Warum sich der Elbtower wohl kaum für einen neuen Investor rechnen wird, erläutert Sebastian H. Lohmer in seinem Kommentar.
Möchten Sie vielleicht ein repräsentatives Hochhaus erwerben? Im Rahmen des aktuellen Insolvenzverfahrens kann inzwischen praktisch jedermann für den Elbtower bieten. Ein Mindestgebot ist nicht erforderlich.

Was ist denn der fertige Turm wert? Hier hilft das sogenanntes Ertragswertverfahren, das – wie der Name sagt – vom Ertrag ausgeht. Man muss also zunächst einmal einschätzen, was die circa 77.000 Quadratmeter Bürofläche an Ertrag erbringen können. Nach aktuellen Maklerberichten liegt die Spitzenmiete in Hamburg über 30 Euro pro Quadratmeter, in der Spitze sogar bei 34 Euro.
Unterstellt man 30 Euro je Quadratmeter für den Elbtower als Durchschnittmiete, das heißt die oberen Stockwerke sind teurer und die unteren billiger, so kommt man auf eine Monatsmiete von 2,31 Millionen Euro beziehungsweise einer Jahresmiete von 27,72 Millionen Euro. Diese Jahresmiete wird dann durch den sogenannten Kapitalisierungsfaktor, das ist der Zinssatz, zu dem sich die Investition verzinsen muss, um für Investoren attraktiv zu sein, geteilt. In der Branche sprechen Insider davon, dass der Spitzenzins derzeit leicht über vier Prozent liegt. Werden also 27,72 Millionen durch vier Prozent geteilt – mal 100 – kommt für den Elbtower rechnerisch ein Wert von 693 Millionen Euro heraus.
Eine halbe Milliarde Euro für die Fertigstellung?
Davon abziehen muss man marktübliche 15 Prozent – also rund einhundert Millionen Euro – als Risiko- und Gewinnmarge für den Investor und die derzeit bestehenden und gesicherten Belastungen (laut Medienberichten Grundschuld der Signal Iduna über ca. € 50 Mio., Handwerkerhypotheke des Rohbauers von ca. €37 Mio. etc.) von nochmal circa einhundert Millionen Euro. Damit verbleiben circa 500 Millionen Euro für die Fertigstellung. Ob die allerdings reichen, kann bezweifelt werden, denn ursprünglich sollte der Turm nach Medienberichten 950 Millionen Euro kosten.
Wenn also nur eine halbe Milliarde Euro für die Fertigstellung zur Verfügung steht, müssten 450 Millionen Euro bereits verbaut sein, damit sich ein Investment rechnen kann. Das erscheint aber unwahrscheinlich, denn das ursprüngliche Eigenkapital betrug nur rund 200 Millionen Euro, abgeleitet vom Commerz-Real-Anteil von 25 Prozent für ein Investment von 50 Millionen Euro. Woher sollen also die zusätzlichen 250 Millionen Euro gekommen sein, denn die Finanzierung mit der Helaba ist wohl nie zustande gekommen. Vermutlich ist auch deshalb der Signa irgendwann das Geld ausgegangen.
Vermutlich rechnet sich das Projekt nicht mehr
Für den nicht gezahlten Teil der 450 Millionen Euro steigt also der Aufwand für die Fertigstellung und sollte dieser Aufwand die 500 Millionen Euro übersteigen, rechnet sich die ganze Sache nicht mehr. Es ist gut möglich, dass gar kein Angebot gemacht wird, denn ein Schnäppchen ist der Elbtower bei diesen Zahlen nun wahrlich nicht. Und jeder Tag Stillstand auf der Baustelle kostet zusätzliches Geld.
Einzige verbliebene Lösung wäre ein Eigennutzer, der auf die 15 Prozent Risiko- und Gewinnmarge verzichten kann. Aber wer braucht derzeit so viel Fläche – außer vielleicht der Stadt?