Immobilienwirtschaft und Digitalisierung: Wie ist der Stand der Dinge? Was sind die aktuellen Trends? Und wo liegen die Probleme? Antworten gab es beim imFokus-Gipfeltreffen am 24. Januar. Von Thorsten Schnug
ESG, Nachhaltigkeit, Digitalisierung – drei Begriffe, die in der Immobilienbranche fast untrennbar miteinander verbunden sind. Untrennbar verbunden mit Immobilien ist vor allem ein Material: Beton. Ein Experte auf dem Gebiet ist Hoang Anh Nguyen vom Start-up Alcemy. Mit seinem Vortrag „Digitalisierung trifft Dekarbonisierung: Künstliche Intelligenz als Enabler für Nachhaltigkeit beim Bauen“ machte er den Einstieg bei unserem Gipfeltreffen am 24. Januar in der Kölner Motorworld.

„Ich hab auch nichts gegen Holz“, gab er zu, aber der Bedarf nach Beton werde weiterhin immer sehr groß sein. „Beton ist der größte Hebel, um Nachhaltigkeit und Ihre Rendite zu steigern“, unterstrich Nguyen. Als Beleg lieferte er eindrucksvolle Zahlen von Alcemy: Seit der Gründung 2018 hat die Software des Start-ups bereits mehr CO2 eingespart als Tesla in zehn Jahren.
"Wir kriegen das nur zusammen hin"
In einem Punkt ist sich ein Großteil der Teilnehmenden sicher: Die Digitalisierung steckt noch in den Kinderschuhen. Drei Viertel der Umfrageteilnehmer bejahten diese Aussage, 25 Prozent für „teilweise“. Für „nein“? Niemand.
Wie man mit Digitalisierung den Weg zu nachhaltigen Investitionen bereitet, zeigte anschließend Sebastian Renn von Drooms. Er verdeutlichte, dass wir keine Zeit mehr haben, das Thema Digitalisierung anzupacken. „Uns läuft langsam, aber sicher die Zeit davon. Wir kriegen das nur zusammen hin“, mahnte der 34-Jährige und berichtete von einem einschneidenden Erlebnis: „Ich war letztens in einem Büro, da stand ein Fax.“
"Daten sind das neue Wasser"

Sind Daten wirklich das neue Öl? Nein, meinte Robert Bölke von der Berlin Hyp, sondern mehr noch: „Daten sind das neue Wasser.“ Wenn es davon plötzlich keine mehr gebe, führe das letztendlich zum schnellen Tod von Unternehmen. Und wie nimmt man den wohl wichtigsten Faktor zur Digitalisierung am besten mit auf den Weg dorthin — den Menschen? Am Ende gehe es wohl doch nur „durch Zwang“ zum Mitmachen, so die ehrliche Antwort des Referenten. Er erläuterte am praktischen Beispiel der Berlin Hyp, welche Mitarbeiterqualifikationen und Strukturen innerhalb eines Unternehmens geschaffen werden müssen, um die eigene Digitalisierungsstrategie dann auch in die Realität umzusetzen.

Für die erste von zwei Panel-Diskussionen holte Moderatorin Roswitha Loibl Annika Steiner von Wüest Partner, Sebastian Grimme von Planradar und Salvatore Prestipino von Docunite auf die Bühne. Gemeinsam wurde entschlüsselt, warum Excel in einigen Bereichen schon fast als Schimpfwort gilt, welche Tools hingegen wirklichen Mehrwert bieten und welche Probleme bei Standardisierungen auftreten.
Aber welche Voraussetzungen müssen in Unternehmen gegeben sein, um Digitalisierung zu ermöglichen? Der Wille zur Veränderung, das Mindset, das Budget und die Investitionsbereitschaft, Offenheit, Risikobereitschaft und „sich einfach auch mal mit 95 Prozent zufriedengeben", lauteten einige Antworten aus dem Publikum.
Die Gebäude der Zukunft stehen schon

Beim Impulsvortrag von Timo Wanke ging es um das Wohngebäude der Zukunft. Diejenigen, die hier an futuristische Glaspaläste, Hologramme und Flugtaxis denken, holte der Referent vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen schnell auf den Boden der Tatsachen zurück. Denn die meisten Gebäude der Zukunft stehen schon heute – was er mit einem klassischen Mehrfamilienhaus in der Hubertusstraße 26a in Krefeld visualisierte. Wir brauchen keine Glaspalaststädte, wir brauchen Technologieoffenheit, Fokus auf den Bestand, mehr Mut digitale Lösungen auszuprobieren und mehr Förderung durch die Politik, um die Digitalisierung schneller voranzutreiben, so die Botschaft.
Für die abschließende Panel-Diskussion zum Thema „Digitalisierung im Immobilienbetrieb“ nahmen Marc Richter von Siemens Smart Infrastructure, Klaus Dederichs von Drees & Sommer und Matthias Kaufhold vom BIM-Institut Wuppertal auf der Bühne Platz. Wertvolle Daten für den Betrieb stammen von der Gebäudesensorik, die sowohl in Neu- als auch in Bestandsobjekte eingebaut werden könne. Aber Achtung, so warnte Klaus Dederichs: „85 Prozent der angebotenen Sensorik-Produkte liefern nicht die notwendigen Daten." Daher müssten die nötigen Features schon bei der Ausschreibung genau definiert werden. Und gleichzeitig bedacht werden, dass es nicht auf die Fülle der Daten, sondern auf deren Qualität ankomme.
Wissen im eigenen Haus aufbauen
„Erst einmal muss ein Unternehmen für sich genau definieren, was digitalisiert werden soll", diese Botschaft betonte Marc Richter — aber was sich so einfach anhört, ist in der Realität noch nicht die Regel. Um dann die Komplexität in der Umsetzung zu meistern, empfiehlt er die Erstellung von Blueprints, von einzelnen Pilotprojekten, die dann auf weitere Gebäude übertragen werden können. Er fügte an: „Entscheidend ist, dass ein Gebäude IoT-ready ist." Also vorbereitet für den Einsatz des Internets of Things.

Matthias Kaufhold brach eine Lanze für die öffentliche Hand: Gerade im Zusammenhang mit BIM gebe es Kommunen, die bei der Digitalisierung vorbildlich seien. Für die Kommunen gelte aber ebenso wie für die Unternehmen: Das Wissen, das für die Digitalisierung nötig ist, muss im eigenen Hause aufgebaut werden. Die Bergische Universität Wuppertal engagiert sich für die Aus- und Weiterbildung der Immobilienbranche ebenso wie die RWTH Aachen, an der Dederichs tätig ist.
Für die Teilnehmerinnen und Teilnehmer des imFokus-Gipfeltreffens werden die Präsentationen der Referenten exklusiv zum Download zur Verfügung gestellt. Nur kurz den Fragebogen beantworten — an seinem Ende finden Sie den Download-Code.
Sie wollen auch einmal dabei sein? Dann melden Sie sich schon jetzt zur nächsten imFokus-Veranstaltung (Thema: Nachhaltigkeit & ESG mit den Schwerpunkten Sanierung, Technik und Digitales) am 30. März an. Bis zum 28.2. erhalten Sie einen attraktiven Frühbucherrabatt.