Monopoly-Häuser und Münzstapel auf einer Landkarte, die das Thema Immobilieninvestitionen und Finanzen darstellen.
Fazit des imFokus-Gipfeltreffens zum Jahresabschluss 2024: Der Immobilienmarkt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. (Quelle: Pixabay)

Investment 2025-03-12T09:31:28.135Z „Zum Kaufen ist es noch zu früh“

Der deutsche Immobilien-Investmentmarkt könnte vor einer Renaissance stehen, aber viel hängt von den einzelnen Assetklassen ab. Von Roswitha Loibl

Der deutsche Immobilien-Investmentmarkt erlebt bewegte Zeiten. Daher hatte immobilienmanager sein imFokus-Event zum Jahresabschluss 2024 diesem Thema gewidmet. „In den letzten anderthalb Jahren haben wir eine sehr große Diskrepanz zwischen Verkaufswillen und Käufernachfrage gesehen“, erklärt Simon Jeschioro, Head of Capital Markets and Investment Advisory bei Cushman & Wakefield.  „Das führte dazu, dass wir fast keine Transaktionen hatten, zumindest im Vergleich zum langjährigen Durchschnitt.“ Doch inzwischen scheint sich der Markt zu stabilisieren, wie Jeschioro ausführt: „Wir sehen eine Bodenbildung, zumindest im Bereich Core-Immobilien in Innenstadtlagen.“ Gleichzeitig bleiben Nebenlagen unter Druck: „Dort könnten wir noch weitere Preisanpassungen nach unten erleben.“

Ein Diagramm zeigt das Transaktionsvolumen nach Nutzungsart im Jahr 2024 in Milliarden Euro, aufgeteilt in Logistik-Industrie, Büro, Handel, Hotel und Sonstige.
Transaktionsvolumen nach Nutzungsart 2024 (Quelle: Cushman & Wakefield Research)

Der Schlüssel zur Marktbelebung liegt in der Rückkehr von Investoren, wofür alle vier Teilnehmer des Panels „Welche Assetklassen sind morgen gefragt?“ klare Indizien sahen. „Das Core-Kapital kommt zurück“, berichtet Simon Jeschioro. „Mehrere Milliarden Euro an Eigenkapitalzusagen wurden für verschiedene Fonds gemacht. Sobald dieses Kapital am Markt aktiv wird, werden sich auch die Preise anpassen, und wir werden wieder mehr Transaktionen sehen.“ Gleichzeitig gebe es auch für Private Equity, also die risikoaffineren Investoren, wieder mehr Möglichkeiten.

Ein Investor und Asset-Manager wie Bluerock ist momentan noch stärker auf der Käuferseite unterwegs. „Zum Verkauf ist es noch zu früh im Zyklus“, sagt Ronny Pifko, Managing Partner der Bluerock Group. Der Markt heute orientiere sich aber weniger an Assetklassen, sondern stärker an Opportunitäten. „Denn es gibt immer mehr Distressed Deals.“

Bei der geforderten Rendite lautet der Konsens bei Versicherungen und Versorgungswerken: „Die Fünf muss stehen“ – auch bei Core-Objekten. Doch wirklich in Gespräche komme man erst bei sechs bis sieben Prozent, berichtet Steffen Uttich, Geschäftsführer von Garbe Institutional Capital. Im Value-add-Bereich müsse es zweistellig sein. Gerade im Wohnsegment sah man in den vergangenen Jahren auch Vehikel, die zu einer Rendite von unter drei Prozent einkauften. „Mit solchen Anforderungen bekommen Sie heute kein Kapital mehr eingeworben“, sagt Simon Jeschioro.

