Neue EU-Vorgaben erhöhen 2025 die Kapitalanforderungen für Banken, erschweren Finanzierungen und stärken Private Debt als alternative Geldquelle.
In der Immobilienfinanzierung im Euroraum werden zum Jahreswechsel die Karten neu gemischt. Zwar kommen die Auswirkungen für finanzierende Banken und Immobilienunternehmen nicht überraschend, sind aber sowohl bei der Risikogewichtung als auch bei den Kapitalanforderungen erheblich. Denn aus der Perspektive der Aufseher sind die Gefahren am Immobilienmarkt nicht gebannt. Betroffen sind die Eigenmittelverordnung und die Eigenkapitalrichtlinie. Grundlage ist die Juni 2024 überarbeitete CRD (Capital Requirements Directive) und CRR (Capital Requirements Regulation). Die veränderten Anforderungen in der Branche unter den Kürzeln CRD VI und CRR III zusammengefasst und diskutiert:
Die Regulierung geht zurück auf die globale Finanzkrise. Im Nachgang einigten sich Notenbanken und Bankenaufseher unter Federführung der in Basel ansässigen Bank für internationalen Zahlungsausgleich auf schärfere Kapitalvorschriften für Banken, die nun schrittweise in Kraft treten. Banken – auch Immobilienfinanzierer – sollen so widerstandsfähiger gegenüber möglichen wirtschaftlichen Schocks werden.
Kern des CRR III-Entwurfs ist die Überarbeitung des Kreditrisikostandardansatzes (KSA). Desweiteren wurden insbesondere die Eigenmittelanforderungen für operationelle Risiken überarbeitet. Dafür hat die Europäische Bankenaufsicht EBA eine in vier Phasen gegliederte Roadmap erstellt.

Für Kredite an Unternehmen oder Zweckgesellschaften, die den Erwerb, die Erschließung oder den Bau von Wohn- oder Gewerbeimmobilien finanzieren (Acquisition, Development or Construction; ADC), wird ein spezifisches Risikogewicht von 150 Prozent zugewiesen. Diese Kredite bergen ein höheres Risiko, da die Quelle der Rückzahlung zum Zeitpunkt der Kreditvergabe unsicherer ist. Für „Wohnimmobilien-ADC-Kredite“ kann ein Risikogewicht von 100 Prozent angesetzt werden, sofern bestimmte risikomindernde Bedingungen erfüllt sind. Dazu gehören zum Beispiel ein bestimmter Anteil an Vorverkaufs- oder Vorvermietungsverträgen.
„Finanzierungen, insbesondere Developments, werden teurer“
„Die neuen Regelungen sind komplex und stellen die Institute vor operative Herausforderungen. Insbesondere werden für eine Reihe von Geschäften höhere Eigenkapitalanforderungen eingeführt, sodass sich die Kreditnehmer darauf einstellen müssen, dass die Institute ihre Vergabepraxis entsprechend anpassen werden. Es ist damit zu rechnen, dass viele Marktteilnehmer die steigenden Eigenkapitalkosten an die Kunden mit einem Margenaufschlag weitergeben oder höheren Anforderungen an die Stellung von Sicherheiten stellen werden. Finanzierungen, insbesondere Developments, werden also teurer“, heißt es dazu etwa von der Berlin Hyp auf Nachfrage.
Das vom Immobilienfinanzierer im Oktober veröffentlichte Trendbarometer zeigte zuletzt an, dass Marktteilnehmer die Finanzierungsbereitschaft der Banken als zurückhalten einstufen – vor allem im Bereich Neugeschäft. 55 Prozent der Befragten nahmen diese als eher niedrig wahr, insbesondere im Segment gewerbliche Immobilien.
Die Veränderungen fallen in eine Marktphase, in der das fehlende Vertrauen der Marktteilnehmer dazu führt, dass es an der für Investitionen erforderlichen Liquidität weiterhin mangelt. Denn Preisvorstellungen zwischen potenziellen Käufern und Verkäufern klaffen auseinander, sodass es im Regelfall keine, oder nur sehr wenige Transaktionen gibt. Das zeigt auch eine von EY Real Estate Deutschland im Juli 2024 veröffentlichte Umfrage, derzufolge 77 Prozent der befragten Asset-Manager die Transaktionsstarre am Markt als eine der größten Herausforderungen bezeichnen.
