Stimmen aus der Branche zeigen: Die Expo Real wird 2025 zur Plattform für konkrete Lösungen, neue Partnerschaften und vorsichtigen Optimismus. Von Thorsten Schnug
Die Expo Real 2025 steht im Zeichen eines fragmentierten Marktes. Während in vielen Bereichen noch Zurückhaltung herrscht, zeichnen sich gleichzeitig erste Erholungstendenzen ab. Christoph Tholl, geschäftsführender Gesellschafter der Tholl Gruppe, bringt es auf den Punkt: „Der Immobilienmarkt zeigt zwei Gesichter: Während viele Neubauprojekte ins Stocken geraten, bleibt der Bedarf im Bereich Bestandsentwicklung und Sanierung hoch – und wächst weiter.“

Auch Christopher Mertlitz, Head of European Investments bei W. P. Carey, beobachtet eine wachsende Dynamik: „Nach einer langen Phase der Rekalibrierung beobachten wir einen deutlichen Anstieg der Aktivitäten. Investoren kehren auf den Markt zurück, Makler bieten neue Möglichkeiten an, und für die Unternehmen, mit denen wir sprechen, stehen Sale-Leaseback-Transaktionen ganz oben auf der Agenda. Aus diesem Grund erwarten wir, dass die Expo als Sprungbrett für neue Transaktionen dienen wird.“
Rolf Mensing, Head of Germany bei CLS Holdings, betont: „Auch wenn das Transaktionsvolumen noch deutlich hinter früheren Jahren zurückbleibt, sehen wir erste Anzeichen einer Stabilisierung. Diese Entwicklung stimmt uns vorsichtig optimistisch.“
Christian König vom Verband der privaten Bausparkassen nimmt vor allem eine Bewegung im Wohnungsmarkt wahr: „Im Neugeschäft sehen wir erste Stabilisierungstendenzen. Das zunehmende Interesse an langfristiger Zinssicherung werten wir als vorsichtiges Signal für eine allmähliche Marktbelebung.“
Bestand statt Neubau: Wo echte Hebel liegen
Nicht nur wegen der schwierigen Finanzierungsbedingungen verlagert sich der Fokus vieler Marktteilnehmer vom Neubau auf den Bestand. „Was oft übersehen wird: Neubau macht nur einen Bruchteil des Marktes aus“, sagt Christoph Tholl. „Der größte Hebel für Klimaschutz, Wirtschaftlichkeit und Werterhalt liegt im Bestand. Auf der Expo Real erwarte ich deshalb klare Ideen, wie wir Bestände effizient und nachhaltig fit für die Zukunft machen können.“

Auch CLS setzt auf Bestände: „Unser Augenmerk gilt daher klar dem Bestand: Entscheidend ist, Leerstände zu vermeiden und abzubauen, um stabile Erträge zu sichern“, so Mensing. Umnutzungen und Hybridisierungen rücken stärker in den Vordergrund, etwa durch Hospitality-Konzepte oder die Stärkung von Mikrolagen.
Michael Härer von der OBG Gruppe sieht zudem Chancen in neuen Kooperationsformen: „Das gelingt etwa durch neue Formen der Zusammenarbeit jenseits der klassischen Einzelvergabe oder auch durch den Einsatz neuer Technologien wie dem seriellen Bau, Modulbau oder auch Robotics.“
ESG: Vom Pflichtprogramm zum strategischen Faktor
Auch wenn ESG in der öffentlichen Debatte an Schub verloren hat, ist das Thema in der Realität der Unternehmen präsenter denn je. Christoph Klinck von Ista bringt es so auf den Punkt: „ESG-Kriterien sind unvermindert ein zentraler Treiber, auch wenn sie in der öffentlichen Debatte etwas in den Hintergrund zu treten scheinen.“