Büroimmobilien vor der Neuorientierung

Der Büromarkt steht vor großen Herausforderungen. Die stagnierende Wirtschaft, der Wunsch vieler Unternehmen nach Flächenoptimierungen und die veränderten Anforderungen an Arbeitsplätze prägen den Markt. „Wir erwarten alle eine Stagnation, und wir denken, dass sich der Büromarkt nicht sehr schnell erholen wird“, so Ronny Pifko. Gleichzeitig beobachtet Simon Jeschioro eine Zweiteilung: „Wir sehen steigende Mieten in den Innenstadtlagen und eine sehr hohe Nachfrage nach Top-Lagen. In den Nebenlagen hingegen erwarten wir mittelfristig hohe Leerstände.“

Eine Gruppe von Menschen sitzt in einem modernen Konferenzraum und diskutiert in einer lockeren Atmosphäre.
„Welche Herausforderungen sehen Sie auf dem Investmentmarkt 2025?“ Diese und weitere Fragen diskutierten die Teilnehmenden miteinander beim imFokus-Event von immobilienmanager zum Thema „Investitionen in Deutschland“. (Quelle: Ben Micha Becker)

Ein weiterer Aspekt ist der Fokus auf energieeffiziente Gebäude. „Mieter möchten zunehmend Immobilien mit hoher Energieeffizienz, und auch Banken verlangen solche Objekte“, betont Pifko. Dies erhöht den Druck auf Eigentümer älterer Gebäude, in Sanierungen zu investieren oder Umnutzungskonzepte zu entwickeln.

Ein anderer Trend könnte die Rolle von Büros grundlegend verändern: „Das Büro der Zukunft wird nicht nur ein Arbeitsplatz sein, sondern auch ein Ort der Gemeinschaft, der Vereinsamung entgegenwirkt“, argumentiert René Reif, geschäftsführender Gesellschafter der Ort Group. „Es wird die neue Familie abbilden.“

Logistikimmobilien sind Gewinner der Krise

Das Segment der Logistikimmobilien erweist sich als robust. „Von zehn Transaktionen im Logistikbereich kommen acht tatsächlich zustande“, berichtet Steffen Uttich. Im Gegensatz zu Büros, wo von zehn versuchten Transaktionen nur zwei zustande kämen. Trends wie Nearshoring und die Expansion des E-Commerce treiben die Nachfrage nach Logistikobjekten weiter an, betont Simon Jeschioro: „Auch stationäre Händler bauen ihre Kapazitäten im Online-Bereich aus, was zusätzliche Lagerflächen erfordert.“

Allerdings gibt es regionale Unterschiede: „Logistikimmobilien funktionieren nur an wirtschaftlich starken Standorten“, warnt Uttich. „Ohne Mittelstand oder eine diversifizierte Wirtschaftsstruktur steigt das Risiko von Leerständen.“ Dennoch bleibt das Segment attraktiv. „80 Prozent der Investoren, mit denen ich spreche, wollen in Logistik investieren“, sagt Jeschioro.

„Das Core-Kapital kommt zurück.“

Simon Jeschioro, Cushman & Wakefield

Wohnimmobilien: Bestand als Hoffnungsträger

Im Segment der Wohnimmobilien zeigt sich ein gemischtes Bild. „Ein Wohnungsneubau ist ohne Förderung kaum zu realisieren“, stellt René Reif fest. „Wenn Sie residual an eine solche Berechnung herangehen, kommen Sie auf einen negativen Grundstückswert.“ Das drückt auf die Investitionsbereitschaft. „Wenn die Fördertopfe nicht groß genug sind, wird man die Ziele des letzten Koalitionsvertrags nicht erreichen“, unterstreicht Ronny Pifko.

Gleichzeitig sehen Investoren Potenziale im Bestand: „Wir versuchen, additives Baurecht zu schaffen, indem wir bei Bestandsgebäuden nachverdichten“, sagt René Reif. Er appelliert an die Kooperationsbereitschaft von Städten und Gemeinden: „Wir müssen das Ganze gemeinschaftlich angehen, sonst verlieren wir den Anschluss.“ Die Wohnungslücke werde sonst nur noch größer. Ganz zu schweigen von der weiteren möglichen Zuwanderung aus der Ukraine, wenn sich die Situation dort weiter verschlechtern sollte.  