Ob 2025 in dieser Hinsicht die Wende bringt, ist eine der spannenden Fragen zum Jahreswechsel, welche die Branche durchaus kontrovers beurteilt. Denn während sich auf der Zinsseite die Situation zuletzt etwas entspannt hat, fahren Banken die Beleihungswerte herunter. Die Zurückhaltung der Banken dürfte auch 2025 über weite Strecken Bestand haben. Ihre Handlungsmöglichkeiten sind in der aktuellen Marktphase aus regulatorischen Gründen begrenzt. Bewertungskorrekturen auf Objektebene können in der Refinanzierung – bei konstanter Beleihungsgrenze – zu zusätzlichem Eigenkapitalbedarf führen. Die ab Januar geltenden Anforderungen verlangen von Banken, höhere Kapitalpuffer zu halten, um gegen mögliche Verluste besser gewappnet zu sein. Das bedeutet, dass Banken mehr Eigenkapital in Reserve halten müssen, was ihre Fähigkeit zur Kreditvergabe generell einschränken könnte.
Vor allem im Segment der Büroimmobilien dürfte die Finanzierung alle Beteiligten weiterhin vor große Herausforderungen stellen. Der von der pbb veröffentlichte Büroimmobilienindex pbbIX, der die konjunkturelle Entwicklung auf den wichtigsten deutschen Büromärkten seit 1995 misst, verzeichnete seit Jahresende 2022 sechs aufeinander folgende Quartale mit Indexrückgängen. Mit einem Stand von -1,95 im zweiten Quartal 2024 konnte der Index zwar die negative Entwicklung stoppen und deutet eine Phase der Bodenbildung an. Aber anders als im Segment Wohnen gibt es bei Gewerbeimmobilien strukturelle Entwicklungen, die das Marktsegment belasten und die beispielsweise die Vermarktung von Büros jenseits von Top-Innenstadtlagen erschweren.
Niedrigere Verkehrswerte kommen in Kreditportfolien der Banken an
Wer in der Niedrigzinsphase Projektentwicklungen mit hohen Fremdkapitalquoten finanziert hat, sieht sich damit konfrontiert, aufgrund gestiegener Baukosten, höherer Anschlussfinanzierungskosten und veränderter Renditeerwartungen potenzieller Käufer aus dem Verkaufserlös, insbesondere die nachrangigen Fremdkapitalgeber, nicht mehr bedienen zu können. Gleiches gilt für auslaufende Bestandsfinanzierungen mit hohen Beleihungsausläufen, die aufgrund gesunkener Immobilienwerte eine Anschlussfinanzierung nicht mehr zulassen. Zum einen, weil die Fremdkapitalquote im Verhältnis zum Immobilienwert gestiegen ist, zum anderen, weil die Mieten Zins und Tilgung oft nur noch knapp oder gar nicht mehr erwirtschaften.
Bereits 2024 war zu beobachten, dass die Bankenaufseher die Anforderungen der MaRisk streng überwachen. Das heißt, der Wert der Sicherheiten wird mittels einer Analyse des Sicherheitenportfolios überprüft und das LTV-Risiko, also das Verhältnis des Kreditbetrags zum Verkehrs-/Marktwert, abgeschätzt. Die niedrigeren Verkehrswerte von Immobilien kommen also langsam aber sicher in den Kreditportfolien der Banken an und zwingen sie zu handeln. Da die Banken ihre Risikobereitschaft im aktuellen Marktumfeld nicht erhöhen, ist es schwierig, den entstandenen Finanzierungsbedarf weiterhin zu decken.

„Wir gehen davon aus, dass Basel III dazu führt, dass sich die Banken im kommenden Jahr aus der gewerblichen Immobilienfinanzierung weiter zurückziehen“, sagt Oliver Platt, Head of Transaction, Closing & Finance bei Arcida Advisors. Doch nicht allein Basel III erschwere Finanzierungen und Refinanzierungen. 2024 habe sich gezeigt, dass auch erstrangig besicherte Kredite in Schwierigkeiten kommen können. Bei Bestandsimmobilien rechnet Platt durchschnittlich mit einer Abwertung von bis zu 40 Prozent, bei Projektentwicklungen dürfte das Minus je nach Status zwischen 60 und 70 Prozent liegen.
