Das Proptech-Universum wächst unaufhörlich. Immer mehr Geschäftsmodelle wagen den Realitätstest in der harten Immobilienwelt. Höchste Zeit, sich die Köpfe dahinter anzusehen. Wir stellen zehn interessante Proptech-Frontmänner vor.
1. Christian Bogatu (Kiwi.ki)
Einen Namen hat sich der ehemalige McKinsey-Berater mit dem Schlüssel- Start-up gemacht, das er gemeinsam mit Claudia Nagel und Peter Dietrich gegründet hat. Die Idee brachte dem Trio nicht nur den immobilienmanager Award 2017 als Proptech des Jahres ein, sondern begeisterte auch die Investoren. Unter ihnen die Deutsche Wohnen, die ihren kompletten Bestand mit dem schlüssellosen Zugangssystem ausstattet. Mittlerweile hat sich Bogatu bei Kiwi.ki in den Beirat zurückgezogen – und sich in ein neues Proptech-Abenteuer gestürzt: Fresh Energy, das gleich mal drei Millionen Euro des Essener Energiekonzerns Innogy als Seedfinanzierung bekam. Sein neues Baby will Bogatu zum ersten digitalen Ökostromanbieter auf Smart-Meter-Basis machen und zwar weltweit. Zuzutrauen ist es ihm. Schließlich ist er auch Mitgründer von Kirsen Global Security, einem weltweit führenden Unternehmen für Sicherheitstechnik in der Logistik.
2. Maurice Grassau (Architrave)
Maurice Grassau widmet sich seit 2012 als Gründer und CEO von Architrave dem digitalen Immobilienmanagement. Außerdem hat er die Initiative Digitales Immobilienmanagement initiiert, deren Vorstand er heute ist. Über die digitale Asset-Management-Plattform von Architrave werden aktuell über 2.800 Assets im Wert von 55 Milliarden Euro gemanagt. Die Plattform ermöglicht es, Assets zu handeln und dabei dem neuen Eigentümer Dokumente und Daten ohne Zeit- und Qualitätsverlust zur Verfügung zu stellen. Alle Beteiligten arbeiten an einem aktuellen Dokument zusammen. Ein skalierbares Modell, das von Grund auf das Asset Management von Immobilien verändern kann, was dem Unternehmen in diesem Jahr den immobilienmanager Award als Proptech des Jahres bescherte (siehe Seite 62ff). Ende 2016 holte Grassau Heike Gündling als COO zu Architrave, um das Unternehmen strategisch weiter auszubauen. Gündling ist Expertin im traditionellen Asset Management von Immobilien und war bei der ehemaligen Bilfinger Real Estate und bei Corpus Sireo in leitenden Positionen tätig.
Proptech-Macher
3. Tim Gunold (Lift Technology)
Der erfahrene Immobilienexperte gehört zu den Gründern von Lift Technology und ist CEO des Unternehmens. In seiner Laufbahn bei der Allianz, Pirelli RE, Gegenbauer und der Bayerischen Hausbau hat er sich ein breites Netzwerk aufgebaut. Mit seinem Lift Guardian hat das Start-up weltweit Interesse geweckt. Die Idee: Mit Hilfe von Sensoren, die in einer kleinen Box am Aufzug angebracht wird, können umfangreiche Daten der Anlage in Echtzeit vom Betreiber über ein Online-Portal eingesehen werden. Viele Vor-Ort-Termine könnten so überflüssig, Störungen früher erkannt und Stillstandszeiten vermieden werden.
4. Hanno Heintzenberg (McMakler)
Seine Vita listet gleich mehrere prominente Namen: Boston Consulting, Deutsche Bank, HSBC. Gemeinsam mit Lukas Pieczonka gründete der BWLer Heintzenberg 2015 die Maklerplattform McMakler. Beide verfolgen mittlerweile ein hybrides Geschäftsmodell: Im Kern steht die Online-Vermarktung von Wohngebäuden, gleichzeitig beschäftigt das Start-up aber auch 170 eigene Makler, die vor Ort beraten. Als Brückenbauer zur traditionellen Immobilienwelt ist mittlerweile der ehemalige IVD-Präsident Axel Kloth mit an Bord. Auch in der Vermarktung setzt Heintzenberg nicht nur auf das Pferd „Online“. Anfang 2018 wurden millionenschwere Pläne für TVund Radio-Kampagnen bekannt.
5. Enrico Kürtös (Inreal Technologies)
Mit 26 Jahren hat es Enrico Kürtös zum CEO der Karlsruher Inreal Technologies gebracht. Er verantwortet Vertrieb und Marketing und soll zudem die globale Geschäftsentwicklung vorantreiben. Mit einer speziellen Software ermöglicht Inreal Projektentwicklern und Asset Managern schon vor der Fertigstellung realitätsnahe virtuelle Rundgänge durch geplante Gebäude und Sanierungsobjekte. Zu Beginn stammten die Kunden aus dem Office-Bereich, 2017 kam der Geschäftsbereich „Living“ hinzu, und es wurden Kunden wie Art-Invest, CA Immo und Sontowski & Partner ins Boot geholt. Neben seiner Arbeit für Inreal ist Kürtös in diversen Wirtschaftsverbänden, etwa dem German Council of Shopping Centers und dem Urban Land Institute, aktiv. Darüber hinaus berät er ehrenamtlich Firmengründer. Mitte 2018 plant Kürtös die Eröffnung eines Inreal-Standortes in New York.
