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Julian Truxa erläutert in seinem Gastbeitrag, warum die zweitgrößte Stadt eines Landes - wie hier auf dem Bild Barcelona - interessante Opportunitäten in Hinblick auf Vermietungsquoten, Mietwachstum und höhere Renditeniveaus bei Büroimmobilien bietet. (Quelle: Pixabay)

Investment 2024-05-22T10:59:55.435Z Büroimmobilien in Zweitstädten bieten Investmentpotenzial

Ob Hamburg, Barcelona, Rotterdam oder Lyon: Für Investoren lohnt sich der Blick auf die zweitgrößte Stadt eines Landes, wie Julian Truxa von der Real I.S. in seinem Gastbeitrag aufzeigt.

Auf der Suche nach Qualität und Sicherheit werden in Krisenzeiten vor allem hochwertige Immobilien in den Zentrums-Lagen der europäischen Top-Städte nachgefragt. Dabei kann sich für Investoren auch der Blick auf die zweitgrößte Stadt (Zweitstadt) eines Landes lohnen: Häufig bietet sie interessante Opportunitäten, wenn es um Vermietungsquoten, Mietwachstum und höhere Renditeniveaus bei Büroimmobilien geht.

Porträtbild Julian Truxa
Julian Truxa ist Director Research & Investitionsstrategie bei der Real I.S. AG. (Quelle: Real I.S.)

Entscheidend für die Vermietbarkeit von Büroflächen: Die europäischen Zweitstädte sind bei Unternehmen und Arbeitskräften beliebt. Mal punkten sie mit mediterranem Klima, mal mit geringerer Umweltverschmutzung. Auch kürzere Pendelzeiten können ein wichtiger Faktor sein. Daneben bieten sie verschiedene Standortvorteile, zu denen renommierte Universitäten und Forschungszentren ebenso gehören können wie eine hohe Konnektivität, eine gute Verkehrsinfrastruktur oder auch mal die geographische Lage am Meer. Zudem ist es ihnen über die Jahre gelungen, ein starkes eigenes Profil zu entwickeln.

In der Reihenfolge ihrer Größe nach Einwohnern liest sich das so: Die Hansestadt Hamburg ist mit dem wichtigsten Hafen Deutschlands ein bedeutender Handelsplatz mit einer starken maritimen Industrie. Barcelona lockt mit mediterraner Lebensart als aufstrebender Technologie- und Kreativstandort Spaniens. Rotterdam ist eine Logistikdrehscheibe von globaler Bedeutung – schließlich verfügt die niederländische Stadt über einen der größten Seehäfen der Welt. Das französische Lyon hat sich dagegen zu einem Cluster für Chemie, Biotechnologie und Medizin entwickelt. Und das irische Cork zieht die Wachstumsbranchen Informations- und Kommunikationstechnik, Life Sciences und Pharma mit Branchenriesen wie Apple und Pfizer an. All diesen europäischen Zweitstädten gemeinsam ist, dass sie auch dank ihrer hohen Lebensqualität und als beliebte Touristenziele aus dem Schatten ihrer größeren Pendants treten.

Geringere Leerstandsrate markiert Trendwende 

Die Größe einer Stadt gemessen an der Zahl ihrer Einwohner ist nicht entscheidend, wenn es um ihr Angebot an Büroflächen geht. So ist Berlin mit zuletzt 3.878.000 Einwohnern zwar die größte Stadt, aber Paris, Hamburg und Lyon verfügten im Verhältnis zu ihrer Einwohnerzahl 2022 über den stärkeren Büroimmobilienmarkt (Berlin: 19.669.000 m2, Paris: 18.678.000 m2, Hamburg 13.924.000 m2, Lyon 5.774.000 m2).

Zentral für die Nachfrage nach Büroflächen dürfte vielmehr die demografische und wirtschaftliche Entwicklung eines Standorts sein. Von besonderer Aussagekraft ist die regionale Arbeitslosenquote. Die beiden betrachteten niederländischen Metropolen markieren hierbei mit 4,8 Prozent in Amsterdam und 4,7 Prozent in Rotterdam per 2022 den niedrigsten Stand, Madrid liegt mit 10,8 Prozent am höchsten. Ein Vorzug der Zweitstädte – sie stehen in dieser Kategorie durchweg besser da als die nationalen Hauptstädte.

