UBM Development will einer der größten Holz-Hybridbau-Entwickler in Europa werden – ein Gespräch mit Geschäftsführer David Christmann.
Herr Christmann, wo steht der deutsche Markt für Holzbau im europäischen Vergleich?
David Christmann: Im europäischen Vergleich sind wir sicherlich spät dran. Der Holzbau in Europa kommt vornehmlich aus Österreich, Schweiz und Skandinavien. Als UBM Deutschland sind wir nah dran, weil wir eine österreichische Mutter mit viel Erfahrung im Holzbau haben, die UBM Development AG. Es ist einfach so, dass viel Holz aus Österreich kommt, sie haben auch erfahrene Holztechniker und Gestalter. Ich denke an den mehrgeschossigen Holzbau, also vier-, fünf-, sechsgeschossig oder höher. Im Wohnungsbau oder im Gewerbebau, da kommt die meiste Erfahrung aus der Region Vorarlberg.
Wer pusht das Thema Holzbau am meisten? Architekten, Projektentwickler, Investoren?
David Christmann: Es sind tatsächlich viele Architekten und die öffentliche Hand, die das im Moment pushen, zum Beispiel über die Wettbewerbsverfahren. Wenn Sie aktuell die Architekturwettbewerbe in Deutschland anschauen, dann können Sie kaum mehr gewinnen, wenn Sie nicht in Holzbau agieren. Der Architekt Max Dudler hat vor kurzem festgestellt, dies die Nachhaltigkeit in Wettbewerben so sehr nach vorne gestellt wird, dass man eigentlich nur mit einer Holzbaulösung zu einem Wettbewerbssieg kommt.
Was sind die besten Argumente für Holzbau?
David Christmann: Es gibt historische Vorbehalte. Im 16. oder 17. Jahrhundert sind viele Städte abgebrannt, weil sie vornehmlich aus Holz errichtet waren. Und in den Kriegszeiten des 20. Jahrhunderts waren die Dachstühle eine große Brandgefahr. Aus dieser Erfahrung spielt der Brandschutz eine so große Rolle.
Ein anderer Faktor ist die Anmutung von Wohnlichkeit, ein Soft-Faktor, den man in bestimmten Bereichen der Immobilienwirtschaft nicht haben möchte. Viele Entwickler im CBD Frankfurt zum Beispiel würden für Nutzer aus Banken- und Finanzwesen eher in Stahl, Glas und Stein bauen wollen als in Holz.
Immer wieder, wenn wir Kunden in unseren Timber Pioneer bringen, den wir gerade im Frankfurter Europaviertel vermieten, sagen diese hinterher, sie hätten nicht gedacht, dass es so attraktiv ist. Daran zeigt sich, dass für den Baustoff Holz im Gewerbebau noch einige Überzeugungsarbeit zu leisten ist. Dabei liegen die Argumente auf der Hand.
Welchen Platz will UBM in dem Umfeld einnehmen?
David Christmann: Wir wollen einer der größten Holz-Hybridbau-Entwickler in Europa werden. Dabei liegt die Betonung auf Holz-Hybrid. Kein reiner Holzbau, sondern immer eine Mischung. In den großen Städten und in der Größenordnung, in der wir bauen, also mehrgeschossiger Wohnungsbau oder mehrgeschossiger Bürobau, wird man immer auch andere Baumaterialien als Holz verwenden und in Kombination mit Holz setzen müssen. Das fängt bei der Tiefgarage an, es geht um die Aufzugskerne, die Treppenhäuser, bestimmte statische Themen. Da wird man immer eine Kombination aus Stahl oder Stahlbeton mit Holzbau vornehmen.
Was sind die Learnings aus den Frankfurter Timber Pioneer?
David Christmann: Das Timber Pioneer heißt nicht umsonst Pionier, weil das ein echtes Experiment war, das erste Projekt in dieser Größenordnung. Wegen der zwei deutlich überhöhten Geschosse EG und 1. OG mussten wir die Hochhausrichtlinie berücksichtigen.
