Porträt Timo Tschammler
Timo Tschammler (Quelle: Mount Real Estate Capital Partners)

Nachhaltigkeit & ESG 7. June 2022 Kommentar: Jeder kann helfen!

Die Immobilienbranche kann aktuell mehr denn je Unterstützung leisten. Davon ist Timo Tschammler, Vorstandsmitglied des ICG und Managing Partner von Mount Real Estate, überzeugt und berichtet von seinen ganz persönlichen Erfahrungen.

Das Thema ESG ist, nicht zuletzt aufgrund der äußerst angespannten Klimakrise, in aller Munde. Die Branche hat insbesondere in den Bereichen Environmental und Governance deutliche Fortschritte gemacht. Im merklich schlechter messbaren Bereich Social liefern erste Standardwerke, wie der durch den immobilienmanager-Award prämierte Social Impact Leitfaden des ICG, gute Orientierung.

Doch soziales Engagement endet in großen Organisationen oder ganzen Wirtschaftszweigen – aber es beginnt bei der individuellen Haltung eines jeden Einzelnen. Und dies ist in Extremsituationen sozialer Verantwortung, wie dem Krieg in der Ukraine mit derzeit rund fünf Millionen Menschen auf der Flucht, wichtiger denn je.

"Für mich persönlich ein untragbarer Zustand"

Als Wahlberliner erlebte ich bereits von Anfang an hautnah mit, wie immer mehr und mehr Geflüchtete aus dem Kriegsgebiet in der Hauptstadt ankamen. Den medizinischen Helfern am Hauptbahnhof mangelte es laut Medienberichten an Schmerzmitteln. Für mich persönlich ein untragbarer Zustand. Und so entschied ich kurzerhand, mich dieses Mangels persönlich anzunehmen und erwarb in der nächstgelegenen Apotheke im großen Stil Schmerzmittel aller Art, die ich dann dem Roten Kreuz im Flüchtlingscamp am Hauptbahnhof spendete. Mein erster Schritt einer langen Reise, denjenigen zu helfen, die bereits so viele mühselige Schritte getan haben, um vor Krieg und Genozid zu fliehen.

Die Menschen kommen auf der Suche nach Sicherheit und Zuflucht in unser Land. Es ist unsere Menschenpflicht, ihnen eine sichere Bleibe zu bieten. So entschlossen wir uns bei Mount Real Estate Capital Partners, gemeinsam mit unserem Development-Partner Natives Capital und zukünftigem Pächter, dem Serviced-Apartments-Anbieter Limehome, den Geflüchteten unser ehemaliges Hotel mit 50 Zimmern in Berlin unentgeltlich zur Verfügung zu stellen. Hier haben wir bis zu 90 Gästen pro Nacht eine Unterkunft bieten können.

"Prüft eure Leerstände"

Zudem konnten wir mit Hilfe einiger Spenden unseren Gästen kurze Momente der Normalität in der Fremde schenken. Wir organisierten einen Zoobesuch, ein Kinderfest im Innenhof, einen Kinderarztbesuch und ermöglichten Einkäufe alltäglicher Notwendigkeiten. Das klingt nach Alltagsidylle, die jedoch genauso schnell platzt wie der Ballon beim Spielen der Kinder auf unserem Hoffest. Der Knall erweckte die Kriegstraumata unserer kleinsten Gäste blitzartig zum Leben, und sie flüchteten weinend und schutzsuchend in den Hotelkeller. Auch die allabendlichen herzzerreißenden Schreie der Frauen in unserem Hotel werde ich wohl nie vergessen können. „Zu dieser Zeit telefonieren sie mit ihren Männern in der Ukraine“, klärte mein Gegenüber mich auf.

In der jetzigen Phase der Hilfe geht es insbesondere um die permanente Unterbringung, und daher auch meine Bitte an die Branche, besonders an die Wohnungsunternehmen und alle Bestandshalter, denen es in den vergangenen Jahren bekanntlich sehr gut ergangen ist: Prüft, sofern noch nicht geschehen, eure Leerstände, stellt unbürokratisch zu Verfügung, was ihr habt! Und lasst eure Mitarbeiter teilhaben. Jeder kann helfen, ob in Form von Spenden, Hilfe im Alltag oder groß angelegter Aktion. Stellt euch einfach vor, es seien eure Töchter, Ehefrauen, Mütter und Schwestern, die in der Fremde Zuflucht suchen.

Auch interessant:

zuletzt editiert am 07.06.2022