten mit 0,3 Prozent. 14,1 Prozent der Befragten wissen nicht, ob und welche Kompromisse sie eingehen würden.

Wohninvestmentmarkt im Vorteil

Mehr als die Hälfte der Befragten (68%) sieht den Wohninvestmentmarkt geringfügig bis stark im Vorteil gegenüber dem gewerblichen Immobilieninvestmentmarkt. Angesichts der starken Wohnungsnachfrage gerade in den Metropolen und der stark gestiegenen Mieten ist diese Aussage nicht verwunderlich. Gewohnt wird schließlich immer und anscheinend findet sich auch für teure Mietwohnungen immer ein Interessent.

Der große Konkurrenzkampf auf dem Mietwohnmarkt macht das Investment in Wohnraum daher attraktiv. 15 Prozent sehen keinen Unterschied zum Gewerbe und 18 Prozent keinen Vorteil gegenüber dem gewerblichen Immobilieninvestmentmarkt.

Was ist das "New Normal"?

Die Immobilienbranche wird sich auf herausfordernde Zeiten einstellen müssen – das zeigt zumindest das Stimmungsbild der Befragten. 48 Prozent gehen davon aus, dass Grundstücks- und Gebäudekosten höher liegen werden und 39 Prozent gehen von erheblichem Druck auf die Renditen aus. 37 Prozent glauben, dass es im "New Normal" immer schwerer wird, an attraktive Immobilien zu gelangen und 29 Prozent gehen von signifikant weniger Immobilientransaktionen insgesamt aus. "Deutsche Immobilien werden weiterhin als 'sicherer Hafen' besonders gefragt sein" vereint 19 Prozent Zustimmung auf sich, wohingegen "internationale Investoren werden deutlich weniger präsent sein" von 14 Prozent als Charakteristika des "neuen Normal" benannt wird.

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zuletzt editiert am 26.04.2023