Bei Tattersall Lorenz ist ESG längst kein Add-on mehr. „Wir haben mittlerweile ein kompetentes ESG-Team, das für das Reporting sowie die kontinuierliche Weiterentwicklung zuständig ist“, erklärt Geschäftsführerin Susanne Tattersall. Ihre Tochtergesellschaft Talyo konzentriert sich gezielt auf ESG-konforme Verwaltungskonzepte im Wohnsegment.
Ein zusätzlicher Aspekt ist das Datenmanagement: „Wer erst im Zuge des Verkaufs beginnt, die notwendigen Daten zusammenzusuchen, verliert wertvolle Zeit – und muss mit Einbußen beim Erlös rechnen“, warnt Christoph Klinck. Die ESG-Readiness einer Immobilie wird zunehmend auch zu einem Transaktionskriterium.
Dass ESG auch eine Frage der Finanzierung ist, betont Christopher Mertlitz: „Sale-Leaseback-Transaktionen können Unternehmen dabei unterstützen, (...) Nachhaltigkeitsstandards zu erfüllen, ohne (...) Liquidität zu beeinträchtigen.“
Digitalisierung und KI: Vom Schlagwort zur Anwendung
Martin Teiber, CEO der Evana AG, sieht die Expo als Gradmesser für Digitalisierungsfortschritte: „Ich freue mich auf den Austausch mit sämtlichen Playern aus der Immobilienwirtschaft, die in Sachen Dokumentenmanagement keine Kompromisse eingehen wollen.“
„Für uns stehen sämtliche Themengebiete rund um Digitalisierung und der Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Vordergrund“, sagt Teiber. Die Potenziale reichen von automatisierter Datenextraktion über KI-gestützte Due-Diligence-Prozesse bis zur ESG-Datenaufbereitung. Susanne Tattersall erwartet, dass sich KI im Property Management etabliert: „Künstliche Intelligenz im Gebäudebetrieb und die konsequente Nutzerzentrierung werden dominieren.“
Regulatorik und Finanzierungsrahmen: Bremsklotz oder Beschleuniger?
Die vielfach geforderte Entschlackung regulatorischer Hürden zieht sich durch fast alle Statements. Christian König bringt es auf den Punkt: „Was wir benötigen, ist eine Entschlackung der Bauvorschriften und schnellere Genehmigungsverfahren. Der sogenannte Bauturbo ist ein Schritt in die richtige Richtung. Wichtig ist zudem, dass Kaufnebenkosten gezielt gesenkt oder gedeckelt werden.“
Auch Klaus Saloch von Kleinanzeigen mahnt: „Die vielzitierte Bürokratie mit ihren unzähligen Vorgaben [muss] reduziert werden. Auch die Vergaberichtlinien für Baudarlehen sollten auf den Prüfstand und angepasst werden.“ Michael Härer hebt hervor: „Grundsätzlich benötigen wir Planungssicherheit – insbesondere bei Förderinstrumenten und anderen Auflagen.“
Eine wirtschaftliche Herausforderung bleibt die Finanzierung. Gerade für junge Familien sei die Lage angespannt, so Christian König: „Insbesondere für vergleichsweise einkommensschwache Käufer (...) bleibt die Situation herausfordernd.“
Neue Chancen: Healthcare, Wohnen, Rechenzentren
Peter Finkbeiner von Praemia REIM erwartet eine Rückbesinnung auf zukunftsfähige Konzepte: „Das Thema ‚Operated Living‘ rückt damit wieder stärker in den Fokus.“ Auch Healthcare und „Junges Wohnen“ nennt er als „erfolgsversprechende Teilmärkte“.
Für Peter Windmeißer, Head of Portfolio Management Real Estate bei KGAL, zählen insbesondere langfristig stabile Segmente zu den aussichtsreichen Feldern: „Mit dem richtigen Konzept können auch defensive Core-Fonds den Anleiherenditen Paroli bieten. Zum anderen rücken wir den Blick neu auf das Thema Social Core, also Investitionen in die essenziellen Segmente Gesundheit, Bildung und öffentliche Einrichtungen.“ Diese Bereiche böten eine konjunkturunabhängige Diversifikation und hohe Cashflow-Sicherheit.

Rodney Bysh von Feldberg Capital sieht Chancen in „grünen Arbeitsplätzen, urbaner Logistik, Life Sciences und zukunftsfähigen Wohnkonzepten“. Rachel Shone von Principal Asset Management nennt zusätzlich Rechenzentren: „Mehr Dynamik, neue Kapitalbewegungen und ein klarer Fokus auf resiliente Sektoren wie Wohnen und Rechenzentren, in denen strukturelle Nachfrage auf ein knappes Angebot trifft.“ Für ihr Unternehmen sei die Expo „eine unverzichtbare Plattform, um Partner, Investoren und Finanzierer zu treffen – ein Ort, an dem Wissen, Netzwerke und Vertrauen zusammenkommen, um dem Immobilienmarkt ein frisches Momentum zu verleihen.“
Auch Pierre Nolte, Head of Germany bei Cushman & Wakefield, blickt auf einen strukturellen Wandel des Marktes: „Eine einfache Markterholung ist nicht zu erwarten – vielmehr befindet sich der Markt in einem Prozess der Neudefinition. Im Fokus stehen Repositionierungen, die Rückkehr ins Büro, digitale Transformation, alternative Nutzungskonzepte sowie Finanzierungen unter veränderten Rahmenbedingungen.“

Nolte sieht die Branche am Beginn eines neuen Marktzyklus: „Die Zuversicht auf eine echte Marktwende im Jahr 2026 wächst – vorausgesetzt, die politischen und regulatorischen Rahmenbedingungen verbessern sich und staatliche Förderprogramme entfalten ihre Wirkung.“
Ausblick: Expo als Taktgeber der Erholung
Vieles deutet darauf hin, dass die Expo Real 2025 nicht nur ein Spiegel der Branche ist, sondern ein Katalysator. „Die Expo Real ist für mich so etwas wie das Barometer für die Meteorologen, eine Temperaturmessung für die Immobilienwirtschaft – reell oder gefühlte Temperatur. Ich erwarte insofern ehrlichen Austausch über die aktuelle Branchenlage“, sagt Susanne Tattersall. Klaus Saloch spricht von einem „wichtigen Meilenstein, um die Stimmung der Immobilienbranche aufzunehmen“.
Auch aus Sicht des Verbands der privaten Bausparkassen ist der Appell klar: „Die Expo Real bietet eine wichtige Plattform, damit Politik, Finanz- und Wohnungswirtschaft gemeinsam das notwendige Momentum erzeugen, damit der Wohnungsbau (...) wieder in Schwung kommt“, so Christian König.
Ingo Weiss, geschäftsführender Gesellschafter von Driven, sieht in der Expo Real eine zunehmend praxisorientierte Plattform: „Oft wird die Expo Real als Stimmungsbarometer bezeichnet – dieses Jahr ist sie aber mehr als das. Denn die Stimmung am Markt hat sich bereits deutlich gebessert. Der Markt ist bereits wieder in die Gänge gekommen und dementsprechend gehe ich von einer Intensivierung des Trends zur Arbeitsmesse aus.“ Im Zentrum stehe für ihn klar das Thema Wohnen: „Wohnen, Wohnen, Wohnen – und was muss sich ändern, damit der Markt die große gesellschaftliche Nachfrage wieder sinnvoll bedienen kann.“