Andreas Busse, Vertriebsleiter Berlin-Nord bei Vattenfall Wärme Berlin über die Vorteile von Stadtwärme und wie der Weg zu Produktion von Wärme unabhängig von fossilen Energieträgern beschritten wird.
Stadtwärme : Was verbirgt sich hinter dem Begriff?
Andreas Busse: Das ist einfach erklärt: Unsere Wärme wird lokal in Berlin produziert und auf kurzen Wegen zu unseren Kund:innen transportiert – nicht irgendwo in der Ferne. Deshalb nennen wir sie Stadtwärme und nicht Fernwärme.
Welche Vorteile bietet Stadtwärme?
Andreas Busse: Unser großer Mehrwert ist, dass ein Stadtwärmeanschluss sehr komfortabel ist. Das fängt schon bei der Planung an. Bei einem Anschluss an das Stadtwärmenetz entfällt beispielsweise die platzraubende Unterbringung von Heizkesseln sowie die Errichtung eines Schornsteins. Somit wird Raum im Gebäude frei, den die Immobilieneigentümer:innen anders nutzen können.
Darüber hinaus bietet unsere größtenteils in Kraft-Wärme-Kopplung erzeugte Stadtwärme exzellente Werte für den Energieausweis der Immobilien. Der daraus resultierende niedrige Primärenergiefaktor hilft, die Anforderungen des Gebäudeenergiegesetzes an die Wärmeversorgung der Immobilie bereits vollständig oder teilweise zu erfüllen.
Besonders spannend: Wer sich für Stadtwärme entscheidet, kauft die Wärmewende quasi mit. Durch unsere aktive Transformation in Richtung Klimaneutralität wird das Gebäude energetisch fit für die Zukunft.
Wie groß sollte mein Bestand sein, um Stadtwärme nutzen zu können?
Andreas Busse: Je nach Anschlusssituation, also wie weit die Häuser von unserer Stadtwärme-Trasse entfernt liegen, können auch schon kleine Mehrfamilienhäuser angeschlossen werden. In der Regel haben unsere Kunden etwa 10 Wohneinheiten.
Wo bieten Sie derzeit Stadtwärme an?
Andreas Busse: Wir bieten unsere Stadtwärme schon großflächig im Berliner Stadtgebiet an. Unser Stadtwärmenetz ist das größte in West Europa. Passend zu diesem Jahr ist unser Stadtwärmenetz aktuell 2022 Kilometer lang und wächst kontinuierlich weiter. Beispielsweise bauen wir unser Netz vor allem im Bezirk Spandau aus. Zum Beispiel am Askanierring und am Hohenzollernring. An der Hügelschanze haben wir die Bauvorhaben gerade abgeschlossen. Das ermöglicht immer mehr Gebäudeeigentümern eine Versorgung mit klimaschonender Stadtwärme. Darüber hinaus können wir mit unserem Tochterunternehmen Vattenfall Energy Solutions GmbH moderne dezentrale Versorgungslösungen auf Contracting-Basis auch außerhalb unseres Stadtwärmenetzes umsetzen.
Welche Voraussetzungen muss ich als Bestandshalter mitbringen? Muss ich gesonderte Einbauten vornehmen lassen?
Andreas Busse: Für eine Stadtwärmeversorgung müssen wir eine Übergabestation installieren, welche die Wärme aus unseren Rohrleitungen in die Hausverteilung bringt. Der Gebäudeeigentümer muss uns dafür nur Räumlichkeiten zur Verfügung stellen. Da unsere Station die alte Kesselanlage ersetzt und in der Regel kleinere Abmessungen hat, ist das kein Problem.
Wie sieht es mit Wartung- und Serviceleistungen aus?
Andreas Busse: Das ist ein weiterer Vorteil unserer Stadtwärme. Sie ist wartungsarm. Einmal angeschlossen können unsere Kunden:innen von der Wärme für ihre Heizung und Trinkwassererwärmung profitieren, ohne sich um die Brennstoffbeschaffung kümmern zu müssen. Unsere Entstörungsstelle ist rund um die Uhr erreichbar und kann schnell reagieren.
Wir erleben eine Preisexplosion bei Gas. Wie können Sie auch zukünftig dafür sorgen, dass die Kosten bei der Stadtwärme nicht die gleiche Preisentwicklung erleben werden?
Andreas Busse: Auch wir von der Vattenfall Wärme Berlin können uns nicht vom aktuellen Marktgeschehen abkoppeln.
Die allgemeine Entwicklung der Kosten für Brennstoffe führte bereits zu einer Steigerung unserer Stadtwärmepreise von circa 50 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Leider ist auch uns eine seriöse Prognose der Preisentwicklung derzeit nicht möglich.
Die Stadtwärme bringt aber einen ganz entscheidenden Vorteil für die Zukunft mit: Schritt für Schritt arbeiten wir daran, dass die Berlinerinnen und Berliner in ihren Wohnungen mit Wärme heizen, die wir zu einem immer größeren Anteil ohne den Einsatz fossiler Brennstoffe produzieren. Damit reduzieren wir auch die Abhängigkeit von fossilen Energieimporten.
Wir von Vattenfall haben das Ziel, innerhalb einer Generation unsere Wärmeversorgung ganz ohne fossile Energieträger zu ermöglichen. Schon heute sparen wir über 50 Prozent unserer jährlichen CO2-Emissionen im Vergleich zu 1990. Unser Plan sieht vor, spätestens 2030 in unseren Anlagen keine Steinkohle mehr einzusetzen. Das können wir schaffen, indem die Wärmeerzeugung aus Kohle durch eine Kombination aus Abwärme, Biomasse, Erdgas, Power-to-Heat und Großwärmepumpen ersetzt wird. Ein in diesem Jahr fertiggestellter Wärmespeicher am Standort Reuter West hilft uns dabei, Wärme besonders wirtschaftlich zu nutzen. Dabei hilft uns unsere Power-to-Heat-Anlage. Diese kann Wärme aus erneuerbaren Stromquellen erzeugen. Das ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Überkapazitäten an Wind- und PV-Strom vorhanden sind. Die Wärme kann dann im Wärmespeicher zwischengespeichert werden, bis sie benötigt wird. Eine ganz smarte, effiziente (Ent-)Kopplung von Erzeugung und Verbrauch, durch die wir regenerative Energien für die Berliner Stadtwärme nutzen können. Perspektivisch wollen wir erreichen, dass unsere Wärmeerzeugung ab 2040 komplett klimaneutral erfolgt.
Das Gespräch führte André Eberhard
Infos auch unter: Vattenfall Stadtwärme: Lokal, effizient & umweltschonend