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Bekannte Anbieter von Co-Working wie Wework oder Regus bieten klassische Büroarbeitsplätze an (Quelle: We Co.)

News 24. October 2019 Wework, Co-Working & Lektionen für die Branche

Die Wework-Krise nimmt unser Autor Viktor Weber zum Anlass die Idee von Co-Working weiterzudenken. Das „Co“ verspricht durchaus Erfolg – und das längst nicht nur für Büroflächen.

Noch im Januar 2019 wurde We Co., die Muttergesellschaft von Wework mit einer Bewertung von 47 Milliarden Dollar als echtes Einhorn gehandelt. Knapp neun Monate später hat die Softbank, der größte Geldgeber von We Co., seine interne Bewertung auf circa acht Milliarden Dollar angepasst. Der geplante Börsengang wurde verschoben und manche Medien diskutieren bereits ob We Co. in die Insolvenz rutschen wird.

Der rasante Bewertungsverfall gepaart mit einem defizitären Geschäftsmodell, welches laut Business Insider innerhalb eines Jahres jede Stunde einen Verlust von 219.000 Dollar gemacht hat, weckt Erinnerung an das Platzen der Internet-Blase zu Beginn dieses Jahrtausends. Aufgrund der aktuellen Entwicklungen wird der Fall Wework intensiv diskutiert, weshalb es sich lohnt einen kritischen Blick auf das Unternehmen im Speziellen und Co-Working im Allgemeinen zu werfen.

Replizierbarkeit des Geschäftsmodells Co-Working
Der Mehrwert von Co-Working Anbietern wie Wework liegt in der Konsolidierung von kleinteiliger Nachfrage nach Büroflächen in 1A-Lagen, wobei das eigentliche Kerngeschäft aus deren flexibler Vermietung besteht. Dabei fungieren die meisten Co-Working-Anbieter als Intermediäre und sind nicht Eigentümer der Flächen, die sie vermieten. Da sowohl Eigentümer als auch Intermediär eine Rendite erwirtschaften wollen, bezahlt der Endkunde letztlich mehr.

Grundsätzlich wäre es effizienter die Intermediäre auszusparen und beispielsweise in einem Verbund aus Bestandshaltern und Asset Managern eine eigene Plattform in einem Joint Venture zu entwickeln, die den potenziellen Mietern eine einheitliche Abwicklung ermöglicht und die Gewinne aus der rendite-optimierten Vermietung internalisiert. Ein derartiges Konsortialkonzept könnte unter Umständen Co-Working zu günstigeren Konditionen anbieten und somit eine Verdrängungsstrategie verfolgen. Skaleneffekte in der Bewirtschaftung und Einrichtung ließen sich in einem derartigen Verband ebenfalls realisieren, sollte Homogenität der Mietflächen über alle Standorte hinweg tatsächlich Bestandteil des Business Case sein.

Darüber hinaus könnten die generierten Daten genutzt werden, um die eigenen Mieter besser zu verstehen, personalisierte Dienstleistungen anzubieten und zu monetarisieren. Ebenfalls wäre es denkbar einen Teil der Arbeitsplätze an vielversprechende Jungunternehmen zu vergeben, sodass der Mietzins an deren Umsätze gekoppelt oder durch eine Kleinbeteiligung gedeckt wird. Der Kreativität sind hier keine Grenzen gesetzt.

Auch wenn die traditionelle Immobilienbranche nicht schnell innoviert, hat sie schlussendlich die Flächen und das Fachwissen, wenn es um die Bewirtschaftung ihrer Objekte geht, was im Bereich Co-Working der entscheidende Wettbewerbsvorteil ist. Zusätzliche Services, moderne Inneneinrichtung und eine nutzerfreundliche Plattform sind zwar nicht leicht zu kopieren, aber mit etwas Mühe replizierbar.

Specialized Co-Working Konzepte – Die Idee Weiterdenken
Bekannte Anbieter von Co-Working wie Wework oder Regus bieten klassische Büroarbeitsplätze an. Aus meiner Sicht können jedoch Specialized Co-Working-Konzepte sogar spannendere Geschäftsmodelle oder zumindest eine lukrative Ergänzung sein, da sie ihren Nutzern einen größeren Mehrwert bieten könnten.

