Hoffnung auf Zinswende und weiter spürbare Verunsicherung: Die Berlin Hyp veröffentlicht die Ergebnisse ihrer aktuellen Trendbarometer-Umfrage.
Die Berlin Hyp hat die Ergebnisse ihres neuesten Trendbarometers veröffentlicht. Rund 250 Marktakteure haben an der digitalen Umfrage der Immobilienbank teilgenommen. „Die Ergebnisse unseres neuesten Trendbarometers unterstreichen die eherverhaltenen Erwartungen der Branche für das neue Jahr“, sagt Sascha Klaus, Vorstandsvorsitzender der Berlin Hyp. „Man ist offenbar nach wie vor sehr vorsichtig und hofft auf Impulse von außen. Staatliche Unterstützungsmaßnahmen und auch mögliche Zinssenkungen sind sicher wichtig, aber nicht alles. Damit der Markt wieder Fahrt aufnehmen kann, müssen sich bietende Chancen konsequent ergriffen werden. Für das Jahr 2024 gilt es, vom Leerlauf zumindest wieder in den ersten Gang zuschalten.“
„Was wird wichtig im Jahr 2024?“ — mit dieser Frage eröffnete die Berlin Hyp ihre Trendbarometer-Umfrage. Die Antworten darauf zeigen das Dilemma, in dem die Branche steckt: Einerseits setzt sie stark auf äußere Umstände, die sie jedoch nur bedingt beeinflussen kann. Auf der anderen Seite werden eigene Handlungsmöglichkeiten kaum wahrgenommen.
So empfinden die Befragten vor allem die fremdbestimmten Faktoren „Zinsniveau“ (71%), „politische Rahmenbedingungen“ (56%) sowie „Baukosten“ (54%) als wichtig. Deutlich weniger Stimmen bekamen hingegen die Themenfelder „Fachkräftemangel“ (22%) und „Digitalisierung“ (4%).
Insbesondere die großen Hoffnungen auf angepasste politische Rahmenbedingungen scheinen riskant, wie nicht zuletzt das Verfassungsgerichtsurteil zum Klimatransformationsfonds gezeigt hat. Viele der angedachten Maßnahmen zur Stabilisierung der Bau- und Immobilienwirtschaft werden aus diesem Topf finanziert. Inzwischen ist eine Einigung für den Bundeshaushalt für 2024 erfolgt. Dennoch haben die Ereignisse gezeigt, dass sich sicher geglaubte Zusagen als nicht belastbar erweisen können. Zudem befindet sich das Wachstumschancengesetz, welches degressive AfA für Wohngebäude vorsieht, im Vermittlungsausschuss des Bundesrats. Eine Einigung steht noch aus. Somit wartet die Branche weiter auf das entscheidende Aufbruchssignal aus der Politik.
Hoffnungen ruhen auf Zinssenkungen
„Was stimmt positiv für das neue Jahr?“, wollte die Berlin Hyp ebenfalls wissen. Ganz klare Antwort der Befragten: die Zinsen. So hatte die EZB zuletzt auf Erhöhungen des Leitzinses verzichtet, was viele offenbar als Signal für eine Mitte des Jahres anstehende Trendwende betrachten. So werten immerhin 74 Prozent mögliche Zinssenkungen als einenwichtigen Faktor, der sie für die Entwicklung des Immobiliensektors im Jahr 2024 zuversichtlich stimmt. Weitere mögliche Argumente für eine positive Entwicklung der Branche erhielten in der Umfrage deutlich weniger Stimmen: „Fachkompetenz der Mitwirkenden“ (29%), „Kapitalstärke“ (28%) und „Resilienz“ (27%).
Stagnation beim Transaktionsvolumen
Im Hinblick auf das Transaktionsvolumen ergibt sich laut Trendbarometer-Umfrage ein einhelliges Meinungsbild. Die Mehrheit der Befragten (56%) rechnet hier mit 30 bis 40 Milliarden Euro im Jahr 2024. Dies entspricht in etwa dem Niveau von 2023 und ist den voraussichtlich weiter eingeschränkten Marktaktivitäten, unter anderem aufgrund der noch nicht erfolgten Marktpreisanpassungen, geschuldet.