6. Felix Reinshagen (Navvis)
„Google Street View für drinnen“, so könnte man die Idee des Münchener Start-ups Navvis beschreiben. Kurz nach der Gründung 2013 erntete Felix Reinshagen dafür von vielen potenziellen Investoren verständnisloses Kopfschütteln. Mittlerweile vermisst der M3 Trolley von Navvis die Hallen von Großkonzernen wie BMW oder Bosch, Einkaufszentren und Flughäfen. Er erstellt ein zentimetergenaues virtuelles Modell, mit dem sich aus der Ferne Lagerhallen kontrollieren oder Maschinen zielgenau warten lassen. Auch bei BIM kommt die Technik des Spin-offs der TU München zum Einsatz. Mittlerweile hat Navvis auch ein Büro in New York City. Wie einige andere Proptech-Gründer hat auch Reinshagen eine Vergangenheit als Unternehmensberater bei McKinsey.
7. Michael von Roeder (Sensorberg)
Sensorberg ist bislang in der Immobilienbranche noch weniger in Erscheinung getreten. Das könnte sich ändern, wofür Michael von Roeder sorgen soll. Seit März ist er CEO beim Berliner Start-up, das bislang mit kleinen Funksendern gearbeitet hat, die es Apps ermöglichen, bestimmte Angebote auszuspielen sobald man etwa ein Ladenlokal betritt. Die Einsatzfelder soll der ehemalige Vattenfall-Manager nun auch auf die Bau- und Immobilienwirtschaft ausweiten. Sensorberg digitalisiert zum Beispiel komplexe Gebäude und physische Prozesse in Büros und Coworking-Spaces, in Hotels und Krankenhäusern. Das Ergebnis sind „interaktive” Gebäude, deren Abläufe, angefangen von der Türöffnung über die Raumbuchung bis hin zum Mitarbeiter- und Besuchermanagement, benutzerfreundlich und transparent sind. Auch für Maschinen oder teure Werkzeuge auf Baustellen sind Anwendungen denkbar.
8. Thomas Schneider (Brickvest)
Mit Brickvest hat Thomas Schneider von Anfang an ein für Crowdinvesting-Plattformen ungewöhnliches Geschäftsmodell verfolgt. Dank der Vollregulierung bei der britischen Aufsichtsbehörde FSA konnte Brickvest deutliche größere Projekte finanzieren und richtete sich vor allem an kleinere Family Offices. Ein Konzept, das bereits vor dem offiziellen Start der Plattform die Samwer-Brüder mit Rocket Internet als Investoren anlockte. In der zweiten Finanzierungsrunde sicherte sich auch die Berlin Hyp eine signifikante Beteiligung. Aufgrund des Brexit-Votums ist Brickvest mittlerweile nach Berlin übergesiedelt, unterhält allerdings noch ein zweites Büro in London. Schneider hat knapp eineinhalb Jahrzehnte Erfahrung im Real Estate Investment und Financing bei KPMG, EY und Lehman Brothers gesammelt. Außerdem gehört er zu den Gründern der Private Equity Firma Limmat.
9. Volker Wohlfarth (Zinsbaustein)
2017 kam Volker Wohlfarth als Geschäftsführer für Marketing, Produkt und IT zur Crowdinvesting-Plattform zinsbaustein.de. Gegründet wurde das Start-up zwei Jahre zuvor von Finleap und Sontowski & Partner. Wohlfarth war acht Jahre in Führungspositionen bei Immobilienscout24 tätig. Auch Führungsjobs bei Toshiba und Ebay finden sich in seiner Vita. Ein Jahr vor Wohlfarth war Frank Noé als CIO bei Zinsbaustein eingestiegen und hatte den strategischen Fokus stärker auf institutionelle Investoren wie Family Offices gelegt. Crowdinvesting für Kleinanleger mit Anlagesummen bis 10.000 Euro will Zinsbaustein parallel weiter anbieten. Noé selbst wechselte im Februar zu Brickvest und soll dort das Deutschland-Geschäft ausbauen. Deshalb steht mittlerweile Rainer Pillmayer, ehemals DIC Asset, gemeinsam mit Volker Wohlfarth am Ruder.
10. Stefan Zanetti (Allthings)
Ein Schweizer erobert die deutsche Immobilienbranche. Mit seinem 2013 in Basel gegründeten Proptech-Unternehmen hat sich Zanetti schnell in Deutschland bekannt gemacht. Allthings funktioniert wie ein App-Store, in dem man sein Gebäude mit verschiedenen digitalen Mikro-Apps unterschiedlicher Anbieter ausstatten kann – wie Kommunikations- und Service-Apps. Immobilieneigentümer erhöhen so die Effizienz in der Bearbeitung täglicher Abläufe und können Bewohnern und Nutzern neue Mehrwertdienste anbieten. Die Idee kommt an, was sich im rasanten Wachstum der Kunden und Mitarbeiter zeigt – auch in der Führungsebene. Binnen eines Jahres kamen vier neue Mitglieder hinzu, zuletzt Martina Güttler von Apleona als Managing Director. Zanetti selbst hat bereits zwei andere Tech-Unternehmen gegründet.
Dieser Beitrag ist Teil der März-Ausgabe von immobilienmanager.