Eine moderne Gebäudefassade mit Glas- und Metallelementen, die in den Himmel ragt.
Dr. Frederike Wittkopp erklärt im Interview unter anderem, in welchen Bereichen die meisten Optimierungsmöglichkeiten im Gebäudebetrieb bestehen. (Quelle: Pixabay)

Management 2025-06-10T06:32:41.199Z Risiko Betriebskosten

Betriebskostenoptimierung, Digitalisierung und Net-Zero-Gebäude: Wir sprachen mit Dr. Frederike Wittkopp von Schneider Electric. Von Bianca Diehl

Warum ist das Thema Betriebskostenoptimierung derzeit besonders akut?

Dr. Frederike Wittkopp: Betriebskosten haben einen großen und direkten Effekt auf die wirtschaftliche Lage eines Unternehmens. In Zeiten angespannter wirtschaftlicher Situation ist das ein Risikofaktor. Steigende Energiekosten, hohe Mieten und bald auch ein hoher CO2-Preis schärfen aus unserer Sicht das Bewusstsein für dieses Thema.

Dr. Frederike Wittkopp hält eine Präsentation über BMS-Modernisierung in einem Konferenzraum.
Dr. Frederike Wittkopp ist Account Managerin für Commercial Real Estate bei Schneider Electric. (Quelle: immobilienmanager)

Welche Gründe sehen Sie, dass bisher in Unternehmen die Optimierung der Betriebskosten bisher noch nicht so sehr im Fokus stand?

Dr. Frederike Wittkopp: Das ist ein abstraktes Thema für viele Unternehmen. Mangelndes Bewusstsein bei den Themen Energieeffizienz, Ressourcennutzung und dem Einsatz von erprobten Lösungen zur Kostenoptimierung gibt es auch noch. Es fehlen gut aufgestellte Teams mit einem breiten Fachwissen. So kann kein langfristiger Blick für dieses Thema entstehen, den es aber braucht.

In welchen Bereichen haben Ihre Kunden die meisten Optimierungsmöglichkeiten?

Dr. Frederike Wittkopp: Die liegen in der Gesamtsteuerung des Gebäudes, insbesondere beim Heizen und Kühlen. Am besten digitalisiert man Gebäude und automatisiert alles, was geht, konsequent durch. Das fängt bei Zeitschaltplänen an, über die man Raumtemperaturen und Nutzungszeiten definiert und somit systematisch Verbräuche kontrolliert.

Was macht ein gutes Energiemanagementsystem (EMS) aus?

Dr. Frederike Wittkopp: Ein gutes EMS ist ein kontinuierliches Monitoring und die Evaluierung von Energieverbräuchen. Es liefert durch Datenanalysen Erkenntnisse über Verbrauchsmuster und ermöglicht durch proaktive Steuerung via KI weiteres Optimierungspotenzial, integriert sich nahtlos in ein Gebäudemanagementsystem (BMS), unterstützt Nachhaltigkeitsreporting und ist skalierbar und benutzerfreundlich.

Wie weit verbreitet ist das Problem, dass Gebäudemanagementsysteme nicht effizient eingestellt sind?

Dr. Frederike Wittkopp: Das ist sehr oft der Fall und ist ein signifikantes Problem. Etwa 30 Prozent an Energie im Gebäude wird verschwendet, auch wegen einer schlechten Inbetriebnahme.

Der Nutzen eines BMS wird massiv unterschätzt und andererseits wird das Gewerk der Gebäudeautomation als letztes vergeben. Dann, wenn das Geld schon knapp wird. Wichtige Funktionen werden also gestrichen. Während das Gebäude zwar weiter funktioniert, tut es das nicht so effizient, wie es eigentlich sein könnte.

Was muss getan werden, um den Status eines „Net-Zero“-Gebäudes zu erreichen?

Dr. Frederike Wittkopp: Gebäude und Stromnetze sind ein vernetztes System, und diese Symbiose ist nötig, um Net-Zero zu erreichen - ohne grünen Strom gibt es keine Net-Zero Gebäude. Gebäude müssen also netzreaktiv werden. Sie sind in der Lage, ihren eigenen Strom zu erzeugen und Verbräuche zu optimieren, indem sie flexible Lasten und die Energieerzeugung und -speicherung vor Ort nutzen. Kurzum: Netzreaktive Gebäude verbrauchen nicht nur weniger, sondern auch besser. Netzbetreiber können auch mit netzreaktiven Gebäuden kommunizieren und schaffen die flexiblen Kapazitäten, die sie benötigen, um den Spitzenbedarf zu decken oder Überproduktion abzufedern.

Wie lässt sich dies im Bestand erreichen? 

Dr. Frederike Wittkopp: Entscheidend ist hier der strategische Ansatz bei den Investments. Das muss man wie mit einer Eisenhower-Matrix angehen, welche Bereiche fasst man sofort an, wo kann man warten und dann managt man entsprechend die Ressourcen, Ersatzteile und schützt so lange wie möglich das bereits getätigte Investment. Der ROI ist zwar gering, aber das Ziel ist ein Gebäude, das nah am Net-Zero-Status ist und in seinem Wirkungsbereich den Markt anführt.

Das Gespräch führte Bianca Diehl.

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zuletzt editiert am 10. Juni 2025