Von der Digitalisierung versprechen sich viele Marktteilnehmer nicht nur eine deutliche Erleichterung des Tagesgeschäfts, sondern vor allem auch die Erreichung von Klimaschutzzielen, Effizienzsteigerung, Kostensenkung und Gewinnmaximierung. Doch der Weg dahin ist schwierig, und unterwegs darf gerade in Krisenzeiten nicht der Treibstoff ausgehen, mahnen Branchenexperten. Von André Eberhard
Mit der Digitalisierung in der Immobilienbranche ist es im Grunde wie mit allen neuen Entwicklungen und Marktmechanismen: Sie benötigen Zeit und Menschen, die genug Durchhaltevermögen mitbringen, auch Widerstände und Gegenwind auszuhalten. Einer Umfrage unter Führungskräften auf dem jüngsten Real Estate Forum von Feldhoff & Cie in Berlin zufolge, planen 64 Prozent der Befragten, in den nächsten zwölf Monaten deutlich mehr in die Digitalisierung interner Prozesse zu investieren. Mehr als in Energiethemen, die Fokussierung auf das Kerngeschäft oder die Dekarbonisierung.
Doch der Wille allein reicht nicht. Die Immobilienwirtschaft tut sich in Sachen Digitalisierung schwer. Die Gründe dabei sind vielfältig. Traditionelle Arbeitsweisen, hohe Investitionskosten, die Komplexität der Branche, Datenschutz- und -sicherheit und nicht zuletzt auch die regulatorischen Anforderungen erfordern viele unterschiedliche Ressourcen im Geschäftsablauf.
Zunächst einmal gilt es für viele Unternehmen die Frage zu beantworten, was man eigentlich mit Digitalisierung erreichen will. Für die Umsetzung bedient man sich anschließend gern Lösungsanbietern aus der Proptech-Welt. Dies sei auch grundsätzlich der richtige Einstieg in die Materie, meint Sarah Schlesinger, Managing Partner beim Beratungshaus für Digitalisierungsstrategien Blackprint. „Solange dabei nicht erwartet, wird, dass Proptechs die Antworten liefern. Deren Lösungen können Prozesse optimieren und neue Geschäftsmodelle erschließen. Konzept und Umsetzung von Digitalisierung, Innovation und Transformation im Immobilienunternehmen können sie nicht abnehmen“, so Schlesinger.
Zeit für mehr Digitalisierungs-Know-how
Dabei kann Digitalisierung selbst in Bereichen wie Human Resources für eine deutliche Effizienzsteigerung sorgen. „Insbesondere in den Bereichen Administration und Analyse ist die Digitalisierung unerlässlich, um wettbewerbsfähig zu bleiben“, so Saskia Ellen Roden, Director bei der Personalberatungsagentur Leaderslead. Sie ist jedoch kein Schlüssel zum Erfolg. Dieser wird maßgeblich von Menschen und deren empathischen Fähigkeiten bestimmt.
„Wenn Sie einen scheiß Prozess digitalisieren, haben Sie einen scheiß digitalen Prozess.“ Vielleicht beschreibt der CEO der Airline Eurowings, Thorsten Dirks, ganz gut, in welchem Stadium sich die Immobilienbranche noch immer befindet. „Es wird Zeit für mehr Digitalisierungs-Know-how und -Fähigkeiten. Das sollte — ähnlich wie die Schulpflicht — keine Freiwilligkeit sein. Die (Nachhaltigkeits-) Regulatorik auf der einen, veränderte Markt- und Nutzeranforderungen auf der anderen Seite werden die Branche in die Pflicht nehmen,“ resümiert Schlesinger. Der Digitalisierungsprozess der Branche beginnt in erster Linie in den Köpfen vor allem der Führungskräfte. Hier besteht noch Aufholpotenzial.