Tabelle
Unterscheidung der Erst- und Zweitstädte nach Einwohnerzahl, Arbeitslosenquote und Büromarktgröße. (Quelle: Real I.S./Statista, cso.ie, PMA, Lisney)

Die Leerstandsquote sagt zugleich viel über die Marktverhältnisse aus: Seit 2022 haben Erst- und Zweitstädte die Rollen getauscht – aktuell stehen in den Zweitstädten weniger Büroflächen leer als in den Hauptstädten. Das ist zum einen auf eine gedämpfte Marktaktivität in den Hauptstädten zurückzuführen, wo seit 2019 hohe Bürofertigstellungszahlen auf eine sinkende Flächennachfrage aufgrund von Homeoffice treffen. Zum anderen können die Zweitstädte mit moderaten Fertigstellungszahlen in diesem Segment niedrigere Mieten anbieten, was die Flächennachfrage ankurbelt und das Leerstandsrisiko weiter reduziert. Die durchschnittliche Leerstandsquote für Büroimmobilien lag in Berlin, Paris, Amsterdam, Madrid und Dublin per Ende 2023 bei 9,3 Prozent. Hamburg, Lyon, Rotterdam, Barcelona und Cork kommen dagegen auf einen Durchschnittswert von 8,8 Prozent.

Zweitstädte auch unter Renditegesichtspunkten interessant

Wenig überraschend ist der Blick auf die Spitzenmieten für Büroimmobilien: Sie steigen in beiden Städtekategorien weitgehend kontinuierlich, wobei die Top-Städte mit durchschnittlich 51,10 Euro pro Quadratmeter zum dritten Quartal 2023 klar die Nase vorn haben. Ihre kleineren Konkurrenten kamen zuletzt auf durchschnittlich 26,10 Euro pro Quadratmeter.

Unter Renditegesichtspunkten ergibt sich jedoch ein anderes Bild: Betrachtet man das eingesetzte Kapital im Verhältnis zum Immobilienertrag, so liegt Cork mit einer Anfangsrendite von 6,8 Prozent gegenüber einer zehnjährigen irischen Staatsanleihe von 2,4 Prozent im Städtevergleich vorn. Eine vergleichbare Büroimmobilie in Dublin erzielt dagegen nur eine Spitzenrendite von 4,9 Prozent – der Risikoaufschlag ist also deutlich geringer. Dieses Muster gilt über alle betrachteten europäischen Länder hinweg.

Aus Investorensicht lohnen sich daher eher die Zweitstädte, denn dort liegt die Spitzenrendite für Büroimmobilien im Durchschnitt 70 Basispunkte über dem Durchschnittswert der Erststädte von 4,5 Prozent. Die Investitionsvolumina bilden das bereits ab: Während sie in den Erststädten seit 2020 stark abnahmen, konnten die Zweitstädte sogar leicht zulegen, selbst unter Ausklammerung von Rotterdam, wo sich das Investitionsvolumen zwischen 2020 und 2022 beinahe vervierfachte. Die Kaufpreise für Büroimmobilien nähern sich gleichzeitig in beiden Städteklassen an.

Fazit: Zweitstädte bieten Opportunitäten

Der Mix aus Rendite und Risiko macht Büroimmobilien in europäischen Zweitstädten zu einer idealen Portfoliobeimischung. So besticht Cork mit einer attraktiven Anfangsrendite von 6,8 Prozent und Hamburg mit einer bemerkenswert niedrigen Leerstandsquote von nur 4,2 Prozent. Rotterdam konnte sein Investitionsvolumen für Büroimmobilien zwischen 2020 und 2022 fast vervierfachen. Lyon zeichnet sich durch einen dynamischen Arbeitsmarkt mit Zukunftsbranchen aus. Barcelona gilt als lebendiger Tech- und Kreativstandort. Im Ergebnis kann für Investoren ein Engagement auf dem Büroimmobilienmarkt der kleineren Zweitstädte zum größeren Erfolg führen.

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zuletzt editiert am 22. Mai 2024