Alternative Finanzierungsmodelle gewinnen an Relevanz
Einig sind sich die meisten Beobachter darin, dass die Assetklasse Real Estate Private Debt in diesem Umfeld weiter an Relevanz gewinnen wird. Denn Direct Lender und Private Debt Funds können bei der Finanzierung und Refinanzierung einspringen, wenn Banken aufgrund der höheren Risikogewichtung und Kapitalanforderungen nicht mehr als Geldgeber zur Verfügung stehen.
Ein Beispiel dafür ist der Hamburger Investmentmanager Hansemerkur Grundvermögen (HMG), der im Sommer drei Projektentwicklungen übernommen hat. In Berlin kaufte HMG das Baugrundstück und die Planungen für ein 15.000 Quadratmeter großes Bürohaus an der Markgrafenstraße, um dieses zusammen mit Quantum als Service-Developer zu realisieren. Im zweiten Fall engagieren sich die Hamburger im Laurenz-Carree in Köln, dessen Entwickler Gerch in die Insolvenz ging. Dort hat HMG den Nordteil des aus mehreren Gebäudeteilen bestehenden Projekts erworben und will es zusammen mit Bauwens fertigstellen.

„Das Laurenz Carré ist ein Prestige-Projekt im Herzen von Köln. Es wird die größte Neubebauung der Altstadt seit Jahrzehnten und ein architektonisches Highlight. Hier entsteht in zentralster Lage am Dom ein neues Quartier, das Kölner Historie und Zukunft verbindet“, sagt Malte Andes, stellvertretender Vorstandsvorsitzender der HMG im Gespräch mit immobilienmanager und verwies darauf, dass HMG neben dem Investmentgeschäft auch mit vier Finanzierungsfonds unterwegs sei, über die bisher Immobiliendarlehen im Wert von mehr als 1,6 Milliarden Euro ausgereicht worden seien. „Für eigenkapitalstarke Investoren ergeben sich interessante Einstiegschancen in Toplagen“, fasst Andes seine Sicht zusammen. Im dritten Fall geht es um das Hamburger Johann Kontor. Dort übernimmt HMG im Bereich der historischen Wallanlagen die Mehrheit an der Objektgesellschaft, ein Quartier mit gemischter Nutzung, das den östlichen Abschluss des Kontorhausviertels, welches zum Unesco-Weltkulturerbe zählt, bildet.
So zeigen die aktuellen Entwicklungen auch, dass dort – wo 2024 häufig von Stillstand die Rede war – Akteure im Markt die Situation bereits aktiv gestalten und auch für 2025 zuversichtlich gestimmt sind. Dass dabei der Anteil der Nicht-Banken an der Finanzierung zunehmen dürfte, ist Konsens. „Wir sehen weiterhin ein großes Interesse vor allem bei Private-Equity-Fonds und Hedgefonds aus angelsächsischen Ländern. Wir rechnen damit, dass sie neben den Super-Senior-Finanzierungen auch auf den Erwerb leistungsgestörter Kredite, die sogenannten Non-Performing-Loans (NPL) setzen werden“, zeigt sich Platt von Arcida zuversichtlich.

Auch bei der Berlin Hyp geht man von einer leichten Belebung des Transaktionsmarktes aus, „die sich im kommenden im kommenden Jahr noch etwas verstärken wird“, so Berlin Hyp-Chef Sascha Klaus im Gespräch mit immobilienmanager. „Bestandsfinanzierungen im wohnwirtschaftlichen Bereich gerade bei Kunden mit diversifiziertem Portfolio, wie Wohnungsbaugesellschaften, Fonds oder aber auch private Baufinanzierung dürfen mit sinkenden Eigenkapitalanforderungen rechnen. Etwa gleichbleibende Eigenkapitalkosten sind im Bereich der gewerblichen Bestandsfinanzierungen zu erwarten, wohingegen die Eigenkapitalkosten für Neubau- und Sanierung tendenziell ansteigen. Bevorzugt werden hierbei ebenfalls wohnwirtschaftliche Projekte. Grundsätzlich gilt zudem, dass Kunden mit diversifiziertem Portfolio gegenüber Einzweckgesellschaften eine bevorzugte Behandlung erfahren.“