Allerdings birgt der Bestand ebenfalls Herausforderungen. „Viele der älteren Wohnungen sind energetisch nicht optimal. Die notwendigen Sanierungskosten sind hoch und lassen sich oft nicht über höhere Mieten refinanzieren“, warnt Reif. Das erschwert die Rentabilität, insbesondere bei steigenden Baukosten. „Die Baukosten in der Kostengruppe 300 sinken, aber die technische Gebäudeausstattung, die Kostengruppe 400, wird teurer. Es ist ein Nullsummenspiel.“

Lebensmittel oder Shoppingcenter?

Im Bereich der Einzelhandelsimmobilien zeigt sich ein differenziertes Bild. Ob der Lebensmitteleinzelhandel wirklich so stabil ist, wie er momentan wirkt? René Reif sieht das nicht: „Die Menschen werden für das Einkaufen keine Zeit mehr aufbringen wollen.“ Lieferdienste wie Knuspr werden daher an Bedeutung gewinnen. Steffen Uttich widerspricht: „Es ist richtig, dass wir eine Generation verlieren, die sich ihre Lebensmittel liefern lässt. Aber der demografische Faktor spielt hier eine Rolle: Ältere Menschen bringen Stabilität in die Umsätze.“ Die Garbe-Tochter GRR bereite gerade einen entsprechenden neuen Fonds vor.

Gleichzeitig gibt es Bewegung bei Shoppingcentern, für die Simon Jeschioro eine Lanze bricht: „Wir sehen starkes Interesse von Investoren, weil diese Immobilien von der Bewertung her auf einem relativ niedrigen Niveau sind.“ Man könne also verhältnismäßig hohe Returns generieren und habe eine sehr gute Finanzierbarkeit. Die Cashflows der Objekte, die Corona und „die Attacke des Onlinehandels“ überlebt haben, seien nachhaltig und attraktiv für Investoren.

Gesundheitsimmobilien und Datencenter im Fokus

Abseits der klassischen Assetklassen rücken alternative Nutzungsarten in den Fokus. „Wir sehen gutes Potenzial bei Gesundheitsimmobilien, beim Seniorenwohnen, im Bereich Reha-Kliniken und Ärztehäusern“, sagt Simon Jeschioro. Betreiberkonzepte gewinnen generell an Bedeutung. Studentisches Wohnen oder auch Mikroapartments und Seniorenresidenzen bieten interessante Möglichkeiten, „sofern die Projekte bezahlbar bleiben“, erklärt René Reif.

Auch Datencenter bleiben ein heißes Thema, aber Simon Jeschioro macht klare Einschränkungen: „Hier sprechen wir oft über Investitionen in dreistelliger Millionenhöhe für ein einzelnes Datencenter, und es kann sogar bis zu einer Milliarde Euro und darüber gehen. Das ist nichts für jeden, sondern eher für die ganz Großen, die globale Strategien fahren.“ Sie sind ein Thema für Spezialisten, aber begehrt: Sie würden weniger verkauft „als vielmehr zugeteilt“, so die Erfahrung von Steffen Uttich.

Interessant sei auch Self Storage, wobei es noch wenig Produkt gebe: „Hier muss man viel aufbauen“, sagt Simon Jeschioro. Aber es geht auch exotischer. Die Anlageklasse Campingplätze wird in den Ring geworfen: Swiss Life Asset Managers habe einen Fonds mit französischen Campingplätzen aufgelegt und Investoren dafür gefunden.  

Das Fazit der Runde: Der Immobilienmarkt befindet sich in einem tiefgreifenden Wandel. Klassische Strategien greifen oft nicht mehr, während alternative Ansätze an Bedeutung gewinnen. Entscheidend bleibt jedoch die Wirtschaftlichkeit. „Ein stabiler Cashflow ist das A und O“, betont René Reif. „Ohne klare Kalkulationen und nachhaltige Konzepte wird es schwierig.“

Auch interessant:

zuletzt editiert am 12. März 2025