Das war auch für die Frankfurter Behörden komplett ungelernt. Wir haben viel mit den Brandschutzbehörden und der Frankfurter Bauaufsicht diskutiert. Übrigens in einem sehr positiven und guten Prozess, aber es war ein Prozess.
Wobei die Brandschutzbehörden natürlich auch unterschiedlich agieren. Unser Hochhaus Timber Peak entsteht gerade in Mainz, der Landeshauptstadt von Rheinland-Pfalz. Da ist eine andere Länderbauordnung mit anderen Bestimmungen betroffen. Aber es gibt auch andere Herangehensweisen bei den Brandschutzbehörden. Es existiert in ganz Rheinland-Pfalz keinen so hoher Holz-Hybridbau, wie er jetzt im Mainzer Zollhafen entsteht. Die Lage im Zollhafen ist unwahrscheinlich gut und der Blick über den Rhein, den Hafen und die Stadt Mainz unwiederbringlich. Hier möchte jeder gerne arbeiten.
Beim Gewerbe-Projekt Timber Factory in München gehen wir durch den größten Innovationsprozess, weil das eine Assetklasse ist, in der Holzbau bisher noch gar keine Rolle spielt. Denken Sie an Labortechnik und Reinraumtechnik. Wie geht das mit Holz? Ist das mit Holz-Oberflächen machbar? Ja, es geht, aber es ist auch ein Aufwand dahinter. Es funktioniert, aber das ist der größte Schritt, den wir da wagen, in eine gemischte Produktions- und Bürowelt. Darin sehen wir die Zukunft.
Welche Rolle wird der Holz-Hybridbau im Wohnungsbau der UBM spielen?
David Christmann: Eine maßgebliche Rolle! Denn auch in der Assetklasse Wohnen liegt unser Fokus auf konsequenter Nachhaltigkeit und Klimagerechtigkeit. Unser Bekenntnis zum Holzbau kommt auch hier voll zum Tragen und wird uns deutliche Vorteile verschaffen. Holz ist im Wohnungsbau seit vielen Jahrhunderten etabliert. Wohnlichkeit und Atmosphäre des Baustoffs werden von den Nutzern sehr geschätzt. Dabei bietet der Holzhybridbau durch den hohen Vorfertigungsgrad starke Vorteile in Hinblick auf die Baugeschwindigkeit. Die Bauzeit wird um drei bis sechs Monate beschleunigt, die Komplexität auf den Baustellen verringert, Baulärm reduziert. Zudem führt die serielle Herstellung der Bauelemente zu einer sehr hohen Maßgenauigkeit, was sich in hoher Fugengenauigkeit und Dichtigkeit zeigt. Insgesamt werden das Risiko von Baumängeln reduziert und Betriebskosten gesenkt.
Wieso kurbelt die UBM unter den aktuell noch schwierigen Rahmenbedingungen den Wohnungsneubau an?
David Christmann: Dafür gibt es zwei Gründe. Zum einen, weil es eine gesellschaftliche Verpflichtung dazu gibt, der wir uns gerne stellen. Die stark zurückgegangenen Baugenehmigungs- sowie Fertigstellungszahlen in den vergangenen zwei Jahren führen zu gesellschaftlichen Friktionen und zu steigenden Mieten. Zweitens, begründet durch eben diese rasant gestiegene Nachfrage, wird Wohnungsbau wieder zu marktfähigen Preisen möglich.
Den Nutzen und die Leistbarkeit von Wohnen realisieren wir durch intelligente Grundrisse und ganzheitliche Konzepte. So beginnen wir im kommenden Jahr das Wohnprojekt „Timber Living“ im Münchner Stadtteil Berg am Laim. Es ist von einem starken Quartiersgedanken geprägt. Das Ensemble wird zu rund 90 Prozent Wohnraum und außerdem Flächen für Gewerbe und eine Kita bieten. Das Holzhybrid-Projekt wird nicht nur eine sehr gesunde und angenehme Aufenthaltsqualität und einen ungewöhnlich hohen ökologischen Standard bieten, sondern wir werden es dank dem hohen Vorfertigungsgrad auch um rund 30 Prozent schneller errichten können.
Die Fragen stellten Martin Hoffmann und Dr. Heinrich Raatschen.