Die EU-Richtlinie zur Gebäudeeffizienz, auch bekannt als Energy Performance of Buildings Directive oder EPBD, wird bis Mai 2026 deutsches Recht – inklusive Vermietungsverbote für die energetisch schlechtesten Nichtwohngebäude. Doch viele Marktakteure verdrängen die Folgen für ihre Bestände, die als Core oder Core plus gelten. Ab 2030 droht Millionen Quadratmetern Gewerbefläche ein faktisches Aus. Ein Kommentar von Max Meran
Die Debatte um die europäische Gebäuderichtlinie wird in der Immobilienbranche mit erstaunlicher Gelassenheit geführt. Dem Beispiel der CSDR-Richtlinie folgend, hat man sich darauf geeinigt, dass auch diese nicht so heiß gegessen wird, wie sie in Brüssel gekocht wurde. Eine wirkliche Indikation seitens der Bundesregierung oder zuständigen Ministerien gibt es freilich nicht. Einzig im Koalitionsvertrag steht reichlich vage, dass man die bei der Umsetzung möglichen Spielräume ausschöpfen möchte.
Im Sinne einer ausgewogenen Risikobetrachtung sollten sich in dieser unklaren Gemengelage größere Bestandshalter, Investoren und Asset-Manager dringend vor Augen führen, welche Auswirkungen eine nach europäischen Recht verbindliche Umsetzung in das deutsche Gebäudeenergiegesetz (GEG) auf ihre Portfolios hätte. Die damit einhergehende Sanierungspflicht kommt faktisch einem Nutzungsverbot für Millionen Quadratmeter gewerblicher Flächen gleich.
Ab 2030 sollen die schlechtesten 15 Prozent der Gewerbeimmobilien im Bestand saniert werden – wer nicht nachkommt, darf die Gebäude nicht mehr nutzen. Ab 2033 gilt dies für 25 Prozent.
Wichtig zu wissen ist, dass die Richtlinie vorsieht, dass Gewerbeimmobilien nur innerhalb eines Landes verglichen werden. Viele Branchenteilnehmer hoffen, dass die deutschen Immobilien ohnehin höhere Energiestandards erfüllen als in anderen Ländern und somit die Richtlinie in Deutschland nicht gleich umgesetzt wird. Sprich: Die schlechtesten deutschen Objekte sind immer noch besser als Objekte, die beispielsweise in Frankreich im Mittelfeld liegen. Doch hier hat sich Deutschland in Brüssel nicht durchsetzen können. Statt einer Vereinheitlichung bleiben wir bei einem nationalen Referenzrahmen.
Fehlende Datenbasis
Eine weitere wichtige Frage: Wie will der Gesetzgeber definieren, was die schlechtesten 15 Prozent sind? Aktuell gibt es keine zentral zugängliche Datenbasis für Gewerbeimmobilien. Die Behörden sind auf Stichproben und Schätzungen angewiesen – ein Nährboden für Unsicherheit und Rechtsstreit.
Gleichzeitig zeigt der Markt bereits, wohin die Reise geht. Das Reduzieren von CO₂-Emissionen ist längst kein Selbstzweck mehr, sondern monetarisierbar. Am Beispiel eines Core-Plus-Bürogebäudes mit 7.000 Quadratmetern Nutzfläche zeigt sich, dass Nachhaltigkeit im Bestand längst ein valider Business Case ist. Durch Elektrifizierung und Dekarbonisierung lassen sich die jährlichen Pachteinnahmen um 20 bis 30.000 Euro steigern. Gleichzeitig sinken die Finanzierungskosten um etwa 20.000 Euro pro Jahr, sofern der ESG-Premium-Effekt am Kapitalmarkt genutzt wird – hier angenommen mit einem marktüblichen Abschlag von 30 Basispunkten auf ein zehnjähriges Darlehen. Zusätzlich reduziert sich die jährliche CO₂-Kostenbelastung des Eigentümers um circa 23.000 Euro. Grundlage der Berechnung ist ein Objekt mit einem Ankaufswert von 27 Millionen Euro, 50 Prozent Loan-to-Value, einem jährlichen Strom- und Wärmeverbrauch von 600.000 Kilowattstunden sowie Gas als ursprüngliche Heizquelle.
Nachhaltigkeit ist ein wirtschaftlicher Imperativ. Und genau hier liegt der Knackpunkt: Während wir über rechtliche Grauzonen und Umsetzungsfristen diskutieren, hat der Markt begonnen, Fakten zu schaffen. Wer jetzt saniert, sichert nicht nur die Nutzbarkeit seiner Objekte – er verbessert auch ihren Wert und senkt ihr Risiko. Wer wartet, geht unnötige Risiken ein und wird spätestens mit den Bestimmungen der EPBD kollidieren.
Die Frage ist also nicht, ob gehandelt werden muss. Sondern, ob man darauf wartet, dass das Nutzungsverbot als Schock kommt – oder ob man jetzt den Umbau proaktiv als Chance begreift.
Ein Meinungsbeitrag von Max Meran, Geschäftsführer bei Re-green.