Investitionsbereitschaft versus Finanzierungsbereitschaft
An dieser Bewegungslosigkeit wird sich wohl auch 2024 nicht viel ändern, denn sowohl seitens der Unternehmen als auch seitens der Banken gehen die Befragten für die kommenden 24 Monate von bleibender Zurückhaltung aus.
So bezeichnen 41 Prozent die Investitionsbereitschaft ihres Unternehmens als „ausgeglichen“, 36 Prozent als „eingeschränkt“ und vier Prozent als „sehr eingeschränkt“. Ursache dafür könnten fehlende Investitionsmittel sein. 19 Prozent der Befragten halten die Investitionsbereitschaft für „hoch“ oder „sehr hoch“.
Noch deutlicher wird es beim Blick auf die Finanzierungsbereitschaft. Bei den gewerblichen Immobilienfinanzierern wird diese zu 19 Prozent als „gleichbleibend“, zu 53 Prozent als„eingeschränkt“ sowie zu vier Prozent als „sehr eingeschränkt“ eingeschätzt. Im Jahr 2022 sahen noch 36 Prozent der Befragten die Finanzierungsbereitschaft als „gleichbleibend“ und 46 Prozent als „eingeschränkt“ an. Tatsächlich sind die Banken derzeit zu einer restriktiveren Kreditvergabe gezwungen und müssen von den Kreditnehmenden einen höheren Eigenkapitalanteil fordern.
Deutscher Markt verliert im europäischen Vergleich
Beim Blick über den Tellerrand ergibt sich ein interessantes Bild. Nach Meinung der Befragten ist der deutsche Markt für Gewerbeimmobilien aktuell „gleichbleibend“ (36%) bis „weniger attraktiv“ (38%) oder sogar „gar nicht attraktiv“ (3%). Offenbar wird die Situation in Deutschland – womöglich aufgrund der wirtschaftlichen Entwicklung hierzulande – als negativer wahrgenommen als die der Nachbarländer.
Das sah vor nur einem Jahr noch anders aus: Im Dezember 2022 beurteilten 47 Prozent der Befragten den deutschen Gewerbeimmobilienmarkt als „gleichbleibend attraktiv“, insgesamt 35 Prozent als „etwas attraktiver“ oder „viel attraktiver“. Nur 18 Prozent werteten ihn als „weniger attraktiv“, null Prozent als „gar nicht attraktiv“.
ESG weiterhin von großer Bedeutung
Das Thema ESG halten die Immobilienprofis zu 51 Prozent auch im Jahr 2024 für wichtig, trotz der zuletzt häufig kritisierten Regulatorik und der umfangreichen Reportingpflichten.
So sehen die Befragten den Umbau der Infrastruktur als wichtigen Hebel, will man die Klimaziele noch erreichen. Hohe Zustimmungswerte auf die Frage „Wie kann Deutschland seine Klimaziele noch erreichen“, erhielten dementsprechend die Antwortoptionen „Kapazitäten von Wind- und Solarenergie ausbauen“ (62%), „schnellere Transformation des Gebäudebestands“ (35%) und „höhere Investitionen inden Schienenverkehr“ (34%). Ebenfalls beliebt: „wieder mehr auf Atomstrom setzen“(47%) und „höhere CO2-Preise“ (30%).
Den einzelnen Assetklassen attestieren die Immobilienprofis zurückhaltende Perspektiven. Chancen werden gesehen in den Bereichen Wohnen, Logistik und studentisches Wohnen, denen jeweils um die 30 Prozent eine positive Entwicklung zutrauen. Sorgenkinder bleiben der Einzelhandel und die Büros, für die 54 beziehungsweise 47 Prozent eine Verschlechterung voraussehen.