Zum einen denke ich dabei an Co-Working für produzierende Unternehmen, die etwas mehr als Tisch, Telefon, Konferenzraum und Kaffeebar benötigen. Konzepte für Gastronomen die sich keine eigene Profiküche leisten können, haben durch Anbieter wie Cloud Kitchens die Möglichkeit sich bedarfsbezogen in eine professionelle Küche einzumieten, können sich mit anderen Köchen und Köchinnen vernetzen, gegenseitig unterstützen und vor allem das teure Equipment nutzen. Solche Konzepte lassen sich auf Schneidereien, Schreinereien und viele andere Berufsgruppen erweitern, in denen hohe Markteintrittskosten ein Inhibitor für Selbständige oder junge Kleinunternehmen sind. Gerade in urbanen Räumen wären solche Co-Cooking oder Co-Tailoring Hubs eine spannende Ergänzung, die auch in B- oder C-Lagen funktionieren könnten.

Näher an den White-Collar Arbeitsplätzen der meisten gängigen Co-Working Spaces wären Specialized Co-Working-Konzepte, bei denen sich Mieter nach Branchen und möglichen Synergien einquartieren können. Ähnlich wie aus bei branchen-spezifischen Startup Inkubatoren und Acceleratoren könnten sich Co-Working-Konzepte speziell für die Immobilien-, Gesundheits- oder Medienbranche etablieren. Solche Konzepte könnten eine gute Ergänzung zu den üblichen Co-Working Spaces sein, da der Branchenbezug einen fachlich konstruktiveren Austausch ermöglicht. In Singapur wurde für den Gesundheitssektor der Catalyst Co-Working Space gegründet, der ein Proof-of-Concept für diese Idee darstellt.

Angst vor dem Co-Working-Kollaps
Manche Kommentatoren schüren Ängste, dass eine Pleite von Wework mit dem damit einhergehenden Mietausfall, einige Akteure der Immobilienbranche verheerend treffen könnte. So stehen circa 34 Milliarden Dollar Mietzahlungsverpflichtungen für Flächen in Städten wie New York, London und anderen Metropolen über einen Zeitraum von 15 Jahren im Feuer. Auch wenn Wework in New York mit einer Bürofläche von fast 500.000 Quadratmetern absolut betrachtet der größte Einzelmieter ist, halten sie relativ betrachtet nur ein Prozent der gesamten Büroflächen. Ein Mietausfall wäre in der Tat für die betroffenen Firmen ein Problem, jedoch ist es aufgrund der Lage der Objekte unwahrscheinlich, dass diese langfristig unvermietet blieben.

Ärgerlich wäre es vor allem für Investoren, die in Erwartung einer hohen Miete eines großen Einzelmieters, einen überhöhten Kaufpreis gezahlt haben, sodass ein Mietausfall sowie ein niedrigerer Mietzins in einer verfrühten Anschlussvermietung die prognostizierte Rendite auffressen würden. Dies wären temporäre Rücksetzer für einzelne Unternehmen, aber keine Bedrohung für die gesamte Branche.

Darüber hinaus sollte betont werden, dass Wework noch nicht insolvent ist und die Softbank Group möglicherweise weitere fünf Milliarden Dollar bereitstellen wird, sodass We Co. noch einen Turnaround schaffen könnte.

Von Einhörnern, Hockeysticks & Lektionen
Um den Turnaround zu stemmen hat sich die We Company diversifiziert und möchte neben dem klassischen Co-Working, auch Schulausbildung unter der Marke Wegrow und Wohnen mit Welive anbieten. Ob das klappt, wird sich zeigen, jedoch kann die Branche daraus einiges lernen.

Auch wenn Wework als Einhorn mit exponentiellem Wachstum für Furore gesorgt hat, ist es Stand heute kein gesundes Unternehmen. In der Welt der hochfinanzierten und rote Zahlen schreibenden Startups ist dies aber keine Seltenheit, weshalb die Branche lernen sollte hinter die Kulissen zu blicken und die langfristigen Wachstumsmotoren von Startups tiefgehend zu verstehen. So kann ein Proptech ohne externe Finanzierung, aber dafür mit eigenfinanziertem organischem Wachstum, auch ohne Hockeystick-Wachstumsprognose, ein lukrativer Zukauf oder spannender Geschäftspartner sein.

Autor: Viktor Weber ist Gründer des Future Real Estate Institute mit Sitz in Regensburg.

zuletzt editiert am 